Bücher zum Thema Existenzgründung und Businessplan

Selbst und ständig

3. Dezember 2015
Redaktion Börsenblatt

Geduld, Geld und Gefühl. Das braucht es, um ein neues Geschäft auf die Beine zu bringen. Die Reihenfolge ist zwingend einzuhalten, damit das Unterfangen nicht scheitert. Das sehen – zum Glück – nicht alle hier präsentierten Buchautoren so.

Kopfwäsche für Schaumschläger

Nüchternheit misst man nicht nur in Zahlen, sondern auch in Worten. So etwa lässt sich Sandra Bonnemeiers Anleitung für den perfekten Businessplan lesen. Immer schön aufm Teppich bleiben, dann wirkt’s, auch beim Leser – meist sind das ja potenzielle Geldgeber, denen nichts so sehr auf den Keks geht wie Schaumschlägerei. Und noch etwas: Bleiben Sie der pessimistischen Annahme für Ihre Umsatzziele treu, rät die Autorin. Damit das Leben angenehm bleibt und Sie keinen Stress einfahren. Sauber und klar gegliedert: ein idealer Einsteiger in das Wesen des Businessplans.

Sandra Bonnemeier: Der Businessplan. C.H. Beck  / Reihe: Beck-Kompakt  / 128 S.  /  6,90 € 

Dreierpack für Gründer: Nützlich-werbliches Allerlei
Man merkt die Absicht und ist nicht verstimmt: Hier bewirbt ein Buch das einträglichere Seminargeschäft des Autors, der über die Lande zieht und den Träumenden den Spiegel der Wahrheit (über die Selbstständigkeit) vorhält. Etwas gar zu schreierisch gestaltet, das Bücherl, aber gespickt mit wohl nützlichen Infos für alle, die Geld vom Staat wollen, um ihre selbst- oder nicht selbstverschuldete Unmündigkeit (vulgo Arbeitslosigkeit) zu beenden. Aber – jetzt ist man doch verstimmt – die Infos weisen penetrant auf die Seminare hin. Nichts mehr als eine überdimensionierte Werbebroschüre.

Andreas Lutz: Gründungszuschuss und Einstiegsgeld. Linde Verlag / 216 S. / 19,90 €


Erfahrungsinjektion für Junggründer
Die Idee besticht: Viele Jungunternehmer sind nach der Gründung euphorisiert und stürzen sich in die Arbeit. Gut so. Aber es gibt noch viel Punkte zu beachten, damit der Motor des Entrepreneurs nicht bei der ersten administrativen Hürde ins Stottern gerät. Da setzt der Unternehmensberater Lutz an und vermittelt wesentliche Denkanstöße – vom Homeoffice bis zur Steuererklärung. Natürlich wirbt auch dieses Buch für die lukrativen Seminare des Autors. Aber das soll man nicht immer so eng sehen, schliesslich kommen da oft Gleichgesinnte zusammen und bauen so ihr Netzwerk aus.

Andreas Lutz: Jetzt sind Sie Unternehmer. Linde Verlag  / 224 S.  / 19,90 €


Staatliches Startkapital sichern
Wer seine Arbeitslosigkeit gegen eine Ich-AG oder simpel gegen eine existenzsichernde Selbstständigkeit tauschen möchte, ist mit diesem Buch gut beraten – vorausgesetzt, er oder sie weiss mit Zahlen umzugehen. Conditio sine qua non jeglichen Efforts zum Einstieg in das Leben eines Unternehmers. Das Buch richtet sich an jene Existenzgründer, die mit Hilfe des Staats diesen Schritt vollziehen möchten. Da sind harte Nüsse zu knacken, denn die Knete fliesst ja nicht einfach so zum Bürger. Da muss ein Businessplan wasserdicht verfasst sein und allen kritischen Fragen standhalten. Wem das Buch nicht ausreicht als Hilfe zur Selbsthilfe, kann ja (schon wieder!) immer noch Lutzens Seminare besuchen.  

Andreas Lutz: Businessplan. Linde Verlag /  168 S.  / 19,90 €

Alle drei Titel als Box:
Andreas Lutz: Starter-Paket für Gründerinnen und Gründer  /  Linde Verlag / 608 S.  / 29,90 €

 

Frauen gründen anders
Es ist ein Buch ganz eigener Prägung. Nämlich nur für Frauen geschrieben. Und weil die bessere Hälfte der Menschheit ganz anders denkt (und vor allem fühlt!), ist es auch ganz anders geschrieben als alle vergleichbaren Ratgeber. Gefühlvoller. Auf jeden Fall. Da werden die Zahlensüchtigen seufzend das gute Stück wieder ins Regal zurück legen. Nichts drin für die knallhart Rechnenden. Macht nichts, denn die Sichtweise der Autorin zielt auf das, was zur erfolgreichen Existenzgründung ebenso wichtig ist: die innere Balance: Erfolg ist, was folgt. Hm. Der Leitsatz hat was an sich, hat aber viel Erklärungsbedarf. Für männliche Leser viel zu viel. Aber für die ist es expressis verbis nicht verfasst worden.

