Umfrage zum Hörbuchmarkt

"Dem Ohr gehört die Zukunft"

9. Februar 2012
von Börsenblatt
Wie geht es weiter mit dem Hörbuch? Noch spielt der stationäre Buchhandel für die Hörbuchverlage die Hauptrolle. Bleibt das so? Und welche Impulse kann der Handel setzen, um das Hörbuch zu stärken? Antworten der Hörbuchverleger.
Karl Heinz Pütz, Verlagsleiter Random House Audio

Dem Ohr gehört die Zukunft. In einer sich rasant visualisierenden Medienlandschaft hat das Hören noch ungeahnte Reserven am Markt. Dieses wachsende Interesse wird weiterhin zu erheblichen Teilen durch den Verkauf herkömmlicher Hörbücher befriedigt.

Markus Langer, Programmleiter Oetinger Media

Nach wie vor spielt - durch unsere Brille betrachtet - der Sortimentsbuchhandel die erste Geige. Rund dreiviertel unserer Umsätze machen wir im klassischen Handel. Natürlich konstatieren auch wir Verschiebungen hin zu NTOs (Non Traditional Outlets), zum Online-Handel und schließlich zum Downloadmarkt, aber ähnlich wie in der Musikbranche wird der Löwenanteil nach wie vor im physischen Bereich erwirtschaftet. Dabei gibt es genre- und alterspezifische Unterschiede. Kinder- und Jugendhörbücher sind nach wie vor beliebte Geschenke - und da spielt die Haptik nun mal eine große Rolle. Wir verstehen uns nicht nur als audiophile Qualitätsschmiede, sondern immer auch als Verpackungskünstler! Der Handel sollte sich an den Wünschen und Erwartungen seiner Kunden orientieren und nicht einem hilflos wirkenden Aktionismus bestimmter Player folgen. Erfolgreich agierende Hörbuchhändler haben mir im Gespräch bestätigt, dass vor allem folgende Faktoren ausschlaggebend für den Erfolg sind: Genaue Kenntnis der Ansprüche und Vorlieben der (Stamm-)Käuferschaft, qualifizierte Beratung, attraktive, möglichst frontale, übersichtliche Präsentation der Hörbücher, Orientierungshilfe durch Bestsellerlisten (z.B. Hörbuch-Bestsellerlisten des KulturSPIEGEL), Mix aus Bekanntem und Neuem. Das scheint mir die Quintessenz eines erfolgreichen Hörbuchangebots - und zwar unabhängig von der Ladengröße.

Marc Sieper, Verlagsleiter Lübbe Audio

Das Hörbuch hat sein Potenzial längst nicht ausgeschöpft. Wo immer wir einen neuen (Vertriebs-)Weg beschreiten, erreichen wir neue Zielgruppen, die sich erstmals oder wieder mit dem Hörbuch anfreunden. Diese Wege gilt es zu suchen und zu beschreiten. Dazu gehört mitunter eine Portion Mut, vor allem aber der Glaube an das Medium, egal wie es in den Markt kommt (als Audio- oder MP3-CD, im Download oder Stream etc.). Auch der Handel kann an dieser Entwicklung partizipieren und wir brauchen ihn als Partner dabei. Wir wissen: Dort, wo ein Sortiment aufmerksam gepflegt wird, gibt es auch Käufer. Das Hörbuch darf nicht versteckt werden in hinteren Regalen, sondern gehört zu den Buchtiteln auf den Novitätentisch. Dies ist der erste und wichtigste Schritt. Und ich würde mich z.B. freuen, wenn viel mehr Händler den nicht gebundenen Preis als Chance und nicht als Problem begreifen würden. Mit kleinen Aktionen („Hörbuch Happy Hour“ o.ä.) schafft man Aufmerksamkeit und Absatz – und kann sich so auch gegen die Preisspiele der großen Konkurrenten positionieren.

