Der Hanser Verlag hatte den Buchhandel am 9. November über die neuen Rabattsätze informiert. Fachzeitschriftenverlage würden seit Jahren vor erheblichen Herausforderungen stehen, heißt es in dem entsprechenden Schreiben, die klassischen Erlösquellen aus Werbung und Abonnement seien weiterhin rückläufig, "und die digitale Disruption erfordert hohe Investitionsvolumina in neue Produkte und Systeme." Zusätzlich werde der Verlag durch fehlende Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften unter Druck gesetzt, "die bisher essenzieller Bestandteil der Gesamtkalkulation unserer Produkte waren," schreibt Hanser-Geschäftsführer Wolfgang Beisler weiter.
Im laufenden Geschäftsjahr sei der Verlag zudem mit Rückforderungen in beträchtlicher Höhe konfrontiert. All dies zwinge den Verlag dazu, die Geschäftsmodelle neu auszurichten sowie "Beziehungen zu Lieferanten und Händlern neu zu definieren". Ab dem 1. Januar soll bei Fachzeitschriften ein genereller Rabattsatz von 5 Prozent greifen. Ausnahmen: Online-Only-Angebote und Lieferungen nach Übersee, die mit 3 Prozent rabattiert werden.
"Sollen wir unseren Kollegen kündigen, während Sie Ihre bei Hanser schonen?"
Christian Preuss-Neudorf macht in seinem Offenen Brief nun deutlich, dass der Handel nicht in der Lage sei, solche Rabattkürzungen zu kompensieren, zumal ihm eine Preiserhöhung durch die Preisbindung verboten sei. "Was sollen wir davon halten, wenn Sie uns dieses neue Modell mit einem Vorlauf von 6 Wochen zumuten? Wie soll Ihr Partner, der Handel, darauf angemessen reagieren? Sollen wir unseren Kollegen kündigen, während Sie Ihre bei Hanser schonen?"
In dem Offenen Brief heißt es weiter:
„Im Ergebnis nutzen Sie die Ihnen aufgrund der Gesetzeslage eingeräumte Machtposition ohne Zögern aus, um den Handel als weniger komfortabel ausgestatteten Partner zur Verbesserung Ihrer Verlagsmarge heranzuziehen. Kein Papierlieferant lässt sich von Hanser 6 Wochen vor Jahresbeginn die Hälfte seines Rohertrags für 2017 wegnehmen, kein Mitarbeiter akzeptiert in dieser Zeit eine 50%ige Gehaltskürzung und auch nicht die Werkstatt für Ihren Firmenwagen. Die werden am Verstand des Partners zweifeln!
Die vom Buchpreisbindungsgesetz angepeilten Ziele werden durch Ihr Verhalten bei Hanser diskreditiert. Sie tragen dazu bei, dass dem Handel die Basis seiner Existenz entzogen wird. Sie vermeiden Preiserhöhungen bei Abonnenten, die eine logische Folgerung jedes Kaufmanns wären, und verhalten sich grob unpartnerschaftlich gegenüber dem Handel und den anständig rabattierenden und kollegialen Verlagen.
Ihre digitalen Hanser-Produkte (Rabatt 3%) sollen aber trotzdem und vor allem verstärkt bei den B2B-Kunden von vub | Wissen mit System einen Platz finden. Damit kommen Sie im Direktgeschäft nicht weiter, denn es gibt zu dieser anspruchsvollen Zielgruppe weder an unserem Katalog, noch an den Leistungen von vub einen Weg vorbei. Warum aber sollten wir für 3 % Rabatt einen Finger für dieses Geschäft mit Hanser rühren? Haben Sie dem fleißigen Vertrieb von Hanser hier vielleicht ein Eigentor geschossen?
Vom Hanser Verlag war heute keine Stellungnahme zum Offenen Brief von VUB zu erhalten, das Unternehmen will sich aber voraussichtlich Mitte der Woche dazu äußern. Diskutiert wird das Thema auch in der Facebook-Gruppe Buchhandelstreff.
