Die Antwort ist komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint. Natürlich gibt es Verlage, die schon seit mehr als 10 Jahren ihre komplette Frontlist digital als eBooks verlegen, die ihre Geschäftsmodelle angepasst haben und jetzt mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit eBook erzielen. Andere bieten viele digitale Inhalte an, sind aber ernüchtert, dass das neue Medium keine zusätzlichen Erlöse generiert. Und wiederum andere beginnen gerade damit, sich digitale Kompetenzen anzueignen.
Ich persönlich würde die Frage so beantworten: elektronische Bücher sind zwar normal, aber noch lange nicht angekommen! Wenn wir ein eBook lesen, passieren im Gehirn andere Dinge als wenn wir ein gedrucktes Buch lesen. Das hat damit zu tun, dass das Lesen für das Gehirn eine vergleichsweise neue Aufgabe ist. Alphabete gibt es erst seit knapp 6000 Jahren, das Gehirn hat eine wesentlich längere Evolution hinter sich. Unsere Gehirne benutzen daher zum Lesen Kompetenzen, die für andere Aufgaben optimiert wurden, zum Beispiel zur räumlichen Orientierung. Räumliches Orientieren passt aber zu einem dicken, gedruckten Buch besser als zum zweidimensionalen Scrollen am Bildschirm. Das belegen auch reproduzierbare Experimente, bei denen Studenten, die aus einem gedruckten Buch lernen, bessere Prüfungsergebnisse erzielen als eine Vergleichsgruppe, die am Bildschirm liest. Da das mit unseren Gehirnstrukturen zusammenhängt, wird das auch in 100 Jahren noch so sein.
Kurzfristig kann man daraus schließen, dass beide Formate wichtig sind, sowohl das elektronische als auch das gedruckte. Aber langfristig schließe ich daraus, dass wir das elektronische Buch weiterentwickeln müssen, damit es besser zu der Art passt, wie unser Gehirn Informationen verarbeitet! Daher ist das eBook, so wie wir es kennen, zwar die bestmögliche Kopie des gedruckten Buches in der digitalen Welt, aber noch lange nicht optimal. Manche elektronischen Bücher werden so bleiben, wie sie sind, aber viele werden sich stark ändern.
Daher brauchen wir auch weiter eBook-Konferenzen, weil es noch viele technologische Fragen gibt, die wir beantworten müssen. Wie sorgen wir dafür, dass es die Bücher von heute auch in weiter Zukunft geben wird? Dafür fehlen uns noch passende Speichertechnologien, die günstig und dauerhaft sind. Wie lösen wir das Problem der Raubkopien in der elektronischen Welt? Auch wenn alle Welt gerade über das neue Buzzword „Blockchain“ redet, denke ich, dass wir dieses Problem nur durch gute Geschäftsmodelle und nicht durch Technologie lösen können. Wie gehen wir damit um, wenn Bücher eines Tages durch Algorithmen oder KI übersetzt werden?
Das Digitale ist Normalität. Aber Digitalisierung hört nicht auf, sondern bleibt Herausforderung, insofern freue ich mich schon auf die nächste eBook-Konferenz.
Ja, es gibt auch ein paar Menschen, die Bücher lesen. Sonst reden die meisten miteinander persönlich oder über technische Apparate, sie hören Musik und Texte, sehen Bilder und Filme in Apparaten, sehen aus dem Zugfenster oder aus dem Bullauge des Schiffs, stehen auf einem Berg oder am Fluss und machen sich so ihre Gedanken. Immer mehr aber kriechen Menschen in Medien hinein, lösen sich in ihnen auf, werden sogar zu deren Bestandteilen. Ist ein Nutzer von Facebook ein Mensch oder ein Medium?
Es wirkt auf mich bizarr, diese gewaltigen Veränderungen des Verhältnisses von Menschen und Medien daraufhin zu untersuchen, ob das Buch eine Zukunft hat oder nicht. Ich glaube das ist relativ nebensächlich. In das Erstaunen über jemanden der ein Kaninchen zu Hause schlachtet, Spinnweben auf seine Schnittwunden legt oder eine Frau in einem Supermarkt umwirbt, mischt sich das Erstaunen, dass jemand stumm im Sessel sitzt und in ein Buch starrt.
