Änderung der Verkehrsordnung soll eine Regelungslücke schließen
Mit der Änderung der Verkehrsordnung wollen die drei Fachausschüsse, die am 16. November im Frankfurter Haus des Buches getagt haben, ein aktuelles und ganz konkretes Problem für den Buchhandel lösen: Die Verlage legen fest, welcher Mehrwertsteuersatz für ein Produkt fällig wird. Kommt das Finanzamt bei einer Betriebsprüfung im Buchhandel dann aber zu dem Ergebnis, dass ein falscher Satz zu Grunde gelegt wurde, ist das Sortiment gefordert - obwohl der Fehler dort gar nicht gemacht wurde.
Diese Regelungslücke solle mit der Änderung der Verkehrsordnung geschlossen werden, erläuterte Stefan Könemann. Der Vorsitzende des Ausschusses für den Zwischenbuchhandel berichtete in einem Pressegespräch zusammen mit Matthias Ulmer (Verleger-Ausschuss) und Thomas Wrensch (Sortimenter-Ausschuss) aus der gemeinsamen, nicht-öffentlichen Sitzung der drei Fachausschüsse am Vormittag.
Händler sollen durch die Neuregelung, die Thomas Bez von Umbreit angestoßen hat, die Möglichkeit bekommen, den Verlag in Haftung zu nehmen – und sich den Differenzbetrag zurückzuholen. "Inhaltlich sind sich die drei Sparten da einig, nur an der juristischen Formulierung muss noch gefeilt werden", so Könemann, der als Beispiel etwa E-Bundles oder Ausmalbücher nannte, die in Mehrwertsteuerfragen immer wieder für Unsicherheit sorgen. Mehr zum Mehrwertsteuerthema bei Ausmalbüchern lesen Sie hier.
Nach dem VG Wort-Urteil: Buchhandel will Zeichen der Solidarität setzen
Die drei Fachausschüsse beschäftigten sich darüber hinaus ausführlich mit den Auswirkungen des VG Wort-Urteils. Thomas Wrensch, scheidender Vorsitzender des Sortimenter-Ausschusses, betonte bei dem Pressegespräch, dass jetzt auch der Buchhandel gefragt sei. Denkbar sei beispielweise, Zahlungsziele mit Blick auf das VG Wort-Urteil nicht voll auszuschöpfen, sondern Rechnungen, die erst Ende März fällig werden, schon früher zu bezahlen: "Wir erwarten umgekehrt auch immer wieder Solidarität von den Verlagen – und sind nun selbst am Zug." Auch über eine Form von "Crowdfunding" werde nachgedacht, bei der die Branche kleinere Beiträge in einen großen Topf werfen könnte, um Verlagskollegen zu unterstützen.
Verleger Matthias Ulmer betonte, dass der Zeitpunkt der VG-Wort-Zahlungen denkbar ungünstig sei, weil die Herstellkosten fürs Herbstprogramm zu schultern seien und die Umsätze aus dem Weihnachtsgeschäft in der Regel erst im Frühjahr an die Verlage zurückfließen würden: "Im November haben Verlage eine ganz andere Liquiditätslage als im März oder April. Selbst wer Rückstellungen gebildet hat, kann das Geld Ende November nicht einfach aus der Schublade holen".
Wie lassen sich die Rückforderungen überbrücken oder verschieben? Der Börsenverein habe den klaren Auftrag, Antworten auf diese Fragen auszuloten, so Ulmer - von einer Verlängerung der Zahlungsfrist bis hin zu einem möglichen Hilfsfonds. Ulmer appellierte an Verlage, die einen Liquiditätsengpass befürchten, "proaktiv" auf den Börsenverein zuzugehen. Dass bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung der VG Wort am 26. November Lösungswege gefunden werden könnten - in diesem Punkt hat Ulmer wenig Zuversicht.
Weitere Themen: EuGH-Urteil zur E-Book-Leihe, Amazons Affiliate-Programm, VLB-TIX
Außerdem haben sich die drei Fachausschüsse mit dem aktuellen EuGH-Urteil zur E-Book-Ausleihe beschäftigt (mehr dazu hier): In diesem Fall könnten die Verlage derzeit lediglich "Trostszenarien" entwickeln - und abwarten, wie sich die Bibliotheken dazu verhalten, sagte Ulmer. Notfalls müssten sie die Reißleine ziehen und Bibliotheken keine E-Books mehr zu Verfügung stellen.
Ebenfalls auf der Agenda der Sitzung: Das Urteil, in dem sich der Bundesgerichtshof im Sommer mit Amazons "Affiliate"-Programm für Schulfördervereine beschäftigt hat (mehr dazu hier). Um die Folgen einzudämmen, plädiert der Börsenverein dafür, das Buchpreisbindungsgesetz um eine Regelung zur Absatzwerbung zu ergänzen. Die Politik habe die Entwicklung, die sich aus dem Urteil ergibt, so nicht gewollt, zog Ulmer im Pressegespräch Bilanz. Ob eine Gesetzesänderung zum jetzigen Zeitpunkt realistische Chancen habe, sei jedoch fraglich.
Weiteres Thema in der Runde der Fachausschüsse war das digitale Titelinformationssystem VLB-TIX, das mittlerweile 4.000 Nutzer hat (jeweils zur Hälfte aus Buchhandel und Verlagen). "Die Buchhändler wollen damit arbeiten und viele beginnen im Januar, über VLB-TIX zu ordern", so das Resümee von Thomas Wrensch. Die Plattform werde sich kontinuierlich weiterentwickeln.
Jan Orthey führt künftig den Sortimenter-Ausschuss
Der Sortimenter-Aussschuss hat am Nachmittag in Frankfurt auch einen neuen Vorsitzenden gewählt: Jan Orthey (Lünebuch, Lüneburg) übernimmt das Amt von Thomas Wrensch, der sich aus gesundheitlichen Gründen von der SoA-Spitze zurückzieht. Mehr dazu hier.