"Dialog zwischen Wissenschaft und Verwertung"

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Am 24. und 25. Januar stehen in Berlin auf der 7. Konferenz Academic Publishing in Europe (APE) wieder Topthemen des wissenschaftlichen Publizierens und der Kommunikation mit der Forschergemeinde auf der Agenda. Initiator und Organisator Arnoud de Kemp (digiprimo) über die aktuelle Entwicklung.

Die APE 2012 lotet einmal mehr aktuelle Trends im wissenschaftlichen Publizieren aus. Stehen die (großen) STM-Verlage kurz davor, nur noch digital und online zu publizieren?
Es geht bei der APE nicht nur um das wissenschaftliche Publizieren, sondern um das gesamte Umfeld: Wie kommunizieren Wissenschaftler künftig, welche Ressourcen haben Sie zur Verfügung, wie entwickelt sich die Informationsinfrastruktur, wie die Förderung? Wie schaffen wir eine Informationslandschaft, die für alle auskömmlich ist ? Wie werden künftig wissenschaftliche Forschungsergebnisse kommuniziert? Und – welche Rolle spielt die Information in der Gesellschaft, wenn nur noch in Google gesucht wird?

Es klingt fast konservativ, aber ich glaube an das wissenschaftliche Publikationssystem, so wie sich das sich in 150 Jahren entwickelt hat. Das System ändert sich nicht. Durch online wird das sogenannte Fensterbankproblem gelöst. Alles kommt schneller und ist online abfragbar und durchsuchbar. Nur die Finanzierung ändert sich und verlagert sich von Bibliotheks-Abonnements in Richtung vorausbezahlte 
Publikationen. Deswegen ist "Open Access" keine Bedrohung und für einige Verlage inzwischen sogar ein besseres Geschäft. Es war auch immer mein Traum, nur noch elektronisch zu publizieren, weil nur so die hohen Kosten gesenkt werden können.

Die Wissenschaftsverlage in STM haben sehr früh angefangen, starke Informationssysteme aufzubauen. Heute gibt es 50 Millionen DOIs (Digital Object Identifier), und Crossref für das schnelle und zuverlässige Referenzieren wurde im Jahr 2011 256 Millionen Mal angeklickt. Auf der APE 2012 wird berichtet, dass wir kurz davor stehen, alle publizierenden Wissenschaftler der Welt mit einer Nummer zu registrieren (Projekt ORCID). DIe TIB Hannover (DataCIte) hat als DOI Agentur bereits viele Tausende Datensammlungen registriert. Es  kommt eine Datentsunami auf uns zu und wir brauchen immer mehr Ordnung,  Verantwortung und Zuverlässigkeit. Die Verlage investieren sehr viel und arbeiten exzellent zusammen. Das sieht jetzt auch die Europäische Kommission so. Es gibt immer mehr Public-Private-Partnerships.

Wird die Kommunikation der Forscher im Netz die Wissenschaft (und damit auch das Geschäft der Verlage) grundlegend verändern?
Nein, das glaube ich nicht. Wir werden aber besser zusammenarbeiten, nachdem wir uns besser verstehen. Die Stärke der APE-Konferenzen war von Anfang an, dass eine Plattform für einen Dialog zwischen Wissenschaft und Verwertung geboten wurde. Von Anfang an waren deswegen zum Beispiel die Max-Planck-Gesellschaft, Cern, DFG und IFLA dabei. Wir fingen an mit heftigen Diskussionen über "Content Communism" – heute reden wir über spannende Entwicklungen, zum Beispiel wie man Daten mit Publikationen verknüpft.

Welche Innovationsprozesse, welche innovativen Produkte werden das wissenschaftliche Publizieren in naher Zukunft am meisten beeinflussen?
Data Mining, Content Enrichment, Integration von Daten und Originalpublikationen, neue Suchmaschinen und das semantische Web. Es gibt auf der APE 2012 auch eine provokative Diskussion über das Ende des  "Semantic Web" zwischen Feinden und Befürwortern, wobei auch das neue W3C German Austrian Office in Berlin involviert ist.

Sind Sie mit der Resonanz des Fachpublikums zufrieden?
Das ist jetzt Konferenz Nummer 7, und wir haben über 200 Teilnehmer aus Australien, Belgien, Bulgarien,  China, Dänemark, Ägypten, England, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Russland, Schweden, Schweiz und den USA. Stolz bin ich auf das  Vorprogramm 'Hands On', das mit der Frankfurt Book Fair Academy und dem mediencampus frankfurt weiter entwickelt wurde. Zum Schluss der Hinweis: Wir haben noch einige Konferenzplätze frei.

 

Die Fragen stellte Michael Roesler-Graichen.

Das Programm der APE finden Sie hier!