Sie mögen mir bitte die (nahezu liebevolle) Verballhornung Ihres Pseudonyms verzeihen, aber Sie fordern das geradezu heraus: "ich schreibe hier unter Pseudonym, weil ich eigentlich wenig mit der Branche zu tun habe". Sie wollen doch, daß man Ihre Argumente ernst nimmt, oder nicht? Und dann wollen Sie uns eine solche zusammenhanglose Nicht-Begründung als plausibel verkaufen? Ist doch völlig egal, ob Sie Max Müller heissen oder Johnny Huber, wenn man Sie in der Branche eh' nicht kennt. Aber "Flying Sorcerer", das ist ein bißchen abgehoben, ein bißchen geprahlt, nicht wahr? Sie, der "Astronaut" einer raumfahrenden Rasse, der aus Versehen in einer ach so primitiven Welt gestrandet ist? Das ist doch der zwinkernde Hintersinn Ihres Pseudonyms, oder? Wir "Totholz"-Buch-Leser sind also die eingeborenen Primitiven, die ebooks für einen bösen Zauber halten? Schon klar ;-)
Sie haben wirk- und tatsächlich IBM-Mainframes programmiert? Nun, die gab es noch lange nach meinen aktiven Zeiten. Die Hinweise darauf, daß Sie ein gesetztes Alter höchstwahrscheinlich noch nicht erreicht haben, ergaben sich vor allem aus Ihrer Sprachwahl. Zitat "Wenn ich dieses Gebrabbel lese, plus noch ein paar Buzzwords hinten in den Text geschmissen, wundert mich gar nichts mehr." Das war Ihr allererster Satz hier. Schon vergessen? Und weiter unten schreiben Sie dann, an mich adressiert: "Mir abfällige oder abschätzige Wortwahl zu unterstellen, finde ich sehr unschönen Diskussions-Stil." In meinen Augen klassisches "mimimi" bzw. "Mama, ich war's nicht!" - oder erfüllt "Gebrabbel" nicht genau die Begriffe "abfällige / abschätzige Wortwahl"?
Tut mir leid, daß ich darin so gar kein erwachsenes Verhalten erkennen kann, aber sehr wohl kindliche Befindlichkeiten. Durchaus kindlich trotzig auch die mit keinerlei plausiblen Ideen oder kreativen Visionen unterlegte sture Forderung nach "Fortschritten" bei den ebooks, bzw. die laute Klage, es habe sich in den letzten Jahren da gar nichts getan ausser Verschlimmbesserungen, wie "Mein uralter Kindle ist besser als...". Das klingt eher nach Fussaufstampfen. Last-not-least ist der Begriff "Totholz" ungefähr genauso wertneutral wie wenn Veganer abfällig von "totem Fleisch" und "totem Fisch" reden. Tatsächlich gab es vor Jahren schon den Begriff des "Holzbuchs" (vs. ebook), und wer einigermaßen sprachbegabt ist, erkennt auch hier schon die abwertende Tendenz durch die Assoziation zur "Holzklasse" (muss ich nicht erklären, oder doch?).
Nun aber zu Ihren Argumenten: Sie haben recht, daß die Erwähnung der Blockchain Technologie ein ziemliches Herumgestochere im DRM-Nebel ist. Ich mag nicht wirklich weit ausholen, aber es gibt ein paar Hinweise darauf, daß wir die indivduelle millionenfache Vertragsvereinbarung eben nicht mit einer solchen dezentralen Datenbank sinnvoll abbilden können, ein sehr ernstzunehmender ist schon alleine der daduch verursache Energieverbrauch. Genau da ist eine "relativ" zentrale Datenbank deutlich sinnvoller. Als alter Datenbänker traue ich mir dieses Urteil zu. Wobei DRM sowieso nicht sinnvoll ist, aber egal.
"Es immer noch alles schwarzweiß..." jammern Sie. Als ob das nicht genau die Voraussetzung für die stromsparende e-ink Technik wäre. Ja, es gibt Konzepte für farbige e-ink, aber da kämpfen wir dann wieder mit der Auflösung, und ohne Hinterleuchtung (die wieder Strom kostet) wird das alles nix. Wozu auch, es gibt doch Tablets? Aber mal im Ernst: bei einem Prinbtbuch ist Farbe eher die Ausnahme, wenn wir von bestimmten Genres mal absehen (Fotobuch, Kochbuch etc.), selbst Illustrationen sind häufig oder meistens Schwarz Weiß. Und glauben Sie wirklich, ein farbiger e-ink-Reader wäre der Superstar unter den Readern? Na, dann investieren Sie doch. Ich jedenfalls bin sicher, daß gerade Bücher, die Farbe erfordern, vor allem als Printbuch funktionieren. Es gibt also einfach keinen Markt für einen farbigen Reader, weil das Tablet schon da ist, hochauflösende farbige e-Ink zu teuer und, und...
