Urheberrecht

Börsenverein: Urheberrechtsverständnis von Hochschulen gefährdet Zukunft von Lehr- und Fachbüchern

26. Februar 2015
von Börsenblatt
Der Börsenverein begrüßt die Klage des Alfred Kröner Verlags gegen die Fernuniversität Hagen, mit der grundsätzlich geklärt werden soll, welche rechtlichen Vorgaben Hochschulen beachten müssen, wenn sie urheberrechtlich geschützte Werke für Forschung und Lehre zugänglich machen.
Der Verlag wehrt sich dagegen, dass mehrere Kapitel des von ihm veröffentlichten Fachbuchs „Meilensteine der Psychologie“ Tausenden von Studenten im Intranet der Fernuniversität ohne Genehmigung kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Im Internet hatten sich Studenten zuvor darüber ausgetauscht, dass eine Anschaffung des betroffenen Titels aus diesem Grund nicht nötig sei. „Wenn wissenschaftliche Autoren und Verlage hochwertige Lehr- oder Fachbücher entwickeln und diese von den Hochschulen verwendet werden, sollten sie dafür auch gerecht vergütet werden“, sagt Dr. h.c. Karl-Peter Winters, Vorsitzender des Verleger-Ausschusses im Börsenverein. „Alles andere ist eine Enteignung geistigen Eigentums unter dem Deckmantel der Gemeinnützigkeit.“
 
Im konkreten Fall hatte ein Autorenteam ein neuartiges Fachbuchkonzept zur Geschichte der Psychologie umgesetzt, das der Kröner Verlag mit hohem Aufwand in den Markt eingeführt hatte. Die Fernuniversität Hagen hatte ihren Psychologie-Studenten den Zugang zu 91 Seiten – rund einem Fünftel – dieses Fachbuchs ermöglicht, ohne dafür die Genehmigung des Verlages zu haben. Die entsprechenden Inhalte konnten dabei nicht nur über eine eigene Lernplattform aufgerufen, sondern auch auf eigene Speichermedien kopiert werden. Die Fernuniversität berief sich darauf, dass dieses Vorgehen durch § 52a Urheberrechtsgesetz gedeckt sei. Der Verlag reichte nach erfolgloser Abmahnung jetzt eine Unterlassungsklage gegen die Fernuniversität Hagen ein.
 
Das Lehr- und Fachbuchgeschäft der Wissenschaftsverlage hat sich seit dem Inkrafttreten von § 52a Urheberrechtsgesetz im Jahr 2003 in dramatischer Weise verschlechtert. Der Grund: Der Paragraf erlaubt Bildungsinstitutionen, kleine Teile von veröffentlichten Werken ohne vorherige Erlaubnis durch den Rechteinhaber zu Unterrichts- und Ausbildungszwecken zu nutzen. Umstritten ist dabei, welche Reichweite die Vorschrift hat und wie sie im Einzelnen zu verstehen ist. Problematisch für Autoren und Verlage ist auch, dass Bund und Länder trotz der im Gesetzestext verankerten Pflicht zur angemessenen Vergütung der Rechteinhaber bislang kein Geld für die Nutzungen von Lehr- und Fachbüchern gezahlt haben. Der schon vor seinem Inkrafttreten heftig umstrittene § 52a Urheberrechtsgesetz ist vorerst bis Ende 2012 gültig. Börsenverein und Wissenschaftsverlage haben in der Zwischenzeit alternative Lizenzmodelle entwickelt und erwarten vom Gesetzgeber, dass die Vorschrift ersatzlos gestrichen wird.
 
Link zur Klageschrift: