AkV-Jahrestagung

Bücherpreise: ein Drahtseilakt für Verlage

3. März 2012
von Börsenblatt
Der Druck auf die Margen steigt, doch in Sachen Bücherpreise wirkt der Markt wie festgefahren: Alles wird teurer – nur Bücher nicht. Warum das so ist, was sich tut und wie Buchhändler die Lage sehen? Eine Podiumsrunde der Unabhängigen suchte nach Antworten. Mit dabei: Bastei Lübbe.
Über Bücherpreise wird quer durch die Branche seit Jahren viel diskutiert, ohne das sich am Status quo viel verändert hätte: Buchhändler tendieren eher zur Preisanpassung nach oben, Verlage mahnen zumeist zur Vorsicht. Der Arbeitskreis kleinerer unabhängiger Verlage (AkV) machte es sich deshalb gestern zur Aufgabe, mit einer Podiumsdiskussion noch einmal in diese unterschiedlichen Positionen zu beleuchten - in der Hoffnung, an allen Reibungspunkten vorbei neue Bewegung in die Debatte zu bringen. 

„Runden Sie auf, auf volle Preise!“ 

Für Buchhändler ist der Fall offenbar klar: Die drei Sortimenter, die der AkV aufs Podium holte, setzen hinter die Frage „Sind Bücher zu billig?“ längst ein Ausrufezeichen: Katrin Lutz (buchMeyer in Reinheim) und Irene Nehen (Melchers in Bremen) vom Arbeitskreis unabhängiger Sortimente und Thomas Wrensch (Graff in Braunschweig). 

Was sie täglich in ihrem Laden erleben würden, ließe gar keinen anderen Schluss zu als diesen, argumentieren sie: dass die Preisstrategie der Verlage an der Wirklichkeit vorbei gehe. Während Wrensch allerdings eher das große Ganze in den Blick nahm („Der Buchhandel hängt beim Thema Preisentwicklung ganz arg hinterher, dabei sind Kunden durchaus bereit, mehr zu zahlen“) - nutzte Nehen die Gelegenheit, um ihrem Unmut über die 99er-Preise noch einmal Luft zu machen. Supermarktpreise seien im Buchhandel völlig fehl am Platz, meinte sie und riet Verlagen, dann doch besser gleich eine Stufe höher zu gehen.  Nehen: „Runden Sie auf, auf volle Preise!“ 

„Paperbacks verändern das wahrgenommene Preisgefüge“

Lutz wiederum nahm sich einen anderen wunden Punkt vor: den Paperback-Boom und die dadurch ausgelöste Preiserosion in den Köpfen der Kunden. „Die vielen Paperbacks, die jetzt am Markt sind, verändern das wahrgenommene Preisgefüge nach unten“, sagte sie. 

Verlage kennen diese Argumente zur Genüge. Und sie sind, wie sich gestern zeigte, Preisanpassungen nach oben auch nicht abgeneigt – allerdings nicht ohne wenn und aber.  

Nach dem Gießkannenprinzip vorzugehen sei schlicht nicht möglich, so der Einwand von Michael Wieser (Bastei Lübbe). Als Verlag müsse man immer das Genre im Blick haben, um das es geht, den Autor („Wer neue Autoren entwickeln will, kann nicht mit 20 Euro  starten“) - und den Vertriebskanal. Nebenmärkte seien für Bastei Lübbe nun einmal wichtig, so Wieser. „Aber da herrscht ein ganz anderes Preisgefüge als im Buchhandel.“ 

„Der entscheidende Punkt sind die Preisschwellen“

Nichtsdestotrotz sei Bastei Lübbe dabei, seine Preise zu erhöhen – besonders bei starken, zugkräftigen Namen. „Die Sensibilität dafür ist im Verlag sehr hoch. Sie werden es in der nächsten Vorschau sehen: Bei rund 70 Titeln gehen wir jetzt höher.“ Dass ein Buch weniger als acht Euro koste, sei künftig die absolute Ausnahme. „Wir haben mit den Händlern, die in den Nebenmärkten aktiv sind, darüber intensiv gesprochen, und sie überzeugt.“ 

Damit, dass Bastei Lübbe von den 99er-Preise wieder Abstand nimmt, ist indessen nicht zu rechnen. Hier eine Rolle rückwärts zu versuchen, sei keine gute Idee, sagte Wieser – und obendrein nicht nötig. Wieser: „Der entscheidende Punkt im Publikumsmarkt sind nicht die Preise, die auf 99 Cent enden, sondern die Preisschwellen.“ 

Armin Gmeiner (Gmeiner Verlag), der neben ihm auf dem Podium saß, kommentierte das mit einem Kopfnicken. Dass Preisgestaltung für Verlage vielfach ein Drahtseilakt ist, weiß er aus eigener Erfahrung  – versucht aber dennoch, das Mögliche möglich zu machen: Schon seit 2002 gehe er dazu über, seine Krimis wertiger zu gestalten und die Preisschwellen zu überschreiten. Gmeiner: „Krimis mit mehr als 380 Seiten kosten bei uns jetzt 11,90 Euro, verkaufen deshalb aber nicht ein Exemplar weniger.“ Schritt für Schritt taste man sich nun weiter vor, so Gmeiner - guten Mutes, dass Leser trotzdem bei der Stange bleiben. 

Moderiert wurde die Runde von Thomas Wilking, Chefredakteur beim Buchreport.

Mehr zur Jahrestagung des AkV finden Sie im Archiv von boersenblatt.net (siehe unten).