#yeaward18: Die Nominierten (2)

Felix Wegener: "Ich bin ein Aktivbolzen"

17. Januar 2018
Christina Busse
Er hat im Buchhandel gearbeitet und in mehreren Verlagen, er hat Onlinemarketing gemacht und reist heute als Verlagsvertreter durch Bayern: Felix Wegener ist gerade mal 33 Jahre alt, kennt die Branche aber schon von vielen Seiten.

300 Buchhändler hat er in den vergangenen Wochen kontaktiert. Sich vorgestellt, Besuche terminiert. Am 2. Januar hieß es dann für ihn, das Auto volltanken, den Kofferraum voller Bücher packen, das gute Sakko anziehen und dann „mit viel Speed“, wie er sagt, die Buchhandlungen in Bayern  ansteuern. Felix Wegener ist neu eingestiegen in seinen Job als Verlagsvertreter. In der Branche ist der 33-Jährige alles andere als ein Neuling. „Zurück zu den Wurzeln“, heißt seine Devise: „Bei Pustet haben sie sich tierisch gefreut, dass ich jetzt als Vertreter zu ihnen komme.“ Dort, in der Filiale in Regenburg, hat er mit 16 Jahren seine Ausbildung zum Buchhändler begonnen.

Vorbild war sein Vater, der selbst über 40 Jahre lang im Metier war, erst bei Otto Spatz in München, dann Geschäftsführer bei Pustet in Straubing. Heute, als Rentner, bekommt er von seinem Sohn Leseexemplare in die Hand gedrückt, seine Meinung ist Sohn Felix viel wert. „Natürlich gehört zum Beruf vor allem viel Lesen, dann die Teilnahme an Vertreterkonferenzen, es ist aber auch unheimlich viel Organisation“, hat Wegener schon in der Vorbereitung auf seine neue Tätigkeit festgestellt. Der Reiz liege für ihn vor allem darin, als Sprachrohr zwischen Verlag und Buchhandel zu agieren. „Ich hatte schon als Buchhändler größten Respekt vor der Vertreterriege“, betont Wegener. Der enge Zusammenhalt der Handelsvertreter untereinander imponierte ihm. Aus seiner Zeit als Jungbuchhändler, der bei Pustet in der Belletristik zu finden war, konnte er so manchen als Mentor gewinnen, den er heute zu seinen Vorbildern zählt, die Verlagsvertreter Wolfgang Willmann und Mario Max ebenso wie seinen Ausbilder Hannes Völklein.

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   "Schon als Buchhändler hatte ich größten Respekt für die Vertreterriege."  

Herausforderung gesucht

Nach der Lehre sammelte er berufliche Erfahrung in London und Berlin. Der Berlin Verlag mit Verlegerin Elisabeth Ruge beeindruckte ihn sehr. „Aber mit der Stadt bin ich nicht warm geworden. Vielleicht war ich mit 19 Jahren auch einfach noch zu jung“, überlegt er. Nach fast vier weiteren Jahren bei Pustet in Passau wurde ihm während einer Taschenbuch-Fortbildung angeboten, im Piper Verlag als Vertriebsassistent einzusteigen. Ohne zu zögern habe er eingeschlagen, genauso wie er dreieinhalb Jahre später – inzwischen als Key Account Manager für Österreich, die Schweiz und Südtirol - die Chance ergriff, im Antje Kunstmann Verlag als Werbeleiter tätig zu werden. „Ein Sprung ins kalte Wasser“, gibt Wegener zu, aber die Aussicht darauf, seine Kreativität auf hohem Niveau zu beweisen, forderte ihn heraus. Nach weiteren drei Jahren wechselte er zu Ars Edition, baute das Online-Marketing des Verlags auf.

 

„Ich war schon immer marketingbegeistert“, erklärt Wegener, „und habe dabei stets versucht, über den Tellerrand zu blicken.“ Experimentieren und auch Neues wagen, gehörte von jeher für ihn dazu. Im Winter 2014 „kaperte“ er mit Gleichgesinnten der Gruppe Kulturkonsorten eine Münchner Eisdiele. Statt Erdbeer und Straciatella gab es dort dann unter dem Namen „Eisfrei“ Bücher und Kulturprogramm. 2015 gründete er mit Direttissima seine eigene Agentur für Online-Marketing, im folgenden Jahr hob er die Direttissima-Konferenz zur Digitalisierung der Medien- und Publishingbranche aus der Taufe. Mit einem knappen halbem Jahr Vorlauf stellte er das Event auf die Beine: Im April 2016 dreht sich bei der Direttissima-Premiere in der Alten Kongresshalle in München alles rund um die digitale Gegenwart und Zukunft. Rund 400 Teilnehmer tauschten sich mit den 17 Referenten und untereinander aus, so wie es das Konzept unter dem Motto „Transfer it!“ vorsah. Dabei ging es vom Mut zum Scheitern über digitale Empathie bis hin zu Plagiaten und Konkurrenz. Als Unterstützer hatte er sich namhafte Partner ins Boot geholt, darunter Microsoft, Bonnier Media Deutschland, der Landesverband Bayern des Börsenverein des Deutschen Buchhandels, die Frankfurter Buchmesse und die Jungen Verlagsmenschen. Mit viel Energie brachten die beiden Münchner ihr Projekt zum Erfolg.

