London Book Fair 2017 eröffnet

Britische Kunden gaben sechs Prozent mehr für Bücher aus

14. März 2017
von Nicola Bardola
Jacks Thomas, Direktorin der London Book Fair (LBF), hat heute Vormittag die Buchmesse im Londoner "Olympia" eröffnet. Bei einer Pressekonferenz präsentierte sie neue Fakten zur Verlagslandschaft in Großbritannien und stellte Schwerpunkte der LBF vor.

Unter dem Motto "2017 - A Year of Literary Anniversaries" werden 20 Jahre "Harry Potter", 160 Jahre seit Joseph Conrads Tod, 350 Jahre seit Jonathan Swifts Geburtstag, 200 Jahre seit Jane Austens Tod und 60 Jahre Dr. Seuss auf der LBF gefeiert.

"Book sales are up"
Erfreulich entwickeln sich die Zahlen in der Buchbranche Großbritanniens laut Publishers Association und Nielsen. Die Verbraucher gaben demnach 2016 sechs Prozent mehr für Bücher aus als im Vorjahr. Bei gedruckten Büchern ergab sich ein Plus von sieben Prozent, was vorwiegend auf das Wachstum im Jugendbuch zurückzuführen ist. 2015 setzte der Buchmarkt UK knapp 3,8 Milliarden Euro um.

Jacks Thomas sprach von einem "Record year for children's publishing": Der Zuwachs beträgt neun Prozent, wobei 2016 rund ein Britisches Pfund von vier beim Kauf gedruckter Bücher auf Kinderbücher entfiel. Das Wachstum im Einzelnen: Kinderliteratur plus 26 Prozent, Schulbücher plus 6,3 Prozent, Bücher zu Themen wie Abnehmen, Gesundheit und Kochen plus 113 Prozent, Graphic Novels plus 13 Prozent, Sachbücher plus 39,7 Prozent. Die erfreulichen Zahlen sind unter anderem auf "Harry Potter", auf Ladybird Bücher für Erwachsene, auf Enid Blyton Parodien und Social-Media-Sensationen wie Joe Wick's Kochbücher zurückzuführen. Starkes Wachstum verzeichnen auch Sachbücher (neun Prozent), wissenschaftliche Publikationen (fünf Prozent), und Hörbuch-Downloads (29 Prozent).

Einen Schwerpunkt setzte Jacks Thomas bei ihrer Einführung auf das politische Sachbuch (plus 28 Prozent) und insbesondere auf politische (Auto-)Biografien (plus 68 Prozent). "Die Nachfrage nach politischen Essays und Manifesten oder nach Büchern zum Feminismus wächst besonders stark", so Thomas. Die starken Verkäufe der Werke von Orwell, Atwood und Huxley beeinflussten positiv das gesamte Umfeld, betonte Thomas.

Bemerkenswert sind die Verschiebungen bei Übersetzungen ins Englische: Hier führt dank Elena Ferrante das Italienische mit großem Abstand vor dem Schwedischen, das vor allem dank Stieg Larsson und Jonas Jonasson Platz zwei belegt. Schlechte Nachrichten hat Thomas hingen für den digitalen Bereich: E-Buch-Verkäufe gingen um vier Prozent zurück und You-Tube-Stars mit ihren Begleitbüchern leiden auch unter geringeren Verkaufszahlen.

Die LBF dauert noch bis Donnerstag, 16. März.

Bereits gestern fanden im Institut français du Royaume-Uni in London die "Triangular Talks - Intersections in English-, French- and German-Language Literature" statt. Verleger und Lektoren aus den drei Sprachregionen diskutierten im Vorfeld der London Book Fair und der Frankfurter Buchmesse über veränderte Voraussetzungen ihrer Arbeit im Verlauf des Brexits und nach der Wahl Donald Trumps.

Ein erstes Panel stellte Sachbücher in den Mittelpunkt. Mit Alex Christolfi, Autor und Lektor bei Oneworld sowie Martin Breitfeld, Lektor bei Kiepenheuer & Witsch, waren zwei der Verantwortlichen für die Veröffentlichung der Panama Papers in Buchform auf dem Podium. Beide wären wieder bereit, diese für Verlagslektoren aufgrund der lange währenden Verschwiegenheit und des hohen Arbeitsaufwands ungewöhnlichen Arbeit für ähnlich wichtige Themen zu leisten. "Wir müssen ausdauernd, kritisch und engagiert bleiben: Die Wut, die im Populismus zum Ausdruck kommt, wollen wir nicht einfach nur darstellen und damit möglicherweise verstärken. Es gilt, die Wut zu erklären und sie verständlich zu machen", sagte Christolfi. Das bekräftigte auch Laura Maculay, Verlegerin bei Pushkin, die das philosophische Durchdringen von Sachthemen fordert.

Viel Raum nahm die Frage nach der Verlagsarbeit angesichts der Konkurrenz durch das Internet ein. Für viele wird zunehmend das Timing der Veröffentlichung und nicht selten die Schnelligkeit zu einem Erfolgsfaktor. Séverine Nikel, Lektorin bei Seuil, hat gerade schlaflose Nächte hinter sich: Beim neuen Buch des Wirtschaftswissenschaftlers Thomas Piketty "Pour un traité de démocratisation de l'Europe" mit Beiträgen von Antoine Vauchez und anderen sind von der Abgabe der PDF's bis zur Verfügbarkeit im Handel nur sieben Tage vergangen. Aktualität und die Synergien mit anderen Medien spielten eine zunehmend wichtige Rolle, so Nikel.

Für den Bereich Fiction diskutierten Anna Kelly (Fourth Estate), Anna von Planta (Diogenes), Manuel Carcassonne (Stock) und Jorghi Poll (Edition Atelier). Letzterer erinnerte an Stefan Zweig, der sich in Brasilien weigerte, vor Gleichgesinnten ein Statement gegen den Nationalsozialismus abzugeben. Das direkte politische Engagement von Romanciers bleibe problematisch. Andererseits wird nach Stoffen gesucht, die auf die sich ändernden gesellschaftlichen Verhaltensweisen reagieren. Auch das Thema der Zusammensetzung der Mitarbeiter in Verlagen (Hautfarbe, Herkunft, Geschlecht) in Bezug auf die avisierten Leserschichten wird künftig wichtiger werden.

Bedeutsam bleiben die kulturellen Bezüge zwischen den europäischen Sprachräumen: "Unser erfolgreichster französischer Autor ist ein Brite, Martin Walker, unsere erfolgreichste italienische Autorin ist US-Amerikanerin, Donna Leon", scherzte Anna von Planta und definierte die Schweiz als ein Land zwischen den Kulturen.