Französische Initiative für reduzierte Mehrwertsteuer

Europäische Trümpfe

12. März 2012
von Börsenblatt
Der frühere französische Kulturminister Jacques Toubon sorgt sich um die Rolle Europas. Amerikanische Konzerne wie Google und Amazon drohten europäische Verlagshäuser im digitalen Buch- und Mediengeschäft abzuhängen, sagte der Beauftragte des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vor deutschen Journalisten in Berlin.
Einer der entscheidenden Gründe für die amerikanische Dominanz seien steuerliche Vergünstigungen für die Amerikaner. Diese gingen zurück auf ein vom früheren amerikanischen Präsidenten Clinton 1998 verabschiedetes Moratoriums. Abhängig vom einzelnen Bundesstaat gelten demnach für die entsprechenden elektronischen Angebote Steuersätze von null bis acht Prozent. In Europa erreichten die Steuersätze für E-Books hingegen teilweise 25 Prozent (Dänemark).

Die französische Regierung plädiert dafür, dass die Mehrwertsteuer für E-Books nach dem Beispiel der Regelung für gedruckte Bücher gesenkt wird. In Frankreich hat eine entsprechende Regelung zum Jahresbeginn beschlossen und einen reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent sowohl für auf Papier gedruckte wie für elektronische Bücher festgeschrieben (üblicherweise gelten 19,6 Prozent). Toubon gab sich hoffnungsvoll, dass Frankreich Vorbild sein könne: zumindest auf europäischer Ebene sei die Debatte wieder aufgenommen worden.

Die deutsche Regierung hingegen widersetze sich bislang einer entsprechenden Anpassung – für Toubon eine kurzsichtige Politik. Das Augenmerk gelte allein der Sanierung der Haushalte. Die Entwicklung der Buchmärkte würde hingegen kaum zur Kenntnis genommen. Und damit drohe wichtiges kulturelles Kapital verschenkt zu werden.

„Sind wir in Europa in der Lage, eine neue Entwicklung zu begünstigen? Und ist Europa bereit, seine Trümpfe auszuspielen oder nehmen wir weiter hin, dass andere das Spiel machen?“ Das sind die entscheidenden Fragen für Toubon. Der Franzose fürchtet, dass eine amerikanische Dominanz zu einer stärkeren Kommerzialisierung und Nivellierung des Buchmarkts führen wird. Europas größter Trumpf sei die Vielfalt. Insbesondere die deutsche Verlagsbranche sei einzigartig und habe viel zu verlieren. Die Aufgabe der Politik bestehe darin, dieser hoch entwickelten Verlagsszene die Chance zu geben zu bestehen.