Das Interview mit Uwe Turszynski, Mitglied des Verbands Deutscher Antiquare und kürzlich als Aussteller auf der Stuttgarter Antiquariatsmesse vertreten, findet sich hier. Darin äußert Turszynski unter anderem Kritik an der GIAQ und spricht über technische Probleme mit der genossenschaftlichen Verkaufsplattform Antiquariat.de. Ein Kernzitat Turszynskis aus dem Interview lautet: "Die GIAQ hat ja seit 2005 versucht, eine Alternative aufzubauen, da wurde mit viel Glaube, Liebe, Hoffnung herangegangen. Nach dieser langen Zeit greift allerdings der Welpenschutz nicht mehr. Die Resultate sind in meinen Augen ernüchternd, wofür es viele nachvollziehbare Gründe gibt. Letztendlich sehe ich diesen Versuch aber als weitgehend gescheitert an, eine Relevanz für unsere Branche war noch nie vorhanden und ist auch in den nächsten Jahren schwer vorstellbar. Die [...] Probleme mit der hauseigenen Datenbank Antiquariat.de, Kerngeschäft der Genossenschaft, legen beredtes Zeugnis zu den Problemen ab."
Die Redaktion bringt hier die heute als Reaktion auf das Interview eingegangene Stellungnahme des Vorstands der GIAQ in vollem Wortlaut, was angesichts der Bedeutung der behandelten Themen nur angemessen erscheint:
"Das Interview von Dr. Björn Biester mit Uwe Turszynski (Börsenblatt.net. Antiquariat 11. Februar 2016) enthält Tatsachenbehauptungen und Verallgemeinerungen, die uns befremdlich erscheinen, weil Kollege Turszynski nach einem ausführlichen und aufklärenden Gespräch mit GIAQ-Vorstand Dr. Peter Rudolf auf der Stuttgarter Messe seine Aussagen über antiquariat.de durchaus hätte differenzieren können.
Der Serverumzug von antiquariat.de ist nicht mißlungen, denn unser System läuft seit zwei Monaten am neuen Ort. Über die zeitweiligen Störungen als Folge der neuen Serverarchitektur wurden unsere Teilnehmer mehrfach informiert, seine wesentliche Aufgabe als Verkaufsplattform erfüllte antiquariat.de nahezu ungestört, die Umsatzzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr sogar um zweistellige Prozente gestiegen.
Auch daß wir als Kleinstunternehmen keine unbegrenzten personellen IT-Ressourcen haben, hatte Kollege Turszynski zur Kenntnis genommen. So mußten die Störstellen sukzessive beseitigt werden, und auch der letzte Wermutstropfen, das nur nächtliche Update, wird wieder in jenen ultraschnellen Zustand versetzt, durch den unsere Teilnehmer im Vergleich zu anderen Plattformen nahezu verwöhnt waren.
Mit unserer neuen Serverkonstruktion haben wir eine stabile Basis für die anstehenden Erweiterungen und Erneuerungen unseres in die Jahre gekommenen Softwaresystems. Wir bedanken uns an dieser Stelle bei unseren Teilnehmern, die die unerfreulichen Nebenerscheinungen mit respektvoller Geduld ertragen haben. Ein Grundrauschen an supportbedürftigen Problemen besteht immer, das hat weder etwas mit einem Serverumzug zu tun und auch nicht zwingend mit Softwareproblemen seitens antiquariat.de. Fehlermöglichkeiten gibt es in allen Systemen und bei allen Beteiligten.
Interessanter als technische Problembehebung dürften die Konzepte sein, die Kollege Turszynski darlegt, und wir stimmen vollkommen mit ihm überein, daß die Präferierung der eigenen Homepage und der damit verbundenen Individualisierung anzustreben ist. Das steht ja bereits seit zehn Jahren in der Selbstdarstellung auf www.giaq.de. Mehr noch ist dort beschrieben, daß auch die Vernetzung der Händlerhomepages ein wesentlicher Beitrag sein kann, monopolistischen Plattformen ein Gegengewicht zu setzen. Diese Vernetzung ist für die Shoplinks von antiquariat.de bereits seit langem optional einstellbar und wird als Konzept unseres Wissens von keiner anderen Plattform unterstützt. Warum auch?
