Opfer des Kolonialismus
Auch Jonathan Robijn bewegt sich weg von konventionellen Genreformen: "Kongo Blues" (Nautilus, März, ca. 192 S., ca. 18 Euro) ist kein klassischer Krimi mit zielgerichteter Ermittlung. Vielmehr will der Protagonist die Verbrechen, um die es geht, vergessen. Die Spannung bezieht der Kriminalroman dadurch, dass man im Dunkeln tappt, aber unbedingt wissen will, was die Figuren antreibt.
Es ist ein leiser, berührender Roman, der seine Leser in die melancholische Unbestimmtheit des Jazzpianisten Morgan in Brüssel im Januar 1988 führt, in ein nahezu ereignisloses Leben. Mit einem Mal aber taucht eine junge Frau auf, nistet sich in Morgans Wohnung ein, verschwindet wieder, kehrt zurück, ohne dass klar wird, was sie will. Erst allmählich gibt Robijn sein Thema preis: die Kolonialgeschichte Belgiens und deren grausame Folgen für Kinder wie Morgan, die einen weißen Vater haben, ihren afrikanischen Müttern weggenommen und zur Adoption in Europa freigegeben wurden. Dem Autor geht es um Identität, um Rassismus und Ausbeutung, um Schuld und darum, dass die Opfer jetzt erst und nur zögerlich Gehör finden.