"... und wirklich neue, innovative Sachen können die aktuellen Modelle nicht." Würden Sie mal bitte konkret werden, statt einfach nur "Buzzwords" (neu, innovativ) unspezifisch in den Raum zu werfen? Ach ja, Ihr Din A4 Tablett für PDFs. Ganz ehrlich, das wollen Sie nicht halten müssen. Und beim PDF (ein Format das ich am PC duchaus gerne nutze) geht eben verloren, was das epub-Format für viele Menschen so praktisch macht: Veränderung der Schriftgröße nach meinen Bedürfnissen. Und ja, mit PDFs hat man ein fixes Seitenformat, wie es der Orientierung dienen könnte, allerdings abzüglich zweier Dimensionen: rechts/links und "Dicke", eine Seitenummer hilft da nicht weiter (niemand konnotiert einen Inhalt mit einer konkreten Seitenzahl, es sei denn, er würde es für später notieren, sehr wohl aber mit der ungefähren Dicke des schon gelesen Seitenstapels). Es bleibt also gerade noch der Satzspiegel als Dimension, auch nicht so dolle. PDF ist aber vor allem praktrisch, wenn man es ausdrucken muss, weil es dann halt zu unseren A4-Druckern passt, ohne daß ein unschöner Rest auf der näcjhsten Seite landet,wie das bei HTML allzu oft der Fall ist. Genau dafür wurde PDF erfunden und dafür wird es hauptsächlich genutzt.
"Aber ich sehe da weder von der Technik der Hersteller (Kindle, Tolino, etc..) derzeit echte Fortschritte, noch das die Verlage da mehr Flexibilät in der "Darreichnungsform" fordern." Haben Sie eine leise Ahnung von Ökonomie? Oder so rum gefragt: Glauben Sie, daß mit ebooks Geld verdient wird? So viel Geld, daß man aus dieser *Goldgrube* gespeist, sehr teure Innovationen tätigen kann? Wenn dem so wäre: sind die alle dumm da draussen? Weil der Fliegende Zauberer sowas doch ruckzuck für dreifuffzich hinkriegt und damit einen Riesenreibach macht? Schauen Sie, es ist genau diese kindlich anmutende Naivität, die mich auf jugendliches Alter schliessen lässt - und das ist doch eine freundliche Erklärung für eher kurzsichtige oder unplausible Argumente, oder?
@then: Danke für das Lob an alle Diskutanten, und, ehrlich gesagt, empfinde ich die Diskussion auch als durchaus zivil, sowas kann leicht heftig werden, und man muss FS geradezu dankbar sein, daß er nicht versucht hat, hier einen flame war anzuzetteln. Ich glaube übrigens, daß mittlerweile alle relevanten Argumenten und Meinungen ausgetauscht wurden, und jeder darf sich seine Ansicht daraus zusammenbasteln. Und solange niemand bei Lloyds darauf setzen oder mit mir wetten will, ist es auch völlig unerheblich, wer letzten Endes recht hat. Das eBook ist da, genau wie das Hörbuch, es ist ein Nebenmarkt, ein Add-on; ob es mal einen relevanten Umsatzanteil erreichen wird, ist unklar, aber es wird sicher nicht mehr "weg gehen". Wer große Innovationen erwartet, wird vermutlich enttäuscht werden, denn das Konzept "Buch" ist schon so alt und linksrum und rechtsrum gedreht und gewendet worden, daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß jemandem da noch was Tolles einfällt. 3D-Fernseher waren auch ganz toll - im Elektronikmarkt zum Angucken. Zuhause offenbar dann doch nicht erwünscht. Das könnte auch ambitionierten "innovativen" ebook-Konzepten blühen, denn man müsste ja auch einen neuen Reader dazu kaufen. Da kauft man doch lieber ebooks, die auf dem "sechs Jahre alten Kindle" noch funktionieren, oder?