In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, verweist der Filialist darauf, dass die Fusion der beiden Buchhandelsfirmen (zusammen mehr als 350 Standorte im deutschsprachigen Raum) nach der nun vorliegenden Genehmigung der Kartellbehörden zum 31. Mai als vollzogen gelte. Deshalb wolle man die Verlage darüber informieren, dass man "zukünftig einheitlich die Thalia-Konditionen zur Anwendung" bringe.
Um der "aufwendigen Integration" von unterschiedlichen Buchhaltungsprozessen und Systemen Rechnung zu tragen, soll außerdem bis zum 13. Dezember eine Sondervaluta von 30 Tagen greifen.
Die Frage, die sich jetzt für die Verlage stellt: Können Verträge, die sie mit der Mayerschen geschlossen haben, einfach ohne Kündigung geändert werden?
Für Christian Russ, Preisbindungstreuhänder der Verlage, hängt die Antwort maßgeblich davon ab, was sich bei der Fusion rechtlich vollzogen hat:
- Seien beide Unternehmen zu einer verbleibenden Firma "Thalia" verschmolzen, würden Verträge der Mayerschen auf Thalia übergehen.
- Habe Thalia dagegen nur Geschäftsanteile der Mayerschen erworben (für Russ nach den vorliegenden Erkenntnissen der wahrscheinlichere Fall), würden rechtlich zwei verschiedene Unternehmen am Markt agieren: "Dann würden die mit der Mayerschen geschlossenen Verträge der Verlage weiter laufen."
Eindeutig klären lasse sich die Lage derzeit nicht, weil Thalia dazu keine Auskunft gebe, so Russ. Er empfiehlt betroffenen Verlagen deshalb, die bestehenden Vereinbarungen gründlich zu prüfen. Ein "Automatismus" jedenfalls sei bei der geplanten Ausdehnung der Thalia-Konditionen auf die Mayersche aus juristischer Sicht keineswegs gegeben.
im Editorial bekunden Sie Ihr Missfallen, weil und wie nach dem Verkauf der Mayerschen an Thalia die Vereinheitlichung der Konditionen bei den Verlagen angemahnt wird. Aus meiner Sicht ist das doch eine Selbstverständlichkeit, Marktmacht hin oder her. Wie soll das denn sonst gehen?
Interessant finde ich an dem Vorgang aber, dass es hier ein "Händler" wagt, in Stil und Inhalt so mit einem "Verlag" umzugehen, wie das Verlage seit Jahrzehnten als gutes Recht gegenüber Händlern ansehen ("...ab dem 1.12. passen wir unsere Konditionen an und gewähren.... künftig...." etc. Keine Gespräche, keine Verhandlung, kein Verständnis).
Fast möchte ich zum Vorgang also "BRAVO" rufen, wäre es nicht so ernst, mit der Konzentration. Ihr Erstaunen, lieber Herr Casimir, Ihre Kritik am Schreiben zeigt mir eigentlich nur, wie wenig Ihnen der tägliche Umgang der Beteiligten miteinander vertraut ist. Darf ich Sie zu einem Besuch einladen?
Mit freundlichen Grüßen aus Köln,
Ihr Christian Preuss-Neudorf, vub | Wissen mit System, Sedanstr.31-33, 50668 Köln
mir geht es nicht um Gefallen oder Missfallen, auch nicht um die Frage, ob die Freude am Konditionendiktat mehr auf Produzenten- oder mehr auf Händlerseite herrscht. Mich interessiert, was passiert, wenn man unschönes Miteinander anfängt, öffentlich zu erörtern. Einige machen bereits mit, was mich freut. Das Experiment ist auf längere Dauer angelegt. Sprechen wir doch dem Faktischen einfach mal seine normative Kraft ab. Das wird zwar nichts an Machtverhältnissen ändern, aber vielleicht an Kommunikationsverhältnissen.
Hinzu kommt im konkreten Fall, dass der Vorgang, der Ihnen wie eine Selbstverständlichkeit vorkommt, jedenfalls nach ersten vorsichtigen Kommentaren befragter Juristen womöglich gar keine Selbstverständlichkeit ist. Sondern eine Fragwürdigkeit: Wurde die Mayersche mit Thalia verschmolzen? Dann wären tatsächlich alle bisher mit der Mayerschen bestehenden Verträge und Geschäftsbeziehungen gewissermaßen lost in transition. Falls aber Thalia nur Geschäftsanteile der Mayerschen erworben hätte, käme zum schlechten Briefsound noch die schwache Rechtsposition.
Wir wollen versuchen, das herauszubekommen.
Schöne Grüße aus dem Haus des Buches
Ihr Torsten Casimir
Mmmmh: Als bekennender Liberaler kann ich Ihre Gedanken in der Theorie teilen, aber wir wissen alle, wer von den anderen Beteiligten in der Praxis alsbald die Zeche zahlen wird. Dies werden u.a. in Sachen AMAZON, THALIA/MAYERSCHE oder DEAL neben vielen anderen Sortimentern, Fach- und Versandbuchhändlern etc. eben auch die bislang in ganz bestimmte Richtungen so großzügigen Verlage selbst sein - die wollen es bloß noch nicht bemerken!
Die Digitalisierung zeigt, dass die Verwertungsmöglichkeiten von „Content“ generell schier unendlich sind, die Erzeugung von qualitativem und nicht austauschbarem „Content“ ist es leider nicht bzw. ein wenig mühsamer. Dies gilt für Belletristik wie für Sach- und Fachbuch. Das haben aber noch nicht alle begriffen und so laufen wir in der Tat dem „Content“ hinterher und aktuell ganz gewaltig auf eine Konzentration zu, die in vielerlei Hinsicht für fast alle Marktbeteiligen sehr ungesund ist.
Schön, dass Sie angesichts der üblen Entwicklungen nur fast BRAVO riefen…
Jens Bartsch – Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln