Offener Brief wegen Ausschüttungen der VG Wort

Autorengruppe fordert Ausschluss der Verlage

22. Februar 2016
Redaktion Börsenblatt
"Die Urheberpauschale gehört den Autoren!", titelt ein Brief der Aktion urheberpauschale.de an Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) − der Brief wurde Freitagnachmittag online gestellt, bis heute Vormittag haben ihn mehr als 880 Autoren unterzeichnet. Darin fordern sie Maas auf, dafür zu sorgen, dass künftig die gesamte Urheberpauschale an die Autoren ausgeschüttet wird.

Zunächst aber hat der Bundesgerichtshof das Wort: Das höchste deutsche Zivilgericht entscheidet am 10. März im Revisionsverfahren über die Rechtmäßigkeit des Verteilungsplans der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort), der auch die Verlage an den Ausschüttungen beteiligt.

In dem Brief, der an Bundesjustizminister Maas adressiert ist, schreiben die Unterzeichner, sie würden sich wundern, dass Maas unlängst erklärt habe, "die Bundesregierung wolle die Verlage künftig wieder an der Urheberpauschale beteiligen". Dies stünde in krassem Widerspruch zum Ziel der Bundesregierung, die Rechte der Autoren zu stärken, so der Vorwurf im Brief.

Weiter heißt es: "Autoren sind keine Großverdiener. 2015 betrug ihr Durchschnittseinkommen 19.061 Euro. Das entspricht in etwa dem Jahresgehalt eines Zimmermädchens. Selbst 'Bestsellerautoren' können von ihrer Arbeit oft nicht leben. Deshalb ist der jährliche Scheck der VG Wort für Autoren so wichtig."

Spätestens seit dem Reprobel-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sei klar, dass die Urheberpauschale komplett den Urhebern zusteht. Die VG Wort hätte keinen Cent an die Verlage ausschütten dürfen. Schätzungen zufolge seien den Autoren dadurch seit 2001 rund 500 Millionen Euro entgangen – mit diesem Geld hätten die Urheber unfreiwillig die Verlage subventioniert, so der Brief weiter. 

Schließlich appellieren die Unterzeichner an Heiko Maas: "Sorgen Sie dafür, dass fortan die gesamte Urheberpauschale an die Autoren ausgeschüttet wird. Schließlich haben Sie selbst kürzlich erklärt, ausschließlich die Autoren seien Urheber. Folglich können auch nur Autoren Anspruch auf Mittel aus der Urheberpauschale haben."

Koordinator und Initiator der Aktion "Urheberpauschale für Autoren" ist der Journalist und Autor Tom Hillenbrand. Zu den Unterzeichnern des Briefs gehören der Website urheberpauschale.de zufolge Sibylle Berg, Julia Franck, Dagmar Hoßfeld, Navid Kermani, Daniel Kehlmann, Eva Menasse und Bastian Sick.

Mit den 70 Erstunterzeichnern hatte er direkten Mailkontakt, so Tom Hillenbrand gegenüber boersenblatt.net in Bezug auf die Verifizierung der Unterzeichner. "Bei den anderen mache ich Stichproben, speziell bei den Bekannteren und bitte um Bestätigung, bevor ich's freischalte", erläutert Hillenbrand.

Hintergrund

Anfang Dezember hatte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) in seiner Keynote beim Kongress der Initiative Urheberrecht in Berlin in Bezug auf das sogenannte "Reprobel-Urteil" des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gesagt: "Wir werden uns in Brüssel dafür einsetzen, dass eine Beteiligung der Verleger an den gesetzlichen Vergütungsansprüchen auch künftig möglich sein wird".

Am 10. März nimmt der Bundesgerichtshof (BGH) das Revisionsverfahren gegen die Entscheidung des OLG München zum Verteilungsplan der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) wieder auf. Der BGH hatte das Verfahren im Dezember 2014 ausgesetzt, um das oben genannte Urteil des EuGH abzuwarten − das schließlich am 12. November 2015 gefällt wurde und Wellen schlug.

Über die möglichen Folgen des EuGH-Urteils für die deutschen Verlage hat Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang dezidiert auf boersenblatt.net informiert.