Was war Ihre Motivation für das Buch?
Als Personalentwicklerin habe ich Einblick in Firmen unterschiedlichster Branchen. Die Wirtschaft ist voller Veränderungen, eine Restrukturierung jagt die nächste. Ich bin immer wieder entsetzt, wie Mitarbeiter auf diese Veränderungen reagieren, wie sehr sie sich als Opfer fühlen und immer unzufriedener werden. Das bricht mir das Herz.
Sie unterscheiden zwischen Feiglingen, die jeden „Change“ hinnehmen und ein Unternehmen dadurch über kurz oder lang implodieren lassen, und „Top-Arbeitnehmern“, die immer wieder Fragen stellen und Kritik äußern. Ist es eine Frage der Firmengröße, mit welcher Spezies wir es zu tun haben?
Nicht unbedingt. Dennoch stelle ich fest: Je größer ein System ist, desto schwerer fällt es offenbar, Veränderungen zu kommunizieren. In solchen Fällen tobt schnell die Gerüchteküche, Angst und feiges Verhalten werden geschürt. In kleineren Systemen ist die Kommunikation offener, die Menschen trauen sich eher, Fragen zu stellen.
Der patriarchalische Mittelstandsunternehmer alter Schule hat also nicht zwingend mehr Feiglinge unter sich?
Nein. Im Gegenteil: In vielen Startups, die sich ihrer Hierarchien befreit haben, herrscht eine viel größere Angstkultur und ein größerer Druck, sich beweisen und profilieren zu müssen.
Wie können ältere Mitarbeiter dem Wandel in der Arbeitswelt couragiert entgegentreten und Klarheit über die eigenen Ressourcen gewinnen, wie Sie schreiben?
Gerade ältere Kollegen entwickeln, wenn man sie dazu einlädt, oft ein hohes Bewusstsein bezüglich ihrer Stärken. Ihre Sorge ist eher, dass diese Stärken im Kontext der Veränderungen nicht mehr wertgeschätzt werden, eben weil sie zur älteren Garde gehören.
Sie raten dazu, unbequem zu sein, auch mal illoyal, wenn bestimmte Veränderungen nicht überzeugend sind. Ist das nicht auch eine Frage des jeweiligen Charakters?
Ich sage immer: Werde, der du werden kannst – frei nach dem gleichnamigen Buch von Werner Rautenberg und Rüdiger Rogoll. Jeder muss für sich spüren, wo die eigene Grenze liegt. Jeder hat mal einen Montag, an dem er keine Lust hat. Aber wenn ich mich tagtäglich mies fühle im Job, dann muss ich etwas tun – schon allein für meine Lebensqualität. Mir geht es darum, dass Menschen ihre eigene Zufriedenheit im Blick haben und ihren persönlichen Erfolg – wie auch immer sie dies definieren. Viele geben diese Verantwortung gegenüber sich selbst jeden Morgen an der Firmengarderobe ab. Das ist weder für den Mitarbeiter gut, noch für das Unternehmen. Change-Prozesse lassen sich so jedenfalls nicht umsetzen.
Dann ist es am Ende vielleicht besser, zu kündigen?
Ja, aber in echt. Das hat eine gewisse Konsequenz. Das Schlimmste ist die innere Kündigung und trotzdem weiter jeden Tag zur Arbeit zu gehen.
Nicole Pathé ist Coach, Speakerin und Expertin für das Thema „Klarheit und Courage im Business“. Mit ihrer Firma pingcom hat sie sich auf Personal- und Führungskräfteentwicklung spezialisiert. Zu ihren Kunden gehören Banken, Dienstleister sowie mittelständische Unternehmen unterschiedlicher Branchen. „Vom Mitarbeiter zum Mitgestalter“ ist ihr zweites Buch.