Buchvorschauen wie im Kino – Was halten sie bereit?

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Noch gibt es sie nicht bei allen Büchern. Das könnte aber in Zukunft so sein. Die einen sagen, wozu braucht man die überhaupt? Andere finden es klasse, auf ein neues Buch auf ungewöhnliche Art neugierig und aufmerksam gemacht zu werden. Man hat das Gefühl, eine Buchankündigung wie bei einer Filmvorschau im Kino zu erleben. Was gemeint ist, sind Buchtrailer. Eine Betrachtung von Doreen Kühne

Wie ein richtiger Kinotrailer mit den spannendsten Ausschnitten kommen sie nicht daher, aber sie haben mit diesem eine gewisse Ähnlichkeit. Etwa ein bis zu höchstens drei Minuten lang präsentieren sie ein Buch oder eine Reihe mit kleinen Animationen in einem filmischen Licht. Mal auf Youtube, Amazon oder direkt auf der Verlagsseite eingestellt, sollen sie den potentiellen Leser näher an die Neuerscheinung heranführen. Um Aufmerksamkeit scheinen diese kurzen visuellen Vorschauen zu heischen. Doch ist da tatsächlich ein Nutzen vorhanden?

Unterschiede gibt es!

Stimmungsvoll wie emotional erzeugen die filmischen Previews eine bestimmte Leseerwartung beim Zuschauer. Je nach Genre oder Thema wird durch die Verlage eine adäquate Formensprache gewählt, die sowohl große Unterschiede aber auch viele Gemeinsamkeiten aufweisen kann.

 

Mehr im Sinne eines Literaturfilms als eines Buchtrailers wurde die kleine Vorschau zu dem Werk von Nina Blazon „Die Totenbraut“ aus dem Ravensburger Verlag erstellt. Hier ist ein Interview der Autorin in die Buchvorstellung eingeflochten worden. Ganz anders dagegen hat sich Penhaligon an den Buchtrailer bei der Fortsetzung der Trilogie „Die Gilde der Schwarzen Magier“ von Trudi Canavan „Sonea“ herangewagt. Eine in rot verhüllte Gestalt agiert mit einem Kampfstab, während der Zuschauer auf das vorangegangene, durch Wortfolgen eingeblendete Werk in Verbindung mit der Neuerscheinung aufmerksam gemacht wird. Beim gleichen Verlag gibt es nicht immer dieselben Arten von filmischen Buchvorschauen. So zeigt sich in anderer Form der Buchtrailer „Flavia de Luce - Mord im Gurkenbeet“ von Alan Bradley bei Penhaligon, der mit zahlreichen tricktechnischen Raffinessen aufwartet. Das ist auch ein Beispiel der unbeschränkten Vermarktungsmöglichkeiten. Vergleicht man den italienischen Booktrailer zu diesem Buch fällt auf, dass das Design des Covers als Filmvorlage herangezogen wird um der Buchwerbung ihren individuellen Charakter zu verleihen. Somit ist der Grad der Wiedererkennung des Lesers mit dem Werk im Buchladen höher.

Wieder anders ist die Vorschau bei „Der mysteriöse Mr. Spines“ von Jason Lethcoe, die bei ars edition erschienen ist. Hier wird der Inhalt mit einer Kaufaufforderung am Schluss des Filmes dem Leser schmackhaft gemacht. Schaut man nach dem Buch bei Amazon ist der Filmspot weit oben auf der Internetseite beim Cover platziert worden, damit der künftige Käufer einen besseren Einblick in die Geschichte gewinnt. Man erkennt, dass der User schneller audiovisuelle Informationen aufnehmen kann und soll. Es bedeutet wiederum, dass den geschriebenen Informationen wie Angaben zum Buch, dessen Inhalt und Kommentaren dazu weniger Gewicht beigemessen wird, da es länger dauert, bis sie durch das Lesen aufgenommen werden. Anders bei dem Verlag Schneider Buch von Egmont. Bei diesem sind auf der Internetseite der Trailer zum Buch „Mara und der Feuerbringer“ sowie ein drei Minuten langes Interview zum Autor Tommy Krappweis unter einer kurzen Inhaltsangabe angesiedelt worden. Es steht mehr das Buch als der Film im Vordergrund.

 

Belletristik auf dem Vormarsch?

