Ein kleiner Verlag muss mit Besonderheiten aufwarten können, sonst geht er von vornherein chancenlos ins Rennen. Wenn über die Exotik hinaus literarische Qualität seine Bücher auszeichnet, so liegt ein durchaus seltener Glücksfall vor. Ein solcher dürfte der Mainzer Donata Kinzelbach Verlag sein, der in 30 Jahren Existenz 122 Titel von 68 Autoren herausgebracht hat.
Das Verlagsprogramm umfasst alle wichtigen modernen Schriftsteller aus dem Maghreb, angefangen von den Marokkanern wie Tahar Ben Jelloun, Mohamed Khair-Eddine, Fadéla Sebti, Driss Chraibi und Abdelhak Serhane, die Tunesier Albert Memmi und Hédi Bouraoui bis hin zu den Algeriern Moulud Mammeri, Rachid Mimouni, Kateb Yacine, Mohamed Dib, Tahar Djaoud − 1993 von islamitischen Extremisten ermordert −, Mouloud Feraoun, Taos Amrouche, Myrian Ben Sabrina sowie vor allem Rachid Boudjedra, von dem der Mainzer Verlag 16 Romane − sein Gesamtwerk umfasst 20 − herausgebracht hat.
Die 1955 geborene Verlegerin Donata Kinzelbach − sie studierte Literaturwissenschaften, Philosophie, Anglistik und Amerikanistik − hat sich zur Aufgabe gemacht, dem deutschen Publikum ausschließlich zeitgenössische maghrebinische Autoren näher zu bringen. Für ihre verlegerische Tätigkeit hat sie sich den Zorn islamistischer Gottesmänner zugezogen, die nicht mit Mordrohungen hinter dem Berg hielten. Als Nicht-Muslima, die seit Jahren in der literarischen Szene einen guten Namen hat, scheut sie sich nicht, dem kulturellen Eurozentrismus die Stirn zu bieten, indem sie nicht nur islamische Autoren verlegt, sondern auch in den Medien über die Welt des Islam informiert und in Volkshochschulvorträgen spricht. Als Verlegerin geht es ihr darum, dem zentraleuropäischen Leser zu helfen, sein einseitiges und oftmals falsches Islambild zu korrigieren.
Für ihr gesamtes Lebenswerk wurde sie 2000 mit dem Medienpreis des "Zentralinstituts Islam-Archiv Deutschland", dem "Mohamed-Nafi Tschelebi Preis", übrigens als erste Frau, ausgezeichnet. Donata Kinzelbach, die interkulturell etwas bewegen will, betont immer wieder, dass Misstrauen, Vorurteile und Ignoranz abgebaut werden müssen, um die permanent angeheizte Orient-Okzident-Problematik nicht ins Resignative abgleiten zu lassen. Die Verlegerin leiste mit ihren Büchern, wie es in der Pressemitteilung zur Preisverleihung heißt: "…einen Beitrag zum friedlichen Miteinander, das zweifelsohne möglich ist, wenn beide Seiten guten Willens sind." 2008 wurde ihr schließlich von Bundespräsident Professor Dr. Horst Köhler das Bundesverdienstkreuz für "Vermittlung zwischen Kulturen und Kulturkreisen" zuerkannt.
Mit ihren maghrebinischen Büchern setzt sie Impulse und baut Brücken zur Verständigung zwischen den Religionen. Bewundern müssen wir ihren Mut, denn sie hat, trotz beschränkter Mittel, alle nennenswerten nordafrikanischen Schriftsteller im deutschsprachigen Raum zu Wort kommen zu lassen. Dafür wollen wir ihr Dank zollen.
Mourad Kusserow
Der Autor und Journalist Mourad Kusserow wurde 1939 in Berlin geboren. Nach langem Aufenthalt in Marokko lebt er heute wieder in Deutschland. Im Verlag Donata Kinzelbach sind mehrere Bücher von ihm erschienen.
