Die Sonntagsfrage

"Brauchen Frauen 2020 noch eigene Netzwerke, Frau Beck?“

31. Januar 2020
Redaktion Börsenblatt
30 Jahre BücherFrauen – der Verein bündelt die Interessen von etwa 900 Frauen, die angestellt oder freiberuflich mit Büchern zu tun haben. Mit dabei: die Schriftstellerin und Culturbooks-Verlegerin Zoe Beck. Warum Frauen auch 2020 noch eigene Netzwerke brauchen, klärt sie in der Sonntagsfrage.  

Wann haben Sie zuletzt etwas von Frauenseilschaften gehört? Von Frauen, die sich gegenseitig Jobs mit sechs- bis siebenstelligen Jahresgehältern zuschachern? Genau. Ich auch noch nie. Aber über Männer, die sowas machen, steht gerade frisch was im "Spiegel". Und dass dies den Konzernen extrem schadet, ist weder neu, noch ändert diese Erkenntnis irgendetwas. Was glauben Sie, warum eine Frauenquote auf Führungsebene so extrem unbeliebt ist? Man möchte unter sich bleiben.

Kennen Sie die Studie zum Thema "Frauen in Kultur und Medien", die von der BKM beim Deutschen Kulturrat 2016 in Auftrag gegeben wurde? Wenig überraschend stellte sich dabei heraus, dass Frauen in diesen eigentlich eher frauenlastigen Bereichen ganz und gar nicht gleichgestellt sind. Nicht in den Chefredaktionen, nicht an den Hochschulen, eigentlich nirgendwo, wenn es um Macht und Geld geht. Daher auch nicht, wenn es um relevante, dotierte Preise geht.

Wie gut, dass seit einigen Jahren Frauen zählen. Sie zählen beim Film, bei Konzerten, bei Preisverleihungen, bei Panels, auf Fotos, in Museen, wie das Geschlechterverhältnis ist. Bei der Literatur zähle ich mit, ich zähle zusammen mit anderen, wie oft ein Literaturpreis an wen gegangen ist, und weil dann immer gleich die Frage kommt, was denn das Geschlecht mit der Qualität eines Textes zu tun hat, wird von uns auch nach den Ursachen geschaut: Wie viele Bücher von Frauen erachten Verlage als relevant genug, um sie ins Hardcover zu bringen, damit sie von der Presse beachtet werden? Damit sie für Preise eingereicht werden können? Wie viele Bücher von Frauen werden eigentlich im Schulunterricht gelesen, wo der Grundstein für die Einschätzung, was (bildungs-)relevant ist, gelegt wird? Wie sieht es mit Texten von Frauen in den literaturwissenschaftlichen Studienfächern aus? Wie mit Texten von Frauen im Bereich der Sach- und Fachliteratur? Und weil diese Ungleichverteilung sicherlich nicht daran liegt, dass Frauen dümmer sind, müssen die Ursachen weiterhin benannt werden. Mag sein, dass es nervt, wenn wir ständig zählen, aber ganz ehrlich, uns nervt es auch, dass wir das überhaupt machen müssen.

Wenn ich so kollektiv "wir" sage, meine ich damit viele Kolleginnen aus der Branche, die ebenfalls in Frauennetzwerken wie den Bücherfrauen organisiert sind. An solchen Orten entstehen Diskussionen, entstehen Ideen, dort vernetzt man sich und stärkt sich. Vernetzung ist übrigens etwas, das viele Frauen erst lernen müssen. Sie kennen andere Frauen bisher nur als Konkurrentinnen, seltener als solidarische Unterstützerinnen oder Mentorinnen.

Bei den Bücherfrauen geht es deshalb auch darum, sich gegenseitig zu stärken und ein Miteinander aufzubauen. Indem wir Erfahrungen austauschen, uns auf Jobausschreibungen aufmerksam machen, über Honorare reden, andere Frauen für Panels oder Moderationen vorschlagen, damit nicht nur Männer das Wort haben. Damit Frauen in ihrem Tun sichtbarer werden. Nun drängt sich die Frage auf, warum es ein Frauennetzwerk in einer Branche braucht, in der zu fast 80 Prozent Frauen arbeiten? Die Antwort finden Sie weiter oben.

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