Verlagsumfrage zum VG Wort-Urteil

"Es hebt einen aus den Schuhen"

21. April 2016
Redaktion Börsenblatt
Wie geht es für die Verlage jetzt weiter? Wurden Rücklagen gebildet? Werden die Bücher jetzt teurer? Oder bekommen die Autoren weniger Honorar? Eine Verlegerumfrage zum VG Wort-Urteil.

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Armin Gmeiner, Mitglied des Sprecherkreises der IG unabhängige Verlage und Verleger des Gmeiner Verlags:

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Klaus Schöffling, Schöffling & Co.:

"Die Entscheidung ist eine Katastrophe für uns Verlage. Eine Rückzahlung der Ausschüttungen auf einen Schlag wäre vollkommen illusorisch. Das kann man nicht machen – es sei denn, der Gesetzgeber möchte, dass 100 Verlage sofort in die Insolvenz gehen. Auch die VG Wort, die das Geld jetzt zurückfordern muss, darf die Verlage nicht in den Konkurs treiben. Wir müssen nun schauen, welche Beträge für welchen Zeitraum überhaupt von uns zurückzuzahlen sind. Noch weiß ich das nicht.  Was wir jetzt dringend und sofort brauchen, ist ein Gesetzgebungsverfahren, das dieses katastrophale Urteil korrigiert. Das darf unser Bundesjustizminister nicht auf die lange Bank schieben, es muss innerhalb der nächsten Monate passieren."

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Andreas Schorr, Röhrig Universitätsverlag:

Das Urteil war zu befürchten. Der Bundesgerichtshof hat formalrechtlich geurteilt, ohne die ökonomischen und kulturellen Auswirkungen zu bedenken. Nun ist die Branche gefordert, diese Auswirkungen gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik deutlich zu machen und auf eine europarechtliche und vielleicht auch verfassungsrechtliche Klärung zu dringen. Die Politik muss jetzt zeigen, wie belastbar ihre oftmals bekundete Unterstützung für eine vielfältige Verlagslandschaft in Deutschland wirklich ist. Konkret bedeutet das heutige Urteil für den Röhrig Universitätsverlag: Rücklagen haben wir gebildet. Das Urteil wirft uns nicht um. Nun wird sich das Publizieren von Wissenschaft etwas verändern. An welchen Stellschrauben wir drehen, haben wir noch nicht entschieden, aber sicherlich wird man die Einnahmeausfälle kompensieren müssen.

Britta Blottner, Blottner Verlag:

Es hebt einen aus den Schuhen! Ich muss das jetzt erstmal sacken lassen. Irgendwie hat man ja doch bis zum Ende gehofft... Das Urteil wird viele AKV-Verlage in die Bredouille bringen und ist auch für uns nicht schön. Wir sind von der VG Wort und der VG Bild Kunst gleichermaßen betroffen. Natürlich haben wir mit unserem Steuerberater ein paar Modelle durchgerechnet, aber leicht wird das nicht. Gut möglich, dass wir ein paar Projekte streichen müssen. Das ganze ist traurig, richtig traurig finde ich aber, dass die Politik sich immer Kulturvielfalt ans Revers heftet, zugleich aber Verlage zu Maklern degradiert.

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Edmund Jacoby, Verleger von Jacoby & Stuart:

Das Urteil ist für uns Verlage aus zwei Gründen ärgerlich: Die Zurückzahlungen tun schon weh; in unserem Falle sind sie nicht "lebensbedrohlich", für andere Verlage schon. Weitaus bedauerlicher aber ist die Tatsache, dass die Öffentlichkeit anscheinend gar nicht weiß, welchen Anteil der Verlag am Werk eines Autoren hat – dass er oftmals überhaupt erst die Idee zu einem Buch hat, dass das Lektorat Texte gemeinsam entwickelt oder schon die erste Fassung stark bearbeitet, dass er mit Marketing- und Vertriebsaktivitäten dem Buch erst zu den Umsätzen verhilft. Dass hier nur der Autor als Urheber gesehen wird, entspricht nicht der Realität.

 

Joachim Kaufmann, kaufmännischer Geschäftsführer von Carlsen:

Leider konnte man, nachdem der BGH explizit angekündigt hat, die EuGH-Entscheidung im Fall Hewlett Packard gegen Reprobel abzuwarten, nicht wirklich mit einem anderen Urteilsspruch rechnen. Positiv bewerte ich die Urteilsbegründung, in der das Gericht ausdrücklich darauf verweist, dass es nur die Rechtslage beurteilen konnte, und in Frage stellt, "ob sich die Urheber einen Gefallen tun, wenn sie sich auf diese Weise von den Verlagen trennen". Ich bin davon überzeugt, dass wir gemeinsam mit Autoren die rechtlichen Grundlagen auf europäischer und nationaler Ebene schaffen sollten, dass die jahrelang bewährte und akzeptierte Praxis fortgeführt werden kann. Das wird ein hartes Stück Arbeit!

Dietrich zu Klampen, Verleger des zu Klampen Verlags:

Nicht nur für uns ist dieses Urteil eine Katastrophe. Erst ein Urteil, das es Bibliotheken erlaubt, Bücher zu digitalisieren und zum freien Download freizugeben; dann das unselige Urteil von gestern! Das eine so unverständlich wie das andere ungerecht. Wem entsteht denn ein Schaden durch die Kopiererei? Den Autoren und den Verlagen! Das hat ja auch jahrelang niemand bezweifelt. Wer gegen die geteilte Ausschüttung klagt, muss noch das gute alte Bild vom reichen Verlag und vom ausgepressten Autor pflegen. Aber: Die Zeiten, da die feisten Verleger Champagner aus Totenschädeln ihrer Autoren schlürften, sind schon sehr lange vorbei.
Wenn wir Verlage jetzt Zig- oder gar Hunderttausende zurückzahlen müssen, dann ist doch klar, was passiert: Wem es nicht das Genick bricht, der wird sein Programm zusammenstreichen müssen. Für uns war die Ausschüttung der VG Wort immer ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesamtkalkulation. Wir werden zukünftig noch vorsichtiger planen müssen. Schade für die Autoren!