Vor allem belletristische Werke stehen im Blick der Verlage, wenn es darum geht Werbung mal anders zu betreiben. Dass man durchaus auch schon an Auszeichnungen denkt hat der Buchtrailer Award aus dem Jahr 2009 vorgemacht, der durch Bertelsmann initiiert wurde. Gewonnen hat den ersten Preis ein wirklich außergewöhnlicher kleiner Film zu dem Buch von Bridget Asher „Die Affären meines Mannes“. Dass er von Studenten der Ravensburger Hochschule Baden-Württemberg gemacht wurde, ist bemerkenswert, denn sie haben das Gefühl vom sprichwörtlichen „Kino im Kopf“ während des Lesens in eine angemessene visuelle Formensprache gebracht. Jene hat das Interesse mehr zum Inhalt des Buches zu erfahren mit viel Witz geweckt. Der zweite Preis ging an den Buchtrailer zu einem Kochbuch. Aus dem Titelnamen „Kochschule 2“ von Ewald Plachutta hat Mathias Holländer in zeichentrickartiger Manier sein studentisches Projekt an der Fachhochschule Düsseldorf die Lust am Kochen heraufbeschworen. Beides sind bemerkenswerte Arbeiten, die zeigen, auch andere Genre oder Themen lassen sich als kurzer Buchfilm umsetzten. Wichtiges Werkzeug ist die Idee und die damit verbundene Umsetzung.

 

Werbepotential ist vorhanden

Was allen Buchtrailern gemeinsames Merkmal ist, ist die Untermalung des Gezeigten mit Musik und/oder Soundeffekten. Diese dienen vor allem einer spannungsreichen Vorfreude des Lesers auf das Werk eines Autors, das entweder gerade erst erscheint, oder welches es schon zu kaufen gibt. Leseatmosphäre wird vor allem mit stimmungsvollen Bildfolgen geschaffen, die den Zuschauer ansprechen und zum Kauf verleiten sollen. Auffallend ist ebenso, dass für den Jugendbuch- und Fantasybereich die meisten Buchfilme für Werbezwecke anstatt zum Informieren hinzugezogen werden. Etwa 3.000 bis 4.000 Aufrufe kann ein guter Titel über Youtube erreichen, was bereits beachtlich ist.

Was diese Entwicklung der Buchbewerbung möglich macht sind die Einsatzmöglichkeiten, die das Internet unter anderem mit dem Web 2.0 bietet. Vor einigen Jahren wäre ein Buchtrailer von den Verlagen gar nicht erst in Erwägung gezogen worden. Doch seit es neuerdings zahlreiche Web-Plattformen zur Information und für sozialen Austausch gibt, lässt es sich natürlich leichter realisieren Content unter der Online-Community zu verbreiten. Auch unter dem Aspekt der vernetzten Buchwelt wollen Verlage alle erdenklichen Optionen für Buchverkäufe nutzen, denn wer immer noch vor einer Vermarktung im Internet zurückschreckt, wird weniger erfolgreich sein.

Tipps für die Verlage, wie sie einen Buchtrailer Erfolg versprechend umsetzten sollten, bietet unter anderem sogar der Börsenverein für den Deutschen Buchhandel auf borsenblatt.net mit einer Art Checkliste.

 

Was bringt die Zukunft?

Wie preisintensiv solch eine filmische Buchproduktion ist, wird von den Verlagen nicht unbedingt öffentlich gemacht, doch sieht man sich die einzelnen so beworbenen Titel an, wird klar, dass diese nur bei Versprechung von guten Erfolgsaussichten Anwendung findet. Auch wenn viel Geld investiert werden muss, besteht für den Buchtrailer kein Zweifel mehr, dass sie für Zusatzeinnahmen durch Buchverkäufe äußerst hilfreich sein können. So sind die kleinen Filmchen zu jeder Zeit und an jedem Ort mit Internetzugang vom Buchkäufer einsehbar, was den Verkauf außerhalb der Ladenöffnungszeiten über diverse Online-Anbieter zusätzlich ankurbelt. Ebenso förderlich kann dies durch das Angebot bzw. die Werbungsoption über E-Books sein. In der Zukunft ist alles denkbar. Im Moment jedoch stecken sie noch ein wenig in den Kinderschuhen, aus denen sie in nicht allzu ferner Zeit herauswachsen werden. Alles in allem ist festzustellen, dass Buchtrailer vorrangig dem Verkauf von Buchtiteln behilflich sind. Es macht aber auch sehr viel Spaß, damit unterhalten zu werden.