Wir möchten Kollegen Turszynski auch insofern korrigieren, als unser Shoplink nicht nur kostengünstig ist, sondern kostenlos – es werden keine Verkaufsprovisionen verlangt. Die Kritik an der Datenaktualität für die Homepage ist unverständlich, liegt es doch allein an Kollegen Turszynski, wann er welchen Plattformen seine Daten zur Verfügung stellt. Es klingt grotesk, den momentan vorliegenden Zeitversatz bei antiquariat.de einer Art Wettbewerb 'wer verkauft zuerst' auszusetzen, wenn man ohne Not seine Homepagedaten beliebig lange vorzeitig hochladen kann. Zumindest würde man dies von einem Kaufmann annehmen, der die Wichtigkeit seiner Homepage so ausdrücklich betont und durch diese Maßnahme sogar Verkaufsprovisionen spart. Macht es denn überhaupt einen Sinn, öffentlich Mängel seiner eigenen Homepage zu bekunden?
'… nicht mehr in wirtschaftlicher Abhängigkeit zu stehen' beschreibt Kollege Turszynski nach der ZVAB/Abebooks-Umstellung als das Hauptziel der Branche. Messen, Kataloge und Homepages sollen verstärkt werden, der Verband Deutscher Antiquare soll lediglich der Stärkung der Stuttgarter Messe und der Branchenpolitik dienen. Dieses Füllhorn an Maßnahmen und Innovation bleibt zur Hälfte noch limitiert auf die Verbandsmitglieder. Die GIAQ als definitiv einzige Organisation, die handfeste Lösungen und Konzepte für Homepages und – zunächst – (Gemeinschafts)kataloge organisationsübergreifend umgesetzt hat und bereit ist, diese Schiene weiterzuentwickeln, erklärt er für gescheitert. Warum? Weil die Server einige Stunden nicht erreichbar waren und er es nicht auf die Reihe bekommen hat, mit geringstem Aufwand der Aktualität seiner Homepage den Vorzug zu geben.
Um 'Welpenschutz' hat die GIAQ nie gebeten, sondern um aktive Unterstützung eines Projektes, das auf bescheidenem Niveau seit vielen Jahren sattelfest geworden ist, für jeden Händler Mehrwert erbringen kann und ansonsten doch eigentlich keinem schadet, oder? Weshalb diese Lust an Diskreditierung? Weder die Grundideen sind veraltet noch fehlt es an innovativen Vorhaben. Die eigentlichen Probleme lassen sich genau bezeichnen, wobei nicht 'ehrenamtlich' als hinderliches Adjektiv dienen müßte sondern 'nebenberuflich'. Doch per Definition gilt Leistung = Arbeit/Zeiteinheit – unter diesem Gesichtspunkt wurde eine Leistung erbracht, mit der sich in diesem Geschäftsfeld bisher keine andere Antiquariatsorganisation messen kann. Es steht nicht der GIAQ frei, aus allem Vorhandenen etwas zu machen, sondern den Antiquaren.
'Weitgehend gescheitert' erscheint uns ein Interview, das im Ergebnis weder eine stichhaltige Analyse liefert noch greifbare Perspektiven aufzeigt. Und bei allem Respekt, wie sehr hätten wir uns nach der Stuttgarter und Ludwigsburger Messe ein Interview mit einem der Hoffnungsträger des Antiquariatsbuchhandels gewünscht: Sibylle Wieduwilt, frischgebackene Vorsitzende des VDA – ladies first!
