Kurz vor der Buchmesse mit dem Gastland Katalanische Kultur war ich von Iwanowskis »Barcelona«-Band so angetan, dass ich geschrieben habe: Gleich nach der Messe fahre ich nach Barcelona. Jetzt haben Buchhändler nachgefragt, was denn eigentlich daraus geworden sei? Hier also die Antwort: Ich bin dagewesen, die Stadt war hochinteressant und der Reiseführer so hilfreich, dass ich fortan für die kleine Gruppe von Freunden den Guide machen musste. Das hat man davon ... Aber Spaß hat es gemacht und verlaufen haben wir uns auch nie.
Den heutigen Komfort hatten die Reisenden vor 100 Jahren selbstverständlich nicht. Aber sie hatten Reiseziele, die ihnen unglaublich fremd und exotisch schienen, die für uns heute in wenigen Flugstunden zu erreichen sind. »Weltreise 1900 in farbigen Bildern« beschreibt in ebenso stimmungs- wie eindrucksvollen Fotografien eine teilweise untergegangene Welt mit Menschen in landestypischen Kleidungen, mit unberührten Landschaften, mit später zerstörten Gebäuden. Photochrome hießen die Bilder, ein Kolorierungsverfahren, das der Schweizer Verlag Orell Füssli 1900 auf der Weltausstellung in Paris vorgestellt hatte und das die Darstellungen der bisherigen Schwarz-Weiß-Photographien zum ersten Mal in Farbe wiedergab.
Der großformatige, schwere Prachtband zeigt die unterschiedlichsten Orte, meist in Europa, aber auch von Malaysia bis Kuba. Wasserpfeife rauchende Männer in einem Kaffeehaus von Konstantinopel, hastende Menschen in der Kasbah von Tanger, eine Badegesellschaft in Norderney, Walfänger am Strand von Skaarö, ein Kirchweihfest in in Bosnien: Der Betrachter fühlt sich wie mit einer Zeitmaschine zurückversetzt. Marktplätze, Menschen, Landschaften die Mischung ist gelungen. Geschichte wird anschaulich.
Stefan Hauck
Marc Walter, Sabine Arqué: Weltreise 1900 in farbigen Bildern. Gerstenberg Verlag, 384 S., 314 farb. Abb., 44 Euro
Weitere Buchtipps finden Sie hier!
