Sitzungwoche

Sortimenter-Ausschuss tagt im Buchhändlerhaus

26. Februar 2015
von Börsenblatt
Preisbindung, libreka!, Schulbuchgeschäft: Auf der Agenda des Sortimenter-Ausschusses, der am heutigen Mittwoch im Buchhändlerhaus in Frankfurt zusammenkommt, stehen zahlreiche Themen. Lesen Sie hier weiter - boersenblatt.net berichtet live von der Sitzung.

Vorgestellt wird beispielsweise eine Umfrage rund um das Schulbuchgeschäft, die der Sortimenter-Ausschuss bei den Buchhändlern durchgeführt hat. Weitere Themen sind die Interpretation des Paragrafen 6.1. Buchpreisbindungsgesetz oder die Geschäftsmodelle der MVB. Außerdem geht es um aktuelle Entwicklungen und Neuerungen bei der BAG.

Preisbindung

Börsenvereins-Justiziar Dr. Christian Sprang berichtete über die Preisbindung und da vor allem über die Gutscheinwerbung im Buchhandel, die die Preisbindung gefährde. Insbesondere die Thalia-Gruppe mit buch.de sei auf diesem Gebiet sehr aktiv. „Die Gutscheinaktionen sind ein nicht zu vernachlässigender Faktor", betonte Sprang. Bei buch.de sei man mittlerweile schon bei Gutscheinen im Wert von elf Prozent des Umsatzes angelangt. Formal seien die bislang von den Gerichten aufgestellten Kriterien für die Preisbindung bei solchen Aktionen zwar erfüllt, kritisch seien aber die Verrechnungsgeschäfte im Hintergrund, die zwischen den beiden Partnern, dem Händler und dem Sponsor der Gutscheine, getätigt würden. „Das ist ein Missbrauchsfeld, an das wir herankommen müssen."
Derzeit bemühe sich der Börsenverein um Unterstützung der Politik für eine Klarstellung des Gesetzestexts. „Unterstützung vor Gericht gab es bislang zwar nicht", so Sprang. Angestrebt würden jedoch weitere Musterprozesse, „um noch ein besseres Ergebnis bei den Gutscheinaktionen zu erhalten". Bisher gebe es lediglich Urteile von Oberlandesgerichten.

Paragraf 6 Abs.1 Buchpreisbindungsgesetz

In einem weiteren Tagesordnungspunkt ging es um die Empfehlungen zur Interpretation des Paragrafen 6 Abs. 1 Buchpreisbindungsgesetz – gemeinsam erarbeitet von Mitgliedern des Sortimenter- und des Verleger-Ausschusses. Dieter Dausien (Buchhandlung am Freiheitsplatz, Hanau) wies darauf hin, dass es gerade bei kleineren und mittleren Sortimenten dauerhaft zu negativen Betriebsergebnissen komme. Um die Flächendeckung im Buchhandel weiter zu erhalten, müsste eine angemessene Vergütung der erbrachten Leistung in Form einer ausreichenden Handelsspanne erbracht werden.

Dausien stellte die Frage, welches Ergebnis die Empfehlungen mit sich bringen könnte. Der Buchhändler sprach sich beispielsweise für besondere Konditionen für kleinere und mittlere Buchhandlungen aus.

Karl-Peter Winters, Vorsitzender des Verleger-Ausschusses, unterstrich, dass ein Leistungskatalog, der die Leistungen des Buchhandels aufliste und an dem sich die Rabatte orientierten, theoretisch richtig sei. Praktisch sei das jedoch schwer umzusetzen, da je nach Verlag, unterschiedlich Leistungen wichtig seien und somit eine Gewichtung schwierig wäre. „Was für den einen Verlag überlebenswichtig ist, ist für den anderen kaum relevant.

Matthias Ulmer, ebenfalls Mitglied im Verleger-Ausschuss, sieht die Verabschiedung gemeinsamer Empfehlungen von Buchhändlern und Verlegern als schwierig an. „Wir haben da kartellrechtliche Bedenken", so Ulmer. Eine Konkretisierung des Paragrafen 6.1 sei bislang nicht möglich gewesen und werde sich auch künftig schwierig gestalten.

Dieter Dausien betonte, dass selbst flexible Konditionen nicht dazu führten, dass das kleinere und mittlere Sortiment wirtschaftlich tragfähig überleben könnte. „Daher müssen die Verlage anerkennen, dass sie über die Konditionengestaltung Einfluss auf die Buchhandelslandschaft haben und dem gerecht werden müssen."

„Der Buchhandel darf kein Subventionswesen werden", sagte Matthias Ulmer. Das würde auch einer Prüfung durch den Gesetzgeber nicht standhalten. Damit würde die Preisbindung in Gefahr geraten.

Karl-Peter Winters unterstrich, dass die Erhaltung des Sortiments für viele Verlage von hohem Interesse sei – „was vielen von ihnen allerdings jetzt erst langsam bewusst wird". Wenn die Buchhandelslandschaft ausgedünnt würde, „der Buchhandel unkörperlich wird", werde der Gesamtumsatz der Branche sinken. Beispielsweise entfielen dann Spontankäufe, die im Internet nicht stattfinden würden.

Das weitere Prozedere zur Erstellung des Empfehlungskatalogs: Sortimenter und Verleger treffen sich nochmals in einer kleineren Gruppe und erarbeiten auf Grundlage des bislang vorliegenden Papiers weitere Schritte. Anschließend wird das Ergebnis der Öffentlichkeit präsentiert.

libreka!