Der Vorstand der GIAQ eG
Dr. Peter Rudolf
Christoph Schäfer (Mitglied im VDA)
Detlef Stechern (Mitglied im VDA)
Hermann Wiedenroth (Mitglied im VDA)"
Ja, wo soll ich da anfangen? Gut; über die Dauer der Ausfallzeiten zu diskutieren ist etwas müßig, darauf hat ja schon der Kollege Meyer sehr klug hingewiesen. Ich hab natürlich nicht Buch geführt, aber glaubt mir einfach: Dieser misslungene (ja, genau so!) Umzug war und ist äußerst nervig, ich hab das nicht aus mir vielleicht unterstellter Bosheit thematisiert. Das ist ein einfach ein Problem gewesen; die mir und euch Giaq-Granden und Ex-Granden durchaus bekannten Gründe will ich jetzt gar nicht aufs Tapet bringen. Hätte es solche Problem bei Abe/Zvab gegeben, wären nicht wenige giaq’ler im Dreieck gehüpft oder in schwere Depression gefallen. Schon minutenweise Ausfälle des ZVAB haben im sog. Hess- bzw. Höfs-Forum für Lebenskrisen gesorgt.
Meine Fundamentalkritik an antiquariat.de und damit auch der Giaq ist keine Diffamierung. Wischt euch einfach mal den Schaum vom Mund und realisiert, eine nach wirtschaftlichen Kriterien arbeitende Firma darf durchaus auch öffentlich kritisiert werden. Muss damit lernen umzugehen und nicht die beleidigte Leberwurst spielen. Selbst die katholische Kirche muss damit leben, auch wenn es den Herren im rosa Kleidchen genauso schwer fällt wie euch.
Womöglich mag aber auch meine öffentliche Kritik ein Anstoß für ein Umdenken und eine tiefgehende Reformation der Giaq darstellen. Ich betreibe dieses Geschäft ja nun auch schon seit ein paar Jahren, auch nicht ganz erfolglos, um das mal ganz unbescheiden zu sagen – da sollte meine Kritik nicht unbedingt so abgekanzelt werden, wie ich das von eurem Großen Vorsitzenden schriftlich und persönlich erlebt habe. Selbstverständlich konstatiere ich, der wohl ziemlich ausschließliche Erfahrungshorizont auf Berliner Flohmärkten mag den Blick auf andere Geschäftsmodelle trüben. Den wirklich im Geschäftsleben stehenden Giaq-Funktionären unterstelle ich ja hoffnungsfroh die Fähigkeit, auch mal über den eigenen Schatten zu springen. Allez-hop!
Vielleicht mögt ihr mir da sogar mal dankbar sein? Jault nicht auf, eine lebendige Diskussionskultur, auch mit sehr konträren Meinungen zum „Giaq-Mainstream“ könnte euch nur weiter bringen. Bei identischen Meinungen heißt das Chorgesang, nicht Diskussion – und mit diesem Unterschied habt ihr eben bislang leider ein paar signifikante Probleme.
Ja, dann gab es ja noch ein paar Vorwürfe, dazu aber nur kurz, ich will es nicht ausufern lassen.
Der Turszynski nutzt ja noch die antiquariat.de Maske. – Ja, warum nicht? Die ist ja nicht schlecht, wenn sie denn mal funktioniert. Darum habe ich sie ja auch in meine website schon vor Jahren einbinden lassen und hab mich eben entsprechend auch über die langen Ausfälle echauffiert. Mit einem gewissen Amusement sehe ich diesen Vorwurf ja gerade von den Kollegen, die nicht müde werden, Amazonien als den neunschwänzigen Leibhaftigen zu brandmarken, aber seit Jahr und Tag wacker ihren Lebensunterhalt über die Amazon-Trabanten bestreiten. Da ist das Hemd halt näher als der Rock… aber lassen wir das. Sollte meine Mitgliedschaft für die Giaq zu unerträglich sein, haben sie ja die Möglichkeit der einseitigen Vertragskündigung. Ich werde auch das ertragen wie ein Antiquar.
Ah, und dann haben wir ja noch den Herbert G. Wells: Mir Feigheit vorzuwerfen ist ja ein bisschen doof. Ich stehe hier mit meinem Namen zu meiner Meinung und wusste natürlich, dass ich mir da keine Freunde machen werde. Ich mache aber meinen Mund auf und tuschle nicht hinter vorgehaltener Hand – oder verstecke mich feige hinter einem Pseudonym.
Mit besten Grüßen an Freund und Feind,
Uwe Turszynski (ein tatsächlich freier und selbstbestimmter Antiquar)