Porträt

Mit Füßen in der Welschen Schweiz und Arabien

12. Januar 2012
von Börsenblatt
Tom Forrer gründete 1970 Lenos Verlag. Gemeinsam mit Christoph Blum und Lektorin Heidi Sommerer machte er Basel zu einem wichtigen Standort für Autoren aus der Schweiz – und den Arabischen Ländern.

"Am Anfang haben wir von prominenten Autoren Texte erbettelt und auf sämtliche Rechte verzichtet", blickt Lenos-Gründer Tom Forrer (Jahrgang 1949) zurück ins Jahr 1970. Mit dem Startkapital, das auf diese Weise zusammenkam, wurden die folgenden Verlagsprojekte verwirklicht: Sieht man sich das Verlagsprogramm genauer an, stellt man fest, dass Schweizer Literatur, Reiseberichte aus der Welschen Schweiz, (wie die Romandie, die französische Schweiz, hier genannt wird) und arabische Literatur nahezu gleichberechtigt nebeneinander stehen. Die Eidgenossen haben die Nase leicht vorne.

Sachbücher zum Nahostkonflikt legten den Grundstein für den Verlagsschwerpunkt, der in Außenwahrnehmung des Verlags häufig dominiert. Gerade aus ausländischer Perspektive, gelten der Lenos Verlag, ebenso wie der Unionsverlag, als die Verlage für arabische Autoren mit der höchsten Strahlkraft. Mehr als einhundert Titel von Autoren aus Ägypten bis Tunesien, von Sudan bis Marokko hat Forrer unter Vertrag. "Wir sind von einem Autor zum nächsten gekommen", erklärt Forrer die starke Präsenz namhafter arabischer Stimmen im Programm.

Das liegt auch an dem gut verzweigten Netzwerk an Übersetzern und Herausgebern und an der Pflege des Autorenstamms. Den Anfang machte die palästinensischen Erzählungen Ghassan Kanafanis "Das Land der traurigen Orangen". Das literarische Erbe des durch eine Autobombe Ermordeten pflegt der Verlag und hält sie auch durch die hauseigene Taschenbuchreihe verfügbar. Im letzten Herbst gesellte sich der marokkanische Romancier und Maler Mahi Binebine  zum Autorenstamm, der viele klingende Namen wie den libyschen Schriftsteller Ibrahim al-Koni und den Ägypter Alaa al-Aswani umfasst.

Sein ganzes Leben hat Forrer, der sich vielleicht nicht ganz grundlos als "absolut Buchwahnsinnigen" bezeichnet, in der Branche gearbeitet. Darauf ist er stolz. Ein Buch verschlingt er mindestens pro Woche. Würde man das hochrechnen, käme eine beachtliche Summe zusammen. Das runde Leder ist für den FC Basel-Fan indes stets ein schöner Ausgleich geblieben. "Da kann ich richtig Aggressionen abbauen", scherzt Forrer. Es benötigt schon ein gerüttelt Maß Fantasie, sich den ausgeglichenen Basler Büchermacher bei einem Wutausbruch vorzustellen.

Seine berufliche Laufbahn startete mit einer Lehre als Verlagsbuchhändler. Später leitete er für Suhrkamp die Verlagsauslieferung Schweiz in Basel. Zehn Jahre dauerte das Abenteuer. Im Birkhäuser Verlag lernten sich die Lenos-Gründer kennen. Von dem fünfköpfigen Gründungsteam ist heute, mehr als vier Jahrzehnte später, nur noch Forrer im Lenos Verlag verblieben. Gemeinsam mit Christoph Blum werden "alle Arbeiten, die Spaß machen" im Verlag erledigt – auch das Setzen der Texte, seit jeher ein Markenzeichen des Lenos Verlags. Die Buchhaltung hingegen ist ausgelagert. In Tunis steht Heidi Sommerer seit 2005 als Außenlektorin zur Verfügung: "Sie ist unsere Frau für besonders schwierige Fälle", lobt Forrer die Lektorin, die den Verlag nach dessen Gründung (1970) 35 Jahre maßgeblich mitgestaltet hat.