Buchtipp

Leukämie, eine Liste und die Liebe

16. Dezember 2008
von Börsenblatt
Wie passt das zusammen? Die 16 jährige Tessa beginnt eine Liste zu schreiben mit den Dingen, die sie tun will, bevor sie stirbt, und lernt dabei ihre erste große Liebe kennen. Jenny Downham gibt ihrem Debütroman eine besondere Note und zeigt großes Fingerspitzengefühl im Umgang mit einem sensiblen Thema. Nicht umsonst wurde das Buch innerhalb von zwei Wochen in 16 Ländern verkauft. »Bevor ich sterbe« greift auf spannende Art und Weise ein Thema auf, das unsere Gesellschaft zunehmend beschäftigt: Krebs.
»Wenn ich doch nur einen Freund hätte. Ich wünschte, er würde im Schrank von einem Kleiderbügel hängen. Immer wenn ich wollte, könnte ich ihn rausholen, und er würde mich so ansehen wie die Jungs in Filmen, so als ob ich schön wär. (…) Ich setze mich im Bett auf knipse die Nachtischlampe an. Ein Stift liegt da, aber kein Papier, deshalb schreibe ich an die Wand hinter mir: „Ich will das Gewicht von einem Jungen auf mir spüren.“« Wenig später ist mit Hilfe von Freundin Zoe, ein bisschen Alkohol und einer Party der erste Punkt auf Tessas Liste abgehakt. Es werden weitere Punkte folgen: an einem Tag zu allem »Ja« sagen, Drogen nehmen oder gegen das Gesetz verstoßen. Immer mehr Punkte werden hinzugefügt. Auf den ersten Blick mag dieser Handlungsstrang etwas absurd wirken: das todkranke Mädchen, welches nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, beschließt gerade zufällig ihr Leben mit Hilfe einer Liste und der Unterstützung ihrer Freundin Zoe in die Hand zu nehmen. Doch die Autorin verdeutlicht dem Leser mit einem ehrlichen Ton und einer authentischen Sprache die Situation der 16-jährigen. Der Leser nimmt an der Entwicklung des jungen Mädchens, ihrer Familie und auch ihrer Freundin Zoe teil. Es kommen dadurch immer mehr interessante Facetten und Handlungsstränge zum Vorschein, wie die Trennung ihrer Eltern und das damit verbundene angespannte Verhältnis zu ihrer Mutter oder die Schwangerschaft ihrer Freundin Zoe. Schließlich ist es aber die Liebe zu Adam, die Tessa die Hoffnung auf weitere wunderschöne Erlebnisse lehrt und uns - als Leser - ihre beeindruckende Lebensfreude vermittelt. Sie lernt dadurch das Leben kurz vor ihrem Tod wieder zu lieben. »Ich bin am Leben, selig, mit ihm auf dieser Erde zu sein, genau in diesem Augenblick«. Manchmal raubt dieses Buch einem durch die Ehrlichkeit, mit der die Familie und vor allem die Protagonistin selbst mit dem Tod umgeht, den Atem. »Aber ich langweile sie, das kann jeder sehen. Sie wünscht, ich würde mit dem Sterben voran kommen, damit sie endlich wieder mehr Zeit für sich hat«.Im nächsten Augenblick amüsiert man sich schon über die kuriosen Dinge, die geschehen, und letztlich bleibt das Gefühl, dass man das Leben mehr wertschätzen und sich jeder eine Liste mit Dingen, die er/sie schon immer tun wollte, anlegen sollte. Obwohl uns wahrscheinlich nicht allein das Abhaken der Liste, sondern die Liebe glücklich machen würde. Imke Smid Jenny Downham: Bevor ich sterbe cbt, 2008 320 S., 17,95 Euro ISBN: 978-3-570-16002-2