AG Publikumsverlage

"Wir haben das Labor aufgestellt“

19. Januar 2012
von Börsenblatt
Zum Auftakt der AG Publikumsverlage kritisierten Verleger René Strien und Börsenvereins-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis die Haltung der Politik gegenüber der Buchbranche. Skipis will intensivere Kommunikation zwischen Verband und seinen Mitgliedern.

„Wir haben alle ein paar Grundprobleme, die sollen hier verhandelt werden", sagte der neue Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Publikumsverlage René Strien zum Auftakt des diesjährigen Verlegertreffens im Münchner Literaturhaus. Ein Branchenbericht sei von ihm nicht zu erwarten: „Wie die Situation ist, erleben Sie alle täglich."

Zu diesen Problemen gehöre das mangelnde Verständnis in der europäischen Politik für das Verlagsgeschäft. Die Buchbranche dürfe sich nicht ausruhen auf einer traditionell hohen Wertschätzung der Branche. Insbesondere müsste mit dem Vorurteil von der "Verwertungsmafia" aufgeräumt werden. Dieses böse Wort unterstelle, das Verlage ja gar nicht die eigentlichen Urheber seien und auch nicht deren, sondern nur eigene Interessen verträten. Es herrsche im übrigen ein sehr eingeschränkter Begriff von der "Freiheit des Internets" vor, beklagte Strien: Ein Begriff nämlich, der die Freiheit, im Internet für Arbeit Geld zu verlangen nicht mit einschließe.

An Strien anknüpfend machte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins Alexander Skipis gar eine „Ignoranz der Politik" aus. Alle Rahmenbedingungen würden von der Politik infrage gestellt. Notwendig sei ein „Schulterschluss mit Autoren". Denn es drohe eine Spaltung zwischen Urhebern und Verwertern. Die Gefahr sei groß, dass den Verlegern ihre Rolle als Kämpfer für das Urheberrecht nicht mehr abgenommen werde. Auch Christian Sprang, Justiziar des Börsenvereins, machte später auf diesen Punkt aufmerksam. Am Beispiel des Musikers Jan Delay, der kürzlich in einem Internetposting seine Fans dazu aufgerufen hatte, ruhig weiter illegal downzuloaden und sich dabei nur nicht erwischen zu lassen, betonte Sprang: "Hieran sieht man, wie wichtig es ist, dass es uns gelingt, die Autoren stärker an uns zu binden."

Der Börsenverein und mit ihm die gesamte Branche müsse auf einen Veränderungsprozess reagieren, der in einer bisher nicht gekannten Konzentriertheit auftrete. Zur Illustration seiner Einschätzung skizzierte Skipis die Umsatzrückgänge vor allem im stationären Sortiment und den wachsenden Anteil des E-Book-Geschäfts; der Umsatz über die Plattform libreka! habe deutlich zugelegt, zuletzt auf 1,5 Millionen Euro im vierten Quartal des vergangenen Jahres.

Gleichwohl rief Skipis die Publikumsverleger dazu auf, sich der auch weiterhin hohen Bedeutung des stationären Sortiments bewußt zu sein. "Dieser Vertriebskanal ist unter Druck - aber mit ihm machen Sie immerhin noch mehr als die Hälfte Ihrer Umsätze."

„Wir, die Börsenvereinsgruppe, müssen jetzt zeigen, was wir können", sagte Skipis. Ziel der Verbandsarbeit sei es, ein innovationsfreundliches Klima und entsprechende Strukturen zu schaffen. Skipis kündigte an, die Kommunikation mit den Verbandsmitgliedern zu intensivieren: „Wir haben das Labor aufgestellt. Jetzt brauchen wir Ihren Input." Zudem soll die Marktforschung ausgebaut und ein neuer Anlauf für ein überzeugendes Buchmarketing unternommen werden.

Einen guten Rat aus Sicht eines jüngeren Branchenmitglieds gab Tony Stubenrauch den Verlegern. Der Nachwuchssprecher des Börsenvereins rief in seinem Statement die Branche vor dem Hintergrund der Digitalisierung dazu auf, "das Buch als aktuelles Medium zu positionieren und den Abwehrkampf zu beenden".