Nach Karlsruher Aus für Klage gegen BGH-Urteil zum Verlegeranteil

Börsenverein: "Jetzt ist die Politik am Zug"

5. Juni 2018
Redaktion Börsenblatt
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem heute veröffentlichten Beschluss entschieden, eine Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Ausschüttungspraxis urheberrechtlicher Verwertungsgesellschaften nicht zur Entscheidung anzunehmen. Der Börsenverein bedauert die Entscheidung, mit der die Rechtsmittel ausgeschöpft sind.

Im Verfahren vor dem Verfassungsgericht ging es um die Frage, ob Verlage eine Vergütung erhalten können, wenn ihre Werke privat kopiert, durch Bibliotheken verliehen oder sonst in gesetzlich erlaubter Weise genutzt werden. Dies war seit Ende der 1950er Jahre gelebte Praxis. Der BGH hatte den Verlagen ihre Ansprüche 2016 in einem gegen die Verwertungsgesellschaft (VG) WORT ergangenen Urteil jedoch aberkannt. 

"Wir bedauern die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Damit sind sämtliche Möglichkeiten, auf dem Rechtsweg eine Wiederherstellung der Beteiligung der Verlage an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften für gesetzlich erlaubte Nutzungen ihrer Werke zu erreichen, ausgeschöpft", erklärte dazu der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis. "Verlage brauchen kurzfristig eine gesetzliche Klarstellung, dass ihnen eine Beteiligung an diesen Ausschüttungen zusteht. Andernfalls droht der Zerfall gemeinsamer Verwertungsgesellschaften von Urhebern und Verlagen."

Die zurzeit in Deutschland geltende Übergangsregelung löse das Problem leider nicht. "Mehr denn je sind die Verlage jetzt darauf angewiesen, dass der Gesetzgeber sich um eine eindeutige nationale Regelung bemüht." Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag zugesichert, sich für eine schnelle gesetzliche Regelung auf EU-Ebene einzusetzen. Wir fordern sie auf, den Druck in Brüssel zu erhöhen und zugleich im nationalen Recht tätig zu werden", so Alexander Skipis.

Die ausbleibenden Einnahmen gefährdten die Existenz und Arbeit gerade vieler kleiner Verlage. "Langfristig wird Verlagen nichts übrig bleiben, als an anderen Stellen zu sparen, etwa an der Programmvielfalt oder den Autorenhonoraren. Das kann niemand wollen", führte Skipis weiter aus. "Die bewährte partnerschaftliche Zusammenarbeit von Autoren und Verlagen leidet schon jetzt massiv unter dem BGH-Urteil. Verwertungsgesellschaften wie die VG Wort haben auf Basis dieser Rechtsprechung keine Zukunft."

Zum Hintergrund der Verfassungsbeschwerde

Der Verlag C.H. Beck hatte die Verfassungsbeschwerde eingereicht, unterstützt vom Börsenverein. Sie richtete sich gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21. April 2016, nach dem Verlage kein Recht auf einen Anteil an den Ausschüttungen der VG Wort haben. Mittelbar waren durch diese Entscheidung auch andere gemeinsame Verwertungsgesellschaften von Autoren und Verlagen wie die GEMA, die VG Bild-Kunst oder die VG Musikedition betroffen. Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist das Urteil des BGH nun unanfechtbar.

Die benötigte Klarstellung zur Verlegerbeteiligung ist im Entwurf einer EU-Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt enthalten, dessen Beratungen in Brüssel sich derzeit in der Endphase befinden. Ein neueres Urteil des Europäischen Gerichtshofs erlaubt es dem deutschen Gesetzgeber nach Ansicht von Experten inzwischen aber auch ohne die geplante Neuregelung, die Verlegerbeteiligung an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften in Deutschland wieder herzustellen.