Filialisten in Frankreich

Neuer Kurs bei Fnac und Chapitre

23. Juli 2015
von Johannes Wetzel
Der Umbau bei Thalia läuft auf vollen Touren, und das nicht erst seit dem angekündigten Rückzug aus der Kölner Innenstadt. Filialisten in anderen Ländern geht es kaum anders: Auch sie stehen unter Druck. Ein Bericht über die Situation in Frankreich – bei der Medienkette Fnac und der ehemaligen Bertelsmann-Tochter Chapitre.

Bei Fnac regiert der Rotstift. Alexandre Bompard, seit Anfang 2011 Chef der französischen Medienkette, kündigte Mitte Januar die Streichung von 510 Stellen an  – um die Kosten zu senken: 80 Millionen Euro will die Tochter des Mischkonzerns PPR (Brioni, Puma, Redcats u.a.) damit kurzfristig sparen.

Fnac spart und testet neue Konzepte

Bompards Begründung gegenüber "Le Figaro" zeigt die Schwierigkeiten, vor denen er steht: "Der Markt für Kulturgüter ist 2011 um fünf Prozent geschrumpft", wird er zitiert – dabei seien die Umsätze bereits seit 2006 jährlich um zwei Prozent zurückgegangen. Seine Bilanz klingt entsprechend düster: Bompard zufolge endete das vergangene Jahr für Fnac im Minus; das operative Ergebnis habe sich um die Hälfte reduziert, der Umsatz liege 3,2 Prozent unter dem Vorjahr – nur die Läden betrachtet, sei er sogar um 5,4 Prozent zurückgegangen.

Schuld daran ist für den Fnac-Chef die Wirtschaftskrise, vor allem die lahmende Konjuktur in Südeuropa –  für Italien etwa hält sich Bompard deshalb "alle Optionen offen". Zugleich allerdings will Fnac mit finanzieller Unterstützung von PPR in ein neues Unternehmeskonzept investieren, die bestehenden Läden modernisieren, und zehn neue Filialen eröffnen – um, wie Bompard sagt, neue Handelskonzepte zu testen. Aktuell betreibt Fnac insgesamt 158 Filialen in acht Ländern: 85 in Frankreich, der Rest verteilt sich auf Belgien, Brasilien, Italien, Marokko, Portugal, die Schweiz und Spanien,    

Chapitre will mehr als die Hälfte seiner Filialen abgeben 

Die Krise trifft auch die Mitbewerber. Schon als Bertelsmann im Frühjahr 2011 seine französische Filiale DirectGroup France, zu der die Buchclubs France Loisirs und Le Grand Livre du mois sowie der Internet-Buchhändler Chapitre.com einschließlich eines Netzes von 58 Buchhandlungen gehören, an den amerikanischen Investmentfonds Najafi verkaufte, lautete die Begründung: Der Umsatz von gut 600 Millionen Euros sei unzureichend.

Im September verkündete Jörg Hagen, vor und nach dem Verkauf Chef des Unternehmens (5,5 Millionen Kunden, 4.500 Mitarbeiter, ingesamt 250 Filialen) nicht nur eine Namensänderung – aus der DirectGroup France wurde Actissia - , sondern versprach auch eine Umsatzsteigerung um fünfzig Prozent binnen fünf Jahren.Den Buchklub-Mitgliedern werden daher bald nicht nur wie bisher auch Versicherungen und Reisen, sondern zusätzlich Mobiltelefone und sogar Kosmetik angeboten.

Im eigentlichen Buchgeschäft setzt Hagen offenbar mehr und mehr auf den Internet-Handel über Chapitre.com als auf die Filialen. Medienberichten zufolge hat er die Mehrheit an den Chapitre-Läden nun den Beschäftigten selbst zur Übernahme angeboten - per Franchiseverfahren. Investiert werden solle 2012 in erster Linie in den Ausbau des Onlineshops (fünf bis zehn Millionen Euro).