Frankfurter Buchmesse kritisiert Bücher-Beschlagnahmung in Havanna

"Ein zutiefst beunruhigender Vorfall"

28. Februar 2017
von Börsenblatt
Die Frankfurter Buchmesse hat mit scharfen Worten dagegen protestiert, dass auf der Internationalen Buchmesse in Havanna (9. – 19. Februar) Bücher des Berliner Sachbuchverlags Ch. Links am deutschen Gemeinschaftsstand beschlagnahmt worden sind - und will ihre kubanische Messe-Teilnahme überdenken.

Die entfernten Titel beschäftigen sich, wie berichtet, mit der Geschichte und Entwicklung Kubas. Das Verhalten der Messeleitung sei vollkommen inakzeptabel, der Vorfall beispiellos in all den Jahren, in denen die Frankfurter Buchmesse mittlerweile mit einem Gemeinschaftsstand in Havanna vertreten sei: Das machte Buchmesse-Chef Juergen Boos in einem Brief an Aleyda E Acosta Suárez deutlich, Direktor des staatlichen Verlegerverbands Cámara Cubana del Libro.

Die Frankfurter Buchmesse setze sich für Meinungs- und Pressefreiheit weltweit ein – und werde die "zutiefst beunruhigenden Vorkommnisse in Havanna" zum Anlass nehmen, um ihre Teilnahme an der kubanischen Buchmesse zu überdenken, kündigte Boos an. Das Schreiben ging unter anderem auch an die Direktorin für Internationale Beziehungen beim Kubanischen Kulturministerium.

Zuvor hatte bereits Verleger Chris­toph Links betont, der Vorfall zeuge "nicht gerade von einer politischen Öffnung im Land" (mehr dazu hier). Ihn erinnert das Vor­gehen an die Zensurpraxis der DDR-Staatssicherheit, die einst auf der Leipziger Buchmesse derart mit unliebsamen Büchern aus der Bundesrepublik um­gegangen sei: "Aber die Stasi hat wenigs­tens noch eine Quittung ausgestellt und den Preis ersetzt."

Zu den beschlagnahmten Büchern gehört der aktuelle Titel von Hannes Bahrmann, "Abschied vom Mythos. Sechs Jahrzehnte kubanische Revolu­tion", der in Deutschland von der Bundeszentrale für politische Bildung angekauft wurde, wie der Berliner Verlag mitteilt. Außerdem konfisziert: das historische Lesebuch "Revolu­tionen" sowie die beiden ­Anthologien "Oh Du, geliebter Führer. Personenkult im 20. und 21. Jahrhundert" und "Ostalgie international. Er­innerungen an die DDR von Nicaragua bis Vietnam".