recht habt Ihr, aber was soll das, Springer hat vor Jahrzehnten bereits die Rabatte auf 5% gekürzt, V&R hat vor wenigen Jahren mit nahezu gleichlautender Begründung (ohne VGWort-Argument) die Rabatte auf 5% gekürzt. Ich habe daraufhin in die HV des Börsenvereins den zugegebenermaßen provokanten Antrag eingebracht, dass die Zuschüsse des BOEV für die GS der Deutschen Fachpresse, die der Buchhandel mitfinanziert, gekürzt werden (ist natürlich abgeschmettert worden). Die Zeitschriften fallen zwar nicht unter das BPrG, aber die Verlage haben die Hoheit über die Preise. Und dieser Verantwortung werden sie nicht gerecht! Denn sie kalkulieren nicht die Kosten der Distributoren mit ein, sondern schalten sie aus. So haben es auch die deutschen Kolonialherren vor 1918 getrieben, sämtliche wirtschaftliche Strukturen der Indigenen zerschlagen bzw. übernommen, mit der Folge, dass heute - hundert Jahre später - die Strukturen in diesen Ländern kaputt sind, Hunger, Armut und Unterentwicklung nachhaltig zementiert sind. Natürlich will das niemand in diesen Verlagen hören, aber diese(!) Politik der Verlage gegenüber dem Buchhandel hat den gleichen Charakter. Hinterher, wenn die Strukturen kaputt sind, werden dann heuchlerische Krokodilstränen über den Verlust der Infrastruktur abgelassen, alle sind schuld, in erster Linie die, die über die Wupper gegangen sind, nur man selbst nicht. Gleiches erleben wir im Moment mit der Digitalisierung. Kaum ein Verlag denkt an seine Verantwortung, die sich aus §6,1 BPrG ergibt. Löbliche Ausnahme: Der Peter Lang Verlag hatte damals, mit Inkrafttreten des BPrG, seine Buchhandelsrabatte von 10% auf 25% festgesetzt (und wird dies so auch in die Endverbraucherpreise kalkuliert haben). Es geht also auch anders, man muss nur wollen! Ja, ich ärgere mich über solch ein Verhalten der Verlage. denn als Buchhändler fühlt man sich behandelt wie ein Fussabtreter!
Preise erhöhen? Mindert die Begehrlichkeit.
Handelsrabatte kürzen? Der Handel kann nicht ausweichen. Die dürfen ja ihre Kunden nicht vor den Kopf stossen.
Was Amazon den Verlagen abverlangt hat, vollziehen jetzt große Verlage am Händler. Für Digitalensis brauchen die Häuser den Handel ohnehin nicht (mehr)?
Langfristig wird es lachende Dritte geben, denn die kostengetriebene Effizienzsteigerung bedenkt vieles, aber nicht alles: die zunehmende Verringerung der beteiligten denkenden Köpfe. Scheint verschmerzbar, aber den Verlust merkt man erst, wenn aus wechselseitiger Befruchtung die eindimensionale Direktive geworden ist und Ideen versiegen.
PS
Wer an sein Produkt glaubt, fürchtet auch Preiserhöhungen nicht.
Die Haltung von HANSER zeugt entweder von kompletter Ignoranz, oder von Brutalität, mit der ein Direktvertrieb brachial durchgesetzt werden soll.
Wenn (s.o.) andere das auch so machen, muss der Verband beauftragt werden, die Übereinstimmung mit dem Kartellrecht zu prüfen. Hier wird ja ganz abgestimmt vorgegangen und missbräuchlich gegenüber der nächsten Handelsstufe vorgegangen. Das könnte natürlich auch das Kartellamt tun, auf Antrag. Aber besser wäre es doch, wir klären das einvernehmlich unter uns, dass 5% definitiv nicht ausreichen und eine telefonische Preisauskunft beim Verlag kein digitaler Prozess ist, der ein Auskommen erlaubt!
Der Verband ist gefragt, bevor es zu spät ist. DUNKELGELBE KARTE!
vielen Dank für diese klaren Worte! Die Liste der Fachverlage, die nach dem Hanser-Modell handeln und schon gehandelt haben, wird immer länger. Wie Sie zu Recht feststellen, ist der Minderrabatt auf Handelsseite nicht zu kompensieren, geht also zu 100% zu Lasten unseres Rohertrags. Vielleich ist es endlich an der Zeit, dass, analog zur Thematik Bildungsverlag1, endlich ein Musterprozeß zum Zeitschriftenrabatt geführt wird. Ich hoffe, es findet sich ein großer Händler aus der Branche (vielleicht die VUB?), um einmal auszufechten, was hier noch auskömmlich im Sinne des BuchPrG ist. Ich hoffe der Börsenverein wird in diesem Fall ebenfalls unterstützend tätig sein.
Herzliche Grüße aus dem mitbetroffenen Handel,
Veit Hoffmann, Buchhandlung Jost GmbH, Bonn
3.000 Online Leser lesen und..... schweigen auch. Lämmer.
Große und Kleine (Händler): schweigen.
Verband? Schweigt.
Und schließen, weil die Marge nach der Inventur nicht mehr zum Leben reicht.
Hanser! Du hast die Wahl schlecht getroffen!