Die von der eBuch beauftragten Rechtsanwälte Ehrlinger, Hagen et.al., Berlin, sehen die kostenlose Download-Aktion wie berichtet als nicht konform mit dem Paragrafen 3 des Preisbindungsgesetzes an. Die kostenfreie Abgabe preisgebundener Bücher an Letztabnehmer verstoße gegen das Preisbindungsgesetz. Aufgrund eines damit verbundenen Preisnachlasses von 100% stelle dies die schwerwiegendste Form der Unterschreitung des gebundenen Ladenpreises dar, so die Einschätzung der Anwälte.
Dieter Wallenfels hingegen sagte auf Anfrage von boersenblatt.net: „Hier liegt kein Verstoß gegen die Preisbindung vor. Bücher zu verschenken ist legitim, das verbietet die Preisbindung nicht.“ Problematisch sei nur die Koppelung eines Geschenks an den Kauf preisgebundener Bücher. Im vorliegenden Fall liege eine solche Koppelung jedoch nicht vor.
Bei der eBuch will man nun abwarten, ob die beklagten Parteien die Unterlassungserklärung unterschreiben und man sich außerordentlich einige oder ob es zu einer Klage mit einer gerichtlichen Entscheidung komme, so Angelika Siebrands vom eBuch-Vorstand gegenüber boersenblatt.net.
So einfach, wie Sie das mit dem "kein Preis = kein Kauf" machen, ist es aber nicht. Der Verkauf eines E-Books ist ja effektiv der Abschluss eines Lizenzvertrags über die Nutzung einer Dienstleistung. Und das Schenken des E-Books ist auch ein Lizenzvertrag zur kostenlosen Nutzung der Dienstleistung. Herr Wallenfels bzw. Herr Russ weisen mit Recht darauf hin, dass im Bereich der Rezensionen da auch ungeklärte Fragen bestehen. Ob man sie besser nicht angeht oder ob man sie besser genau deshalb angeht ist Geschmacksache.
Warum hat man denn bitte seitens der eBuch nicht zunächst erst mit Herrn Wallenfels gesprochen und eine Einschätzung erbeten, sondern stattdessen gleich Pflock und Weihwasser in Form der (in Sachen BuchPrG und BGB äußerst unbeholfenen) Anwälte aus der Schublade geholt? Wäre es nicht wesentlich sinnvoller gewesen, den öffentlichen Diskurs über die Anwendbarkeit des BuchPrG auf derartige Vorkommnisse anhand einer sachlichen und faktenorientierten Grundsatzdebatte anzustoßen, statt hier so ein Zähnefletschen herbeizuführen, das im Grunde keiner Partei wirklich weiterhilft?
Im Übrigen, Sie erwähnen ja selbst die richtigen Einschätzungen von Herrn Russ bezüglich der ebenfalls bedenklichen Weitergabe von Rezensionsexemplaren, kostenlosen Tolino-E-Books, etc.
Die Frage darf insofern doch gestattet sein, warum es dann bisher kein derart scharfes Vorgehen der Mitbewerber gegen solche Dinge gegeben hat, sondern erst jetzt, wenn so ein Fall bei Amazon publik wird.
Insofern bin ich ja durchaus ganz bei Ihnen, eine nachhaltige Branchenstruktur und ein fairer Wettbewerb liegen auch mir sehr am Herzen. Daher allerdings auch mein "Warmlaufen" in Sachen Amazon, denn warum muss ein fairer Umgang mit allen Branchenteilnehmern den gelben Riesen aus Bad Hersfeld immer ausschließen? Und das Amazon als omnipotenter Multiplikator für Druckerzeugnisse auch zu einer gewissen Stabilität oder gar zu Wachstum in bestimmten Bereichen der Branche beiträgt, dürfte ebenfalls nicht zu leugnen sein. Sofern Sie es nicht an der eigenen Absatzstatistik der Backlist merken, können Sie da auch zahlreiche andere Verlage im Land befragen, die Ihnen bestätigen werden, dass insbesondere abseitigere Titel mit seit jeher schwer zu erzielender Sichtbarkeit im stationären Sortiment enorm von Amazon profitieren. Und zwar auch schon zu Zeiten, als die Oline-Shops der meisten Buchhändler noch den Charme und die Funktionalität der 90er Jahre ausstrahlten. Was sie teilweise übrigens heute noch tun, E-Commerce aus dem Libri-Baukasten ist zwar einfach und billig, ringt eingefleischten Amazon-Kunden jedoch nur ein müdes Lächeln ab.
Wenn man sich also mit derartigen Problematiken wirklich aus dem alleinigen Grund der Bewahrung einer nachhaltigen Branchenstruktur ausseinandersetzen will, sollte man 1. über den Tellerrand schauen und ALLE kritisch zu durchleuchtenden Vorgänge in der Branche erfassen und 2. seine Mittel maßvoll und mit Sinn und Verstand wählen, statt gleich nach Gerechtigkeit oder gar Strafe zu schreien, bevor überhaupt nach Abwägung aller Fakten ein Rechtsbruch per Definition begangen wurde.
Denn um es nochmal zu sagen, Amazon bricht im Wesentlichen keine Gesetze sondern beugt vielmehr Gesetze im legalen Rahmen zum eigenen Vorteil. Eine Vorgehensweise, die jedem Unternehmen freisteht und die renommierte deutsche Unternehmen ebenso beherrschen wie alle anderen auch.
Ich verteidige Amazon hier übrigens bestimmt nicht aus sentimentaler Verbundenheit oder gar echter Sympathie, sondern nur, weil ich hier immer wieder extreme Schwarz-Weiß-Malerei feststelle, nicht nur in Bezug auf Amazon. Und ich glaube nunmal, dass diese Haltung für die von Ihnen genannte nachhaltige Branchenstruktur ebenso schädlich ist, wie die angefeindete Dominanz eines Wettbewerbers. Übrigens bin ich ja keineswegs allein mit meiner Sicht der Dinge.
Ich habe hier ja auch schon öfter die Machenschaften von Libri, Thalia/Grüttefien oder Hugendubel angesprochen, da bin ich merkwürdigerweise aber nie so schnell ins Kreuzfeuer geraten wie beim Thema Amazon.
Um es salopp zu sagen, es ist mir schlicht zu billig, immer gleich den Panzer aus der Garage zu holen wenn der Baum des Nachbars gefühlt ein Stückchen über die eigene Hecke ragt. Da sollte die Branche mehr auf dem Kasten haben.
Es stellt sich eher die Frage wie lange muss die "Schamfrist" zwischen einem Geschenk und einem späteren Kauf von preisgebundenen Büchern sein?
Ab wann ist das Geschenk losgelöst von einem späteren Kauf zu betrachten? Einmal aus dem Laden raus, zwei Stunden später wieder rein, oder nach einem Tag, einer Woche?
Ab wann darf Amazon dem Kunden nach dem Illuminati-Geschenk ein preisgebundenes eBook oder Buch verkaufen, ohne das Illuminati als Zugabe im Wert von € 8,00 zu sehen ist. Vorausgesetzt der Amazonkunde kauft nicht gleich preisgebundene Bücher im Wert von über € 400 ein.