Interview mit Matthes & Seitz-Verleger zum Deutschen Verlagspreis

"Wir werden uns wieder mehr trauen"

25. Mai 2020
Redaktion Börsenblatt
Matthes & Seitz in Berlin ist einer der drei Spitzengewinner beim Deutschen Verlagspreis. Im Kurzinterview erzählt Verleger Andreas Rötzer, was dieser Preis für ihn bedeutet und welchen Spielraum ihm das Preisgeld nun ermöglicht.

Wo hat Sie die freudige Nachricht erreicht?

Ich war unterwegs, als mich meine Mitarbeiter angerufen haben – das war einfach toll! Ich hatte schon gar nicht mehr daran gedacht, dass die Gewinner heute verkündet werden und ich hatte mich ja bereits über die erste Nachricht mit den 20.000 Euro sehr gefreut.

Fühlen Sie sich in Ihrem Engagement für das Profil des Verlags bestätigt?

Die Juryvorsitzende Insa Wilke hat das wunderbar formuliert, da fühlen wir uns genau getroffen und erkannt. Letztlich sind ja die Mühen des Alltags groß und es ist bereits schön, wenn einzelne Bücher gut aufgenommen werden – aber wenn dann die Zusammenhänge und Verbindungslinien zwischen den Büchern gesehen werden, das große Ganze, das freut dann besonders.

Mit 60.000 Euro Preisgeld kann man in diesen Zeiten einiges anfangen – haben Sie und Ihr Team schon Ideen?

Wie viele andere Verlage auch mussten wir ja vom VG Wort-Urteil über die KNV-Insolvenz und die Pleite unserer österreichischen Auslieferung Hain bis zur Corona-Krise in jüngster Zeit viel einstecken; die Rahmenbedingungen fürs Verlegen verschlechtern sich. Da kommt dieser Verlagspreis gerade recht; er ist ein wichtiges Zeichen: dass wir in unseren Bemühungen anerkannt werden. Es ist auf jeden Fall auch die Leistung unseres Teams und der Druckerei, der ich vorhin gleich einen herzlichen Dank ausgesprochen habe. Das Preisgeld ermöglicht es uns, größere Projekte zu realisieren, Projekte wie die soeben erschienenen "Klebebilder" von Georges Perros in der Übersetzung von Anne Weber, von denen wir vermutlich sonst gerade gesagt hätten: Mhm, das ist zu riskant, das lassen wir mit Blick auf die Corona-Unwägbarkeiten lieber fallen. Das Preisgeld erleichtert aber auch die Fortsetzung von bereits begonnenen Projekten wie der zwölfbändigen Edition des Tagebuchs von Henry D. Thoreau. Ja, wir werden uns wieder mehr trauen. Insgesamt aber richte ich die Augen auf die Fußspitzen, auch wenn wir sicher eine kleine Feier machen werden.