Statt der Plastikfolie wird es eine kleine Klebeklammer zwischen Vorder- und Rückseite des Buchdeckels geben – als Frischesiegel, das dem Kunden den Neuwert des Produkts anzeigen soll.
Diskutiert wird die Frage, ob es nicht an der Zeit sei, Bücher mit steifem Einband uneingeschweißt auszuliefern und zu verkaufen, seit Jahren. Aber die Behauptung ökologischen Bewusstseins fällt der Branche bisher leichter als der Beweis. Nun geht der Chef einer der drei großen Buchverlagsgruppen hierzulande voran. Christian Schumacher-Gebler, CEO von Bonnier Media Deutschland, hatte die Idee zum unverpackten "Muttertag", der immerhin mit einer Auflage von 300.000 Exemplaren an den Start gebracht wird. Schumacher-Gebler ist überzeugt, dass dem Beispiel viele folgen werden. "Ich verstehe es nicht, warum wir das in Deutschland immer noch machen mit der Folie. In wichtigen Auslandsmärkten, Großbritannien zum Beispiel und Skandinavien, funktioniert das Hardcover-Geschäft auch ohne Plastik." Im Taschenbuch funktioniert es ohnehin. Ohne Kundenklagen.
Peu à peu will Bonnier nun die plastikfreie Premiumstufe in der Verwertungskette Buch durchsetzen. Im Frühjahr 2019 sollen laut Schumacher-Gebler "möglichst viele Novitäten von Piper und Ullstein ohne Folie in den Markt gehen". Auch Carlsen solle perspektivisch folgen. Die Hamburger setzen bisher vor allem bei Büchern mit Schutzumschlag, die auf den Belletristik-Tischen landen, noch auf die Folie. Begrenzender Faktor bei der Umstellung sei aber nicht etwa mangelnde Entschlossenheit der Verlage, sondern die Kapazität in den Druckereien. "Das Aufbringen des Labels kostet Zeit, und vollautomatische Lösungen gibt es noch nicht", so der CEO im Gespräch mit boersenblatt.net.
Seine Star-Autorin Nele Neuhaus ist von der Idee begeistert. "Ich freue mich, mit meinem Buch eine Art Vorreiter sein zu dürfen", sagt sie. Und appelliert an den Wettbewerb, dem guten Beispiel zu folgen. Ablehnung durch die Kunden fürchtet sie nicht. "Ich denke, dass sich die Leserinnen und Leser mit dieser Aktion identifizieren können und akzeptieren, wenn Hardcover demnächst genauso daherkommen wie Taschenbücher."
Die Vermutung, dass mit dem Folienverzicht auch eine Kosteneinsparung verbunden sein könnte, geht Schumacher-Gebler zufolge fehl. Die Klebeklammer, welche den Deckel zusammenhält, sei "teurer als die Schutzfolie. Wir investieren somit erst einmal in den Umweltschutz." Die Hoffnung des Bonnier-Geschäftsführers ist es allerdings, dass die Kundschaft den Sinn für den Wegfall der Folie irgendwann so "verinnerlicht haben wird, dass auch das Siegelband wegfallen kann. Das dauert aber bestimmt ein halbes Jahr, und bis dahin wird es für uns teurer."
Bleibt zu hoffen, dass die uneingeschweißte Ware ihren Weg auf den Paletten künftig ohne größere Transportspuren übersteht. Ein Kratzer auf dem Cover mindert zwar nicht die Wertigkeit eines guten Neuhaus-Krimis, aber bis zu dieser abstrakten Gelassenheit ist noch ein Stück Bewusstseinsarbeit zu leisten. Schätzungsweise nicht nur bei der Käuferschaft, sondern auch bei den Buchhändlerinnen und Buchhändlern, ohne deren Einverständnis und Engagement es die Öko-Geste Bonniers auf Dauer schwerhaben würde.
"Books cannot die" ... schrieb mir mal ein englischer Grossist, der außer mit Büchern wohl hauptsächlich mit mehr oder weniger exotischen Tieren handelte.
Ich weiß aber eines: Staub frisst Bücher auf! Transport und Gabelstapler sind ebenso gefräßig! Die so angefressenen Bücher denke ich mir mit "Frische-Label" geradezu - - ja, was würde wohl Valentin sagen, hätte er ein derart Label-Verziertes Buch mit Staub und Spinnweben angereichert in der Hand.
Zudem wird der Versand von Büchern bemerkenswert laxer gehandhabt als früher.. Also hoffen wir auf die Unsterblichkeit von Literatur- und was die Kunden dann als "Frische" definieren. Fürchte, sie wollen dann lieber "ein ganz Neues" - etwas "eher "Richtiges" - soll ein Geschenk sein, sagen sie, nachdem sie zwar beim Daran-Riechen nichts mehr oder weniger Frisches selbst kontrollieren können (nachdem sie hinein geschaut haben).!
Ich fürchte hier ist viel lobenswertes Engagement nicht unbedingt praktisch - und - Entschuldigung - irgendwie letztlich auch ein bissel komisch.Vor allem muss man "Frische-Label" dann wohl auch kartonweise bunkern - für jene Exemplare, die, eben mal aufgemacht - wieder "frisch-gemacht" werden müssen, damit sie "nicht welken? Oder an der Kasse: Bitte machen Sie mir das Buch frisch".
Ich sehe da nicht besonders hoffnungsvoll in die Zukunft - aber wünsche dabei nur das Allerbeste
Ingeborg Gollwitzer -
zumindenstens in München angekommen. Der kleine feine Quickborn Verlag aus Hamburg hat bereits Mitte September sein komplettes Hardcover Programm ohne Folie ausgeliefert, er ist mit gutem Beispiel vorangegangen, mögen viele weitere folgen.