Sie verlegen Lyrik und andere besondere, oft leise, selten massentaugliche Texte – und geraten zunehmend unter Druck: die kleinen unabhängigen Verlage. Insbesondere für sie gehe es immer mehr ans Eingemachte, ums wirtschaftliche Überleben, hieß es im Anschluss an die Tagung „Verlegen als künstlerisches Projekt“.
Nicht nur gehen die Zahlen von Lesern zurück, Indie-Titel seien zudem kaum in (großen) Buchhandlungen präsent. Belastend für die Kleinen sei auch das BGH-Urteil zur VG-Wort: der Verlust wichtiger Ausschüttungen und die Verpflichtung zu Rückzahlungen an die Verwertungsgesellschaften.
Noch etwas komme für Verlage mit literarischen Ansprüchen hinzu: „Wir arbeiten eher wie Künstler und nehmen große Risiken nicht nur für einzelne Titel, sondern ganze Programme auf uns“, betonte der Düsseldorfer Lilienfeld-Verleger Axel von Ernst. Mit seiner Mitverlegerin Viola Eckelt und mit der Berliner AvivA-Chefin Britta Jürgs zog er ein Fazit der zweitägigen Veranstaltung.
„Eine Förderung für Verlage wie für Theater, Kinos und inzwischen auch Buchhandlungen gibt es nicht in Deutschland“, erklärte Axel von Ernst. „Die unabhängigen Verlage leben von großem persönlichen Einsatz, an der Grenze zur Selbstausbeutung oder über sie hinaus.“ Ursula Sinnreich, Generalsekretärin der Kunststiftung NRW, hat das im Blick – ebenso, dass mit den unabhängigen Verlagen Lesekultur und literarische Vielfalt gefährdet seien: „Es besteht Handlungsbedarf – jetzt!“
Input aus Österreich und der Schweiz
Unabhängige Verlage brauchen Förderung, das war eines der zentralen Themen: nicht nur Projektförderung wie Druckkostenzuschüsse oder Hilfen für Übersetzungen, sondern eine nicht-projektgebundene Unterstützung. „Ebenso Aufmerksamkeit und ein Bewusstsein der Öffentlichkeit für das, was sie leisten und warum sie wichtig sind“, so Sinnreich.
Um hier weiterzuhelfen, hat die Kunststiftung NRW zu der Tagung nach Düsseldorf eingeladen. Ziel waren der Austausch unabhängiger Verleger, Problemanalysen und das Erarbeiten von Lösungsansätzen.
Vorausgegangen war eine erste Tagung vor einem Jahr: Damals lud die Kunststiftung NRW zehn Verleger ein. Weil klar wurde, wie groß die Herausforderungen sind, sollte das Gespräch jetzt in einem größeren Rahmen fortgesetzt werden, mit Teilnehmern nicht nur aus Nordrhein-Westfalen, sondern aus ganz Deutschland. Zudem kam Input aus der Schweiz und aus Österreich, in denen es, anders als in Deutschland, Verlagsförderungen gebe.
Preis für unabhängige Verlage
Die 64 Teilnehmer bündelten die Ergebnisse der Tagung in der „Düsseldorfer Erklärung unabhängiger Verlage“. Der erste Satz bringt deren Kern zum Ausdruck: „Literatur ist ein förderungswürdiges Kulturgut“. Daraus folgt als zentraler Vorschlag die „Einrichtung eines Preises für unabhängige Verlage analog zum Deutschen Buchhandlungspreis“. Auch hier soll es um eine breite Förderung und um Aufmerksamkeit für die Bucharbeiter gehen.
Weitere Vorschläge und Wünsche der Indie-Verleger sind:
- Eine Sichtbarkeitskampagne für unabhängige Verlage
- Die Sicherung der Bibliodiversität als Grundlage für eine funktionierende demokratische Gesellschaft
- Der Aufbau einer „Bundeszentrale für literarische Bildung“
- Die Installierung eines unabhängigen digitalen Systems als Plattform, um die kulturelle Vielfalt zu erhalten und eine demokratische Wissens- und Informationsgesellschaft zu fördern
- Die Anerkennung von E-Books als Kulturgut
- Die Einrichtung von Austauschforen
- Der Aufbau von Beratungsangeboten und Mentoringprogrammen.
„Reden wir über Geld!“
Die Arbeitstagung in Düsseldorf war der Startpunkt. Jetzt muss es darum gehen, dass die Verleger ihre Anliegen in die Öffentlichkeit bringen und ihre Ziele umsetzen. „Die Kurt Wolff-Stiftung wird versuchen zu helfen“, versprach Britta Jürgs, Vorsitzende des Vorstands. Erste Hinweise, Tipps, Erfahrungsberichte für politische Überzeugungsarbeit gab es bereits während der Tagung: durch Fritz Behrens, Präsident der Kunststiftung und ehemaliger NRW-Minister.
Die Kunststiftung will kleine unabhängige Verlage auch weiterhin unterstützen. Als Nächstes lädt sie mit der Buchmesse Leipzig zu einer Podiumsdiskussion ein: „Reden wir über Geld! Förderung für unabhängige Verlage?“. Die Veranstaltung findet am 15. März um 14 Uhr im Congress Center der Leipziger Messe im Rahmen der Veranstaltungsreihe „bücher.macher“ statt. Auf dem Podium sitzen Isabel Pfeiffer-Poensgen (Ministerin für Kultur und Wissenschaft NRW), Daniel Beskos (Mairisch Verlag), Anna Jung (Verlag Jung & Jung), Dani Landolf (Geschäftsführer Schweizer Buchhändler und Verlegerverband) und Michael Naumann (Gründungsdirektor Barenboim-Said-Akademie).