 

Online ja, aber nicht permanent

„Ich bin ein Aktivbolzen“, beschreibt sich Wegener selbst, und ohne Sport ginge es nicht. Am liebsten Fußball oder Joggen, auf jeden Fall „etwas mit den Füßen am Boden.“ Aber gleichzeitig wurde ihm klar: „Um als Freier in der digitalen Welt bestehen zu können, muss man stetig online sein. Das wollte ich meiner Familie nicht antun.“ Mit Frau und drei Kindern im Alter von vier und sieben Jahren lebt Wegener seit einem Jahr in bester Patchwork-Manier im Münchner Stadtteil Bogenhausen zusammen, kennengelernt haben sie sich auf dem Spielplatz. Mehr Zeit für die Familie wünschte er sich und so horchte er auf, als Aufbau-Vertreter Mario Max ihm berichtete, dass seine Position frei werden würde. „Es hat gleich gepasst“, sagt er, und im September 2017 war die Nachfolge geklärt. Seit Jahreswechsel repräsentiert Wegener die Verlage der Aufbau Gruppe und ihre Vertriebspartner HarperCollins Germany und Ueberreuter Verlag, die Frankfurter Verlagsanstalt und weitere Verlage in Bayern. Ob seine neue Tätigkeit lukrativ sei, sei er schon oft gefragt worden. Seine Antwort: „Ich habe tolle Verlage in der Tasche und will mit Humor und Wissen die Buchhändler begeistern – gemeinsam funktioniert es.“ Und überhaupt sei „lukrativ“ ja eine Frage der Definition. „Eine tolle Familie und ein faszinierender, intensiver neuer Job: Das beides bereitet große Freude“, definiert er seinen persönlichen Gewinn. Auf viel Sympathie und Wissbegierde sei er bei den Buchhändlern bereits gestoßen. Und so starte er mit viel Energie durch, gleichzeitig fühle er sich angekommen. Mit seiner Partnerin, Grafikerin von Beruf, sucht er zurzeit ein gemeinsames Büro mit viel Platz für Bücher. „Jetzt ist Schluss mit Veränderungen“, betont Wegener und macht sich daran, einen Geburtstagskuchen für die Tochter zu backen.

WAS SAGEN SIE DAZU?

Bestsellerautoren?
Während meines Praktikums bei Bloomsbury in London war der Harry-Potter-Boom auf dem Höhepunkt. J. K. Rowling wurde in der Limousine vorgefahren – ein Anblick, den ich nie vergessen werde.

Hellblauer Tonie?
Zu Weihnachten habe ich via Social Media ein Tonie-Starterset zum Kauf gesucht und mich dafür im Gegenzug als zusätzliches Verkaufspersonal angeboten. Sophie von Lente von der Buchhandlung Isartal hat mir tatsächlich zu einem Tonie verholfen – nun stehe ich bei ihr in der Kreide.

Zufälle?
Schauspieler Tim Bergmann habe ich während meiner Zeit bei Kunstmann auf Lesereise begleitet. Daraus hat sich eine großartige Freundschaft entwickelt, wir gehen regelmäßig ins Stadion – er ist für Bayern München, ich für den US Palermo.

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Der Börsenblatt Young Excellence Award 2018 und die Teilnahmebedingungen

  • Zum fünften Mal vergibt das Börsenblatt in Kooperation mit dem Börsenverein, der Frankfurter Buchmesse, dem mediacampus frankfurt und der future!publish einen Preis für herausragende junge Macher und Macherinnen in der Buchbranche. Der Preis zeichnet exzellente Persönlichkeiten bis höchstens 39 Jahren aus, die in der Branche etwas bewegen – sei es als Mitarbeiter in einer Buchhandlung, im Verlag bei einem Dienstleistungsunternehmen oder als Selbstständige.
  • Gefragt sind Leute in Verlagen oder Buchhandlungen oder bei Dienstleistern, die mit eigenständigem Denken und Handeln Spuren hinterlassen, aber noch nicht auf der Top-Führungsebene arbeiten.
  • Selbstnominierungen und Vorschläge für Kandidaten sind gleichermaßen willkommen: Vorschläge  für den Young Excellence Award können jederzeit per E-Mail an boersenblatt@mvb-online.de eingereicht werden. Stichwort: #yeaward
  • Aus allen Vorschlägen wählt die Börsenblatt-Redaktion die Nominierten der Shortlist aus. Jeden Monat stellt das Börsenblatt in der ersten Magazin-Ausgabe und auf boersenblatt.net einen Kandidaten vor. 
  • In einer öffentlichen Wahl im SEptember ist die gesamte Buchbranche dazu augerufen, auf boersenblatt.net den Preisträger oder die Preisträgerin zu bestimmen. Der Sieger wird zur Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben.

Das gibt es zu gewinnen

  • Alle Kandidaten auf der Shortlist erhalten exklusive Tickets für den "Business Club" der Frankfurter Buchmesse.
  • Der Gewinner kann mit einem Bildungsgutschein in Höhe von 1.000 Euro Fort- und Weiterbildungen auf dem mediacampus frankfurt besuchen.
  • Der Gewinner erhält eine Eintrittskarte für die future!publish 2019, inklusive Anreise und Hotelunterkunft.
  • Neben einem E-Paper-Jahresabo des Börsenblatts winkt dem Sieger oder der Siegerin außerdem ein Glaspokal als Trophäe.

Hier gibt es mehr Informationen zum Börsenblatt Young Excellence Award und den bisherigen Peisträgern und Nominierten.