MVB-Geschäftsführer Ronald Schild präsentierte die neuesten Entwicklungen bei libreka!. Vor einem dreiviertel Jahr habe man bekanntermaßen das Geschäftsmodell verändert: seitdem ist libreka! eine Distributionsplattform. „Mit diesem Modell kommen wir sehr gut voran", sagte Schild. Beispielsweise bei Abschlüssen mit neuen Partnern wie der Telekom oder Barnes & Noble. Erstmals gab Schild auch einen Einblick in die Zahlen und die wirtschaftliche Entwicklung von libreka! Das Marktumfeld, so sagt er, werde sich positiv entwickeln. Er geht davon aus, dass die E-books 2015 einen Marktanteil von sieben Prozent erreichen werde („eine konservative Prognose").

Inwieweit die Sortimenter am E-Book-Geschäft partizipieren können – in diesem Punkt zeigten sich sowohl die Buchhändler als auch Ronald Schild eher zurückhaltend. Es gebe Hemmschwellen, in das Geschäft einzusteigen. „Die Marktchancen werden jedoch nicht dadurch besser, dass man sich den neuen Entwicklung verschließt", gab Schild zu bedenken.

SoA-Vorsitzender Heinrich Riethmüller brachte das Thema Buchhandelsreader in die Diskussion ein. Allerdings müssten sich dafür zahlreiche Sortimenter bereiterklären, Geräte abzunehmen, sagte Riethmüller.

Manfred Keiper (Die andere Buchhandlung, Rostock) wollte wissen, ob sich libreka! in andere Länder lizensieren lassen. Darauf Schild: "Möglich und gewollt ist das, einzelne Länder hätten bereits Interesse signalisiert."

Zur Frankfurter Buchmesse kündigte Schild White Label Shops der MVB an, die von den Buchhändlern in ihrem Design gestaltet werden könnten. Basieren würden diese Online-Shops unter anderem auf der Technik von claudio.de. Als Monatsgebühr nannte Schild einen Betrag zwischen 60 und 70 Euro sowie eine "entgegenkommende Konditionengestaltung". Angeboten werden könnten unter anderem gedruckte Bücher, E-Books und Hörbücher.

Vor dem Hintergrund des neuen Shop-Systems stellte Schild die Frage, ob den Sortimentern noch an der Endkundenplattform libreka.de gelegen sei. Heinrich Riethmüller sagte, dass die Plattform nicht mehr gebraucht würde, da dort ohnehin kaum Umsätze erzeugt würden. Auch Detlef Büttner (Lehmanns) hält es "für konsequent und richtig, sich auf die White Label Shops zu konzentrieren". Jan Orthey betonte, dass er über libreka.de Umsätze generiere, wenn auch geringe.

 

Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, appellierte an die Mitglieder des Sortimenter-Ausschusses, "alle Buchhändler zu motivieren, die Kunden jetzt auf die elektronischen Plattformen zu holen". Der Buchhandel sei sowohl lokal als auch digital: "Diesen Wettbewerbsvorteil müssen Sie nutzen, Sie können mehr als jede Plattform, die mit standardisierter Beratung und standardisierten Empfehlungen arbeitet und keine Kunden im Laden hat." Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, "in einen Markt einzusteigen, der beginnt zu wachsen und sich zu entwickeln". Auch wenn der Markt gefühlt für viele Händler bislang noch nicht vorhanden sei.

Detlef Büttner (Lehmanns) drängte ebenfalls zum schnellen Handeln: "Wir haben ein Zeitfenster von vielleicht zwölf Monaten", so seine Einschätzung. Viel zu viel Zeit hätte man schon verstreichen lassen.

 

Schild erläuterte die Hintergründe für die Kooperation mit der Telekom, die im Buchhandel nicht unbedingt auf Zustimmung gestoßen ist. "Wir sind eine Drehscheibe und müssen für alle Partner interessant sein", sagte Schild. Die Verlage hätten ein großes Interesse daran, dass libreka! alle Vertriebskanäle bediene. "Das ist ein Geben und Nehmen", so Schild. "Wenn wir einzelne Partner ausschließen, würden die Verlage möglicherweise Titel zurückziehen, wodurch libreka! an Attraktivität verlieren würde."

VLB als Referenzdatenbank

Michael Vogelbacher, Leiter der Abteilung Informationsdienste bei der MVB, informierte über den neuesten Stand in Sachen VLB als Referenzdatenbank. Mittlerweile seien von den 960.000 preisgebundenen Titel im VLB bereits 725.000 mit Referenzpreisen versehen.

BAG

Oliver Recklies, Geschäftsführer der BAG, informierte über die neuesten Entwicklungen bei der BAG. Beispielsweise stellte der die neue Abrechnung vor. Für den Sommer kündigte Recklies unter anderem ein Archivierungstool für die elektronischen Kontoauszüge an.

Recklies ging auch auf die Finanzierungsstrukturen im Buchhandel ein. "Viele Buchhändler finanzieren ihr Warenlager viel zu teuer über Kontokorrentkredite", stellte Recklies fest.

Schulbuchumfrage

Lothar Sand, Referent im Sortimenter-Ausschuss, stellt die Ergebniss der Schulbuchumfrage vor, die vom SoA im Buchhandel durchgeführt worden war. Ziel der Online-Befragung sei es gewesen, Fakten und Stimmungen abzufragen. Beteiligt hatten sich mehr als 500 Sortimenter, von denen die überwiegende Mehrheit im Schulbuchgeschäft tätig ist.