Stephanie Mende, Verlags- und Programmleitung Audio Media Verlag

Das Hörbuch hat sich als Medium etabliert, die Absatzzahlen steigen nach wie vor und das Interesse von Autoren und Buchverlagen an Hörbuchauswertungen ihrer Stoffe ist sehr groß. Insofern sehen wir positiv in die Zukunft und sind sicher, dass es auch mittelfristig Spaß machen wird, Hörbücher zu produzieren und zu vertreiben. Wir wollen auch in den nächsten Jahren  Marktanteile dazugewinnen und unseren Bekanntheitsgrad weiter steigern. Unser Bestreben ist es, den Buchhandel vor Ort mit Aktionen zu unterstützen, die die Aufmerksamkeit auf das Medium Hörbuch lenken. Zu unserer Regionalkrimi-Edition, die im April in Kooperation mit der ADAC Motorwelt  erscheinen wird, wird es beispielsweise eine Lesetour mit Autoren und Hörbuchsprechern sowie eine große Luftballonaktion geben. Nur wenn Verlage und Handel noch enger zusammenarbeiten, kann nachhaltiger Erfolg erzielt werden.

 

Heike Völker-Sieber, Pressesprecherin Hörverlag

Nach unserer Einschätzung wird der Hörbuchmarkt mittelfristig stabil bleiben. Eine Herausforderung für Verlage und Handel ist es, eine klare Preisstruktur zu schaffen und die Preise auf jetzigem Niveau zu halten. Großes Thema, bei dem sich Verlage und Buchhandlungen schnellstmöglich an einen Tisch setzen sollten: die Präsentation von Hörbüchern. D.h. Flächenoptimierung ohne Verkleinerung. Wie bestücke und bespiele ich die verfügbaren Präsentationsflächen optimal? Wie schaffe ich Schwerpunkte, Signale, Rubriken und damit Orientierung für die Käufer.

Amadeus Gerlach, Geschäftsführer Der Audio Verlag

Der Hörbuchmarkt wird weiter wachsen und die Vertriebskanäle werden sich weiter differenzieren. In dem Maß wie der klassische Buchhandel sein Hörbuchangebot reduziert, werden mehr Hörbücher über andere Vertriebskanäle ihren Weg zum Kunden finden. Das wird beim weitem nicht nur über Amazon und Weltbild stattfinden. Discounter und Drogerien verkaufen heute mehr Hörbücher als je zuvor. Der Download-Anteil wird weiterhin zweistellig wachsen. Für den stationären Buchhandel ist das Hörbuch also weiterhin ein attraktives Produkt und wir tun alles, um den Buchhandel als kompetenten Händler bei der Positionierung und dem Verkauf des Hörbuches zu unterstützen. Wenn der Buchhandel neben den Spiegel-Bestseller-Büchern die entsprechenden Hörbuchtitel präsentiert, wird noch mehr Aufmerksamkeit auf diese Titel und das Hörbuch gelenkt. Damit haben wir bereits gute Erfahrungen gemacht.

Kilian Kissling, Marketing- und Vertriebsleiter Argon Verlag

Wir haben den Eindruck, dass sich das Hörbuch im Buchhandel auf einem sehr soliden Niveau stabilisiert hat. Fraglos hat das Hörbuch 2011 manchen Regalmeter an andere Warengruppen verloren und einige Händler, die bei Harry Potter, Kerkeling, Dan Brown oder "unserem" Tommy Jaud jubilieren, jedoch unterhalb dieser Ausnahmeerscheinungen keine verlässliche Sortimentspflege betreiben, sehen dann das Hörbuch skeptisch, wenn eine Zeit lang kein neuer Überflieger auf dem Markt war.
Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass an vielen Orten sehr qualifiziert, engagiert und dann auch erfolgreich mit unserem Medium gearbeitet wird. Wir haben sogar den Eindruck, dass der Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Sortiment immer lebendiger und qualifizierter wird.
Fazit: Mir scheint, dass das Hörbuch im Buchhandel nach einem Auf und Ab in der Branchenwahrnehmung seinen rechten Platz gefunden hat.