Umfrage zur Sommervertreterreise 2020

Wie kommen Buchhandel und Verlagsvertreter*in jetzt zusammen?

5. Mai 2020
Redaktion Börsenblatt
Auf später verschieben, per Video-Chat, persönlich mit Plexiglas-Visier und Abstand – die Sommervertreterreise wird im Corona-Jahr 2020 wohl anders ablaufen als gewohnt. Wir haben im Buchhandel und bei Vertreter*innen nachgefragt. 
Verlagsvertretung Mario Max (Suhrkamp, Kein & Aber, Kampa, Wagenbach u.a.)

Die Planung steht ja im Großen und Ganzen seit Ende der Winter-/Frühjahrsreise. Absagen gibt es bei mir bis dato keine, wobei ich glaube, dass die Kolleg*innen im Sortiment – speziell in Bayern, wo die Shutdown-Regelungen im Einzelhandel ja noch eine Woche länger währten – aktuell damit beschäftigt sind, sich mit der neuen Lage auseinanderzusetzen, die Situation in ihren Läden zu optimieren, die richtigen Öffnungszeiten für ihre Kunden und sich herauszufinden und parallel den in den vergangenen Wochen verstärkten online-Shop- und Versand-Service aufrechtzuerhalten. Viele haben aktuell ja noch Kurzarbeit angemeldet.

Konkret gibt es einen in Bayern relevanten Marktteilnehmer (Pustet), der in der vergangenen Woche darum bat, im Mai und Juni auf Besuche zu verzichten und Ersatztermine später in der Saison mit den Kolleg*innen in den Filialen zu verabreden. Aber auch da wird das persönliche Gespräch als erste Wahl gesehen. 

Mit den mittlerweile eingeübten Abstands- und Hygiene-Regeln sehe ich kein erhöhtes Risiko für mich und meine Kund*innen. Ich werde also die Termine, sollte es im Zuge einer zweiten Infektionswelle im Sommer nicht zu Verschärfungen der gegenwärtigen Gegebenheiten kommen, auf alle Fälle persönlich wahrnehmen. Bewehrt mit Plexiglas-Visier auch bei sommerlichen Temperaturen Blickkontakt halten können, ausreichend Desinfektionsmittel mit mir führen und zum Blättern in Mustern und Maquetten Einmal-Handschuhe für die Buchhändler*innen dabei haben.

Seitens meiner Verlage wird übrigens großer Wert auf gedruckte Vorschauen gelegt und die aktuelle Situation nicht zum Anlass für einen Ausstieg aus dieser Form der Programm-Präsentation genommen.

Dorothee Junck, Buchhandlung Neusser Straße, Köln

Alle Vertretertermine werden wir sicherlich nicht wahrnehmen - allein schon, weil Bücherbörsen abgesagt wurden. Aber die Vertreter und Vertreterinnen, die uns über die Jahre mit wichtiger Information und Einschätzung versorgt haben, werden sicherlich neue Wege beschreiten, um hygienisch verantwortlich mit uns in Kontakt zu kommen.

Was sich geändert hat, ist unser Blick auf VLB-TIX: Wir hatten eine sehr kritische Beziehung zu VLB-TIX. In Corona-Zeiten haben wir uns angefreundet und sind auf einem Weg. Wir haben es in Phase 1 nun genutzt, um einen Überblick über die aktualisierten Auslieferungstermine zu bekommen und werden darüber sicherlich auch einen Großteil der "Pflichtverlage" bestellen. Bei den Verlagen, Vertretern und Vertreterinnen und Programmen, die das Besondere in unserem Sortiment bilden, werden wir zweigleisig fahren. Aber ein Anfang ist gemacht!

Katrin Schmidt, Buchhandlung Lesezeichen, Germering

Die ersten Vertretertermine habe ich in drei Wochen. Bis jetzt habe ich mir dazu noch nicht abschließend Gedanken gemacht, wie wir damit umgehen werden. Das für mich größte Problem ist, dass wir aufgrund der "Corona-Schichten" keine Termine in der Buchhandlung wahrnehmen können. Während ich Schicht habe, sind wir nur zu zweit - das ist gerade so ausreichend um das Kundenvolumen auf unseren 200 Quadratmetern zu bewältigen. Und an den Tagen, wo ich keine Schicht habe, kann ich nicht in die Buchhandlung - da ich zu meinen anderen Kollegen keinen Kontakt habe. 

Ich fände Zoom-Meetings ganz praktikabel, da ich das auch schon hier mit der Stadtratsfraktion und dem Vorstand im Wirtschaftsverband ausprobiert habe. Man kann auch gegenseitig auf die Bildschirme zugreifen, Kamerafunktion ist möglich, muss aber nicht eingesetzt werden. Das kann man auch gut von zu Hause machen. Auch Telefonate sind natürlich eine Option, das muss man mit jedem Vertreter individuell besprechen. 

"Tixen" wollte ich in der Sommerreise eigentlich nicht mehr, weil die momentane Performance und vor allem die Benutzeroberfläche für unsere Bedürfnisse nicht praktikabel ist und der Einkauf länger dauert. Aufgrund der sich nun verändernden Gegebenheiten, werden wir es aber noch einmal mit VLB-TIX probieren. Ich hoffe sehr, dass sich hier in der Entwicklung bald etwas tut. 

Regina Vogel, büro indiebook (vertritt Independent-Verlage u.a. in Hessen, Thüringen, Brandenburg und Verlin)

Natürlich wird der Verlauf der Reise vom weiteren Verlauf der Verbreitung des Virus abhängen. Bis heute habe ich mich bei der Reisevorbereitung mehr mit den virtuellen Konferenzen meiner Verlage und deren Programme und Fragen beschäftigt. Normalerweise würde meine Reiseplanung zu diesem Zeitpunkt komplett stehen - das sieht diese Jahr total anders aus.