Brigitte Windt: Mach dich selbstständig. Ariston  /  240 S.  /  14,99 €

 

Eile mit Weile
Das Buch ist nicht mehr das jüngste – macht aber gar nichts, denn der Ansatz von Svenja Hofert ist sehr bedenkenswert: Lieber langsam wachsen mit dem Slow-Grow-Prinzip. Neun Regeln bietet die Autorin an, die allesamt klassischen Ratgebern widersprechen und doch ihre innere Logik besitzen. So etwa Regel 4. "Falsch: Sie brauchen Geld. Richtig: Sie brauchen Zeit." Also ein Buch für ExistenzgründerInnen, das nämlich auch den Prozess der Persönlichkeitsveränderung berücksichtigt, der mit dem Schritt in die Selbstständigkeit notwendigerweise verbunden ist und ihm viel Zeit und Raum gewährt. 

Svenja Hofert: Das Slow grow Prinzip. Lieber langsam wachsen als schnell untergehen. Gabal  /  280 S.  // 24,90 €

Lektion in Laberitis
Sie kennen sicher viele Menschen, die sich gerne reden hören. Aber Sie hören nach einer Weile nicht mehr zu. Gelaber. Genauso ging es mir beim Lesen dieses Buches: platte Schwadroniererei für zaudernde Existenzgründer, mehr fällt mir dazu nicht ein. Gewiss streift Thönessen die wichtigsten Themenfelder dieser komplexen Angelegenheit, aber eben im Plauderton. Dabei helfen doch nur knochenharte Fakten dem Zaudernden seine Frage zu beantworten, die sein Leben verändern wird: Soll ich oder soll ich mich nicht selbstständig machen?

Felix Thönessen: Erfolgreich Unternehmen gründen / Redline  /  264 S.  /  17,99 €  

 

Must-have für Existenzgründer
Derzeit der umfassendste und hart den Fakten entlang verfasste Ratgeber zum Thema Existenzgründung, der überhaupt nicht psychologisiert, sondern nüchtern abwägt, was Chancen und Risiken sind. So präsentiert der Reader Risikobranchen als Top-Ten-Liste und rät nicht davon ab, eine Videothek zu gründen (Rang 2), sondern die Geschäftsidee vielleicht zu überdenken... Ziemlich genau das Buch, das Existenzgründer benötigen und nach erfolgter Selbstständigkeit auch weiter konsultieren können. Dafür sorgt auch eine klare Gliederung und der Hinweis etwa, dass der Frage nach der Rechtsform des künftigen Unternehmens beispielsweise 26 Seiten gewidmet werden. Viel zu viel? Denkste!

Thomas Hammer: Existenzgründung. Stiftung Warentest  /   336 S.  /  29,90 €

 

Konzentration auf den Kunden - für Fortgeschrittene
Der Schweizer Unternehmens(Gründungs-)berater Thomas Stähler wählt einen ganz anderen Ansatz für sein Buch: Er geht von jenen Menschen aus, die dem künftigen Entrepreneur die Existenz sichert. Wer das sein kann? Die Kunden natürlich. Das schön übersichtlich gestaltete Buch versteht sich als Werkzeugkasten, aus dem sich der Leser bedienen soll. Hilfreich sind des Autors Hinweise – die er knallhart seinem Ansatz entlang bedient. Nur der Kunde zählt. Punkt. Hilfreich ist dieses Buch, ja. Aber es setzt voraus, dass der lesende Entrepreneur in spe bereits sein Marketing-ABC gelernt hat und alle wesentlichen Fragen schon beantwortet hat. Sozusagen der Masters-Lehrgang nach dem Ratgeber-Bachelor oder die Nachspeise zu den teilweise schwer verdaulichen Readern.

Patrick Stähler: Das Richtige gründen – Werkzeugkasten für Unternehmer. Murmann  /208 S.  /  29,90 €

 

Umfassende Hilfe für Existenzgründer
Drei Seiten alleine für Abkürzungen gleich zum Einstieg. Alle Achtung. Das verspricht Kompetenz. Und die findet sich auch im Text wieder. Nur: Der Untertitel hält nicht ganz, was er verspricht. Ein Kapitel (von acht) wird dem Thema gewidmet. Dafür bespricht dieser Ratgeber etwa einen Management Buy-out oder Buy-in. Das tun die anderen kaum. Und auch das Personalmanagement kommt nicht zu kurz. Es wird also alles abgedeckt, was der unwissende Existenzgründer in einen Wissenden verwandelt. Das nennt man echte Gründerhilfe. Auch weil dem lieben Geld über 60 von 300 Seiten gewidmet sind. Ach, daran hängt doