Ishiguros Werke zeigten "eine starke emotionale Wirkung und legten den Abgrund der vermeintlichen Verbundenheit mit der Welt bloß", so die Ständige Sekretärin der Akademie, die auch Jurysprecherin ist. "Wenn Sie Jane Austen und Franz Kafka mischen, dann haben Sie Ishiguro komprimiert in einer Nussschale", beschrieb Danius den 1954 in Nagasaki geborenen Autor, der "eine große Integrität" besitze. "All seine Bücher sind wundervoll und aufregend", antwortete Danius im Interview wenige Minuten nach der Verkündung im ehrwürdigen Rokokosaal der Schwedischen Akademie in der Stockholmer Källargränd 4, als sie nach ihrem persönlichen Favoriten gefragt wurde, ließ sich aber dann entlocken, dass "Der begrabene Riese" (Blessing) bei ihr den stärksten Eindruck hinterlassen habe.
Danius betonte jedoch, dass die Akademie ja den Literaturnobelpreis nicht für ein Buch, sondern für das Gesamtwerk eines Schriftstellers verleihe – was nicht ausschließe, dass sich der Autor noch weiter entwickle. "Der absolut brillante Novellist" Ishiguro sei sehr an der Vergangenheit interessiert, allerdings nicht im Proustschen Sinne, "und er bezieht sich zugleich stark auf die Gegenwart". Auf die Frage der Journalisten, wie die Schwedische Akademie zu ihrer Urteilsfindung komme, antwortete Danius diplomatisch und mit einem Lächeln: "Wir haben eine hervorragende Bibliothek, wir haben exzellente Zuträger, die uns mit detaillierten Reports versorgen, wir sprechen viele Sprachen ..."
In Deutschland wurde der in London lebende Ishiguro 1989 bekannt mit dem Roman "Was vom Tage übrigblieb" (btb). Ishiguro wuchs in Guildford auf; seine Familie war nach Großbritannien gezogen, als Kazuo Ishiguro fünf Jahre alt war. Ishiguro studierte Englisch und Philosophie an der Universität von Kent und schloss 1980 an der Universität von East Anglia mit dem M.A. in Literatur ab. 2005 erregte sein Roman "Alles, was wir geben mussten" (btb) über menschliche Klone als bereitgestellte Organspender Aufsehen. Zuletzt erschien "Der begrabene Riese" bei Blessing (2015).
Über 198 Kandidaten hatten die 17 Mitglieder der Schwedischen Akademie disktutiert; die Namen müssen traditionell 50 Jahre lang geheim bleiben. Der 18. Juror, der schwedische Schriftsteller Torgny Lindgren, war im März gestorben, ein neues Akademiemitglied ist noch nicht ernannt.