Ich bin dabei, mir meine Reiseroute sehr genau anzuschauen und alle vereinbarten Termine mit den Buchhandlungen nochmal abzustimmen. Mein Bestreben ist natürlich, so viele Buchhandlungen wie möglich persönlich zu besuchen, von daher plane ich für die kommende Reise eine längere Reisezeit ein. Außerdem möchte ich den Buchhandlungen, die ich nicht besuchen kann, die Möglichkeit für gut vorbereitete Telefon- und Skypetermine geben. Hierfür werde ich feste Bürotage einplanen.

Auf dieser Reise wird Flexibilität von allen Seiten gefordert sein. Konkrete Absagen liegen mir bisher zum Glück noch nicht vor. Trotz aller Umstände, Ängste und Sorgen: Ich freue mich auf die Reise, hoffe auf viele persönliche Begegnungen und wünsche, dass wir auch bei den Gesprächen genügend Zeit finden, gemeinsam gute Bücher zu entdecken.

Verlagsvertretung Felix Wegener (Reisegiet Bayern; u.a. für Aufbau, Frankfurter Verlagsanstalt und Audiobuch)

Die Reiseplanung muss durch immer wieder neue Meldungen/Entscheidungen der Regierung und Bundesländer für den Buchhandel spontan angepasst werden. Die Termine werden in der Regel immer auf vorangehenden Reisen vereinbart und stehen im Grunde fest – Absagen gab es bei mir bisher keine. Tatsche ist aber, dass es sicher zu Verschiebungen kommen wird.

Ich bin guter Dinge, dass die Reise ab Juni stattfinden wird. Flexibilität ist sicher gefragt – aber das ist ja eine bekannte Tugend des Verlagsvertreters und auch des Buchhändlers. Ich darf für die Verlage sprechen, die ich vertrete – es herrscht eine absolut positive Stimmung starke Bücher zu verlegen für Handel und Leser. Und: „Lesen gehört zu den erfreulichen Tätigkeiten im Moment.“ (Schauspieler und Autor Matthias Brandt im Literarischen Quartett)

Die ein oder andere Bitte/Nachricht den Termin ein wenig nach hinten zu schieben gibt es, ja. Eine digitale Kommunikation ist bisher nicht angefragt. Ich halte es auch für sehr wichtig, jetzt persönlich vor Ort zu sein, Rede und Antwort zu stehen, zuzuhören und den neuen Lesestoff zu vermitteln. Endlich kommt für uns Vertreter wieder Bewegung ins Spiel und wir können nicht nur den Telefonhörer in die Hand nehmen, sondern wieder das Lenkrad, unsere Vertreterkoffer und Leseexemplare einpacken! Der persönliche Kontakt ist jetzt enorm wichtig für alle Beteiligten – auch mit Mundschutz.

Was VLB-TIX angeht, muss man klar differenzieren. Wer nutzt zurzeit VLB-TIX? Ich spreche nur für mein Reisegebiet, Bayern, und beantworte die Frage für das kleine und mittelständische Sortiment - dort sind es eher weniger. Ein durch die Pandemie herbeigeführtes neues Denken in Sachen Online-Vorschau sehe ich nicht. VLB-TIX ist sicher ein interessantes und nützliches Medium, der größte Teil freut sich allerdings sehr auf die neuen Print-Vorschauen, diese in den Händen zu halten und neues Lesematerial ausfindig zu machen.

Barbara Bacher-Zink, Vertreterin Carlsen Verlag (Bayern ohne Unterfranken)

Für die Zeit bis 14. Mai habe ich die Zusage zum Termin vor Ort von sechs Buchhandlungen, einige wollen telefonieren oder per Videokonferenz sprechen, wenige verschieben ihren Termin und eine Buchhandlung behält sich vor, sich von sich aus zu einem späteren Zeitpunkt zu melden.

Es ist spannend! Denn durch diese Veränderung muss ich bis dato nicht übernachten. Wie das mit Hotelübernachtungen endgültig sein wird, muss ich dann noch sehen. 

Da ich mich ausgesprochen guter Gesundheit erfreue und durch den Shut down fast alle privaten Kontakten nur fernmündlich wahrgenommen habe, freue ich mich sehr auf die immer anregenden Gespräche mit meinen Kunden. Ich bin froh und dankbar wieder im Auftrag des Buches, der Comics und Mangas unterwegs sein zu dürfen.

Bis dato habe ich zwar noch keinen neuen aktiven Nutzer von VLB-TIX bei meinen Kunden wahrgenommen, doch das kann noch kommen - VLB-TIX gewährt den Buchhändlern doch mehr Einblicke in die Bücher, als die gedruckte Vorschau. Vielleicht werden zur Vorbereitung von Video-Konferenzen oder Telefonaten doch eher die umfangreicheren Online-Vorschauen genutzt. 

Claudia Kleene, Bücherinsel, Dieburg 

Wir haben noch nicht abschließend entschieden, wie wir in dieser Saison mit Vertreterreisen umgehen. Es sind noch zuviele Fragen offen: Wie arbeiten wir die nächsten Monate? Zur Zeit arbeiten wir im Zwei-Schicht Betrieb. Wie entwickeln sich die Umsätze unter den Beschränkungen? Und wie lange halten diese noch an? Das sind nur einige der Fragen, auf die wir noch keine Antworten haben.

Sicher ist aber: Wir werden VLB-TIX stärker als bisher einsetzen. Auch die telefonische Beratung mit den Vertretern werden wir nutzen und vermutlich auch einige Vertreter empfangen.

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