#yeaward16 - die Kandidaten (4/10)

Carsten Schwab - schwarze Kunst & XML

21. September 2016
Redaktion Börsenblatt
Diogenes-Herstellungsleiter Carsten Schwab ist leidenschaftlicher Büchermacher  – und gestaltet den technologischen Wandel der Branche mit. Er ist für den Börsenblatt Young Excellence Award nominiert.

Heute gilt es, ein Geheimnis zu lüften: Dass aus dem Sortimenter in spe Carsten Schwab (* 1979), der einst bei Stephanus in seiner Geburtsstadt Trier lernte, ein versierter, mit Leidenschaft und technologischem Weitblick zu Werke gehender Hersteller geworden ist, verdanken wir Hans-Heinrich Ruta, inzwischen emeritierter Professor an der Hochschule der Medien (HdM) Stuttgart. In Seckbach infizierte Ruta den Buchhandels-Novizen, der noch während seines Zivildienst über Germanistik-Studium und Lektorats-Karriere nachgedacht hatte, derart mit der Schwarzen Kunst, dass eine Bewerbung an der HdM nur folgerichtig war. Aber was heißt hier „Schwarze Kunst“? Dass Rutas Typo-Grundregel, nach der inhaltlich Gleiches auch gleich behandelt werden müsse, auch im Digitalen sinnvoll ist, schwante Schwab während seines Praxis-Semesters in der Druckerei von C.H. Beck – in Sachen medienneutraler Datenhaltung war der juristische Beck-Verlag schon früh dabei. Noch in Zeiten des guten, alten Rocket eBooks zeichnete sich ab: Wenn’s erst mit dem Lesegerät klappt, wird der Einsatz von XML-Technologien auch für Publikumsverlage lohnend sein.

Die Kunst der Medienneutralität Oder: Arbeiten in XML

Schwab beackerte das Thema in seiner Diplomarbeit - in der Folge wurde die Einführung von XML-Workflows und die Digitalisierung der Backlist zu einer Art rotem Faden seiner Berufsentwicklung: Nach einem Pilotprojekt bei S. Fischer erfolgte die Umstellung der kompletten Novitätenproduktion auf XML-first; ein Ansatz, der später von allen Holtzbrinck-Publikumsverlagen übernommen wurde. Später wurde der Workflow auf die automatisierte e-Book-Produktion ausgeweitet. Von den bei S. Fischer gemachten Erfahrungen profitiert Schwab auch auf seinem weiteren Karriereweg – als Herstellungsleiter bei Hoffmann & Campe und, seit 2015, bei Diogenes. Auch bei den Zürchern, die in diesen Tagen die ersten ihrer behutsam re-designten Print-Titel auf den Markt bringen, geht es um die effiziente Parallelproduktion gedruckter und elektronischer Bücher.

 Schöne E-Books & Schönste Bücher

„Das Spannungsfeld zwischen traditioneller Herstellung und den Herausforderungen der digitalen Ära reizt mich“, sagt Schwab. „Dabei richte ich an die letztlich noch in den Kinderschuhen steckende Publikationsform e-Book genau so hohe technische und typografische Ansprüche wie an unsere Printprodukte.“ Der Mann kann beides: Davon zeugt eine Prämierung im Wettbewerb um die „Schönsten deutschen Bücher“ (2010) ebenso wie Mitarbeit in der von der Stiftung Buchkunst berufenen Expertengruppe, die sich um einen Kriterienkatalog zur Bewertung typografischer Qualität von e-Books bemüht. „Gesellschaftlich eminent wichtig, aber auch technologisch spannend“ findet Schwab die barrierefreie Produktion elektronischer Publikationen – seit Jahren gibt es eine enge Verbindung zur Zentralbücherei für Blinde Leipzig (DZB), nicht nur als Mitglied im Gremium der Irseer Herstellungsleitertagung hat er das Thema regelmäßig auf die Agenda wichtiger Branchentreffs gesetzt. Man darf sich Carsten Schwab als glücklichen Menschen vorstellen – nur eins wurmt ihn: Angesichts der wachsenden Reihen typografischer Fachliteratur und zahlloser Schmuckstücke aus Antiquariaten und Buchhandlungen wird der Platz in seiner Bibliothek langsam bedenklich knapp. Vielleicht schaffen noch mehr schöne e-Books Abhilfe?   

Über den Young Excellence Award
#yeaward16

Das Branchenmagazin Börsenblatt vergibt den Young Excellence Award zusammen mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Frankfurter Buchmesse, dem Mediacampus Frankfurt und der MVB Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH. Ausgezeichnet werden herausragende junge Macher und Macherinnen bis 39 Jahre, die in der Buchbranche etwas bewegen. Unterstützt wird der Preis in diesem Jahr durch die Kooperationspartner Bommersheim Talents, Buchwert und GfK Entertainment.

Alle zehn Shortlist-Kandidaten des Young Excellence Awards erhalten eine Freikarte für den Business Club der Frankfurter Buchmesse 2016 im Wert von je 990 Euro, um ihr internationales Netzwerk auszubauen, sowie ein Jahresabonnement des Börsenblatts. Der Preisträger kann sich darüber hinaus auf dem Mediacampus Frankfurt weiterbilden – der Gutschein für das Seminarangebot hat einen Wert von 1.000 Euro.

Mehr über den "YEA" erfahren Sie hier.