Buchtipp

Mama, was ist ein Bestseller?

23. Dezember 2008
von Börsenblatt
22 Studenten des Aufbaustudiengangs Buchwissenschaft München sind dem Phänomen Bestseller nachgegangen und haben zusammen das Buch "Seitenweise Erfolg" (Bramann) herausgegeben.
Ein Kind fragt seine Mutter, was denn ein "Bestseller" sei? Die Mutter antwortet, dies seien eben "die besten Bücher". Die Literaturkritikerin Felicitas von Lovenberg hat natürlich eine differenziertere Definition parat: "Das sind die erfolgreichsten Bücher. Aber das erfolgreichste Buch muss nicht unbedingt das beste sein." Auf die Spuren des Begriffs "Bestseller", aus geschichtlicher wie heutiger Sicht, haben sich zweiundzwanzig Studierende des Aufbaustudiengangs Buchwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität begeben. Herausgekommen ist ein Buch: "Seitenweise Erfolg. Vierzig Bestseller und ihre Geschichte." Informativ, teilweise mit ironischem Unterton wird auf breiter Ebene Aufklärung betrieben. Da wird einmal die Geschichte des Begriffs unter die Lupe genommen. 1895 entstanden in den USA erstmals Listen für die "Best Books" im Lande. Natürlich ist es ein langer Weg bis zu den heutigen Bestsellerlisten, die ohne breites Verlagsmarketing nicht vorstellbar sind. Aber die Idee, dass es für Leser nützlich sei, beste Bücher anzuzeigen, treibt die Buchbranche eben schon lange um. "Seitenweise Erfolg" erzählt natürlich die Geschichte von großen Bestsellern wie Günter Grass‘ "Die Blechtrommel", Rosamunde Pilchers "Die Muschelsucher", Dieter Bohlens "Nichts als die Wahrheit", Klaus Manns "Mephisto", Dan Browns "Sakrileg", "Das Tagebuch der Anne Frank", Astrid Lindgrens "Pippi Langstrumpf", Partick Süskinds "Das Parfum", Umberto Ecos "Der Name der Rose" und Joanne K. Rowlings "Harry Potter". Man sieht, das Spektrum ist breit, höchst literarische Titel, aber auch Herz, Schmerz- und Trash-Literatur können Bestseller werden. Und wenn man im Buch die rund vierzig besprochenen Bestseller sich vor Augen führt, dann erweitert sich das Spektrum enorm: Selbst Köchbücher sind bestsellerfähig und natürlich auch Comics wie Hergés "Tim und Struppi". Altehrwürdige Bestseller wie Goethes "Leiden des jungen Werthers" oder Heinrich Kramers "Der Hexenhammer" aus dem 15. Jahrhundert bleiben nicht unerwähnt. Doch "Seitenweise Erfolg" erzählt nicht bloß die Geschichte der Bestseller, sondern bringt auch Interviews und Statements aus der Fachwelt. Neben Felicitas von Lovenberg melden sich Tanja Kinkel, S. Fischer-Lektor Volker Jarck, die Buchhänderlin Katrin Schweinbeck, Heyne-Verleger Ulrich Genzler und viele andere zu Wort. Interessant ist, dass nach Meinung vieler Experten, Bestseller nicht nur durch Listen, sondern auch durch die Vergabe von Buchpreisen gemacht werden. Dass dabei der noch eher junge "Deutsche Buchpreis" eine wichtige Rolle spielt, ist erfreulich. Allerdings gibt es auch Bestseller, die weder auf Listen noch bei Buchpreisen auftauchen.- "Die Bibel führt nicht nur die ewige Bestsellerliste an, sie ist auch das Synonym für den nicht wahrgenommenen, weil nicht gelisteten Bestseller." Solche intelligenten Statements zeigen, dass die Buchwissenschaftler aus München nicht nur die Geschichte der Bestseller sachgerecht darstellen, sondern auch pointiert schreiben können. "Seitenweise Erfolg. Vierzig Bestseller und ihre Geschichte" wird wahrscheinlich kein Bestseller, aber Erfolg innerhalb der Branche ist dem Buch zu wünschen. Seitenweise Erfolg. Vierzig Bestseller und ihre Geschichte. 200 Seiten mit Abbildungen. Bramann Verlag. 16,90 Euro. Ein Interview mit Anne Koglin, eine der Autorinnen des Buchs, finden Sie im aktuellen Börsenblatt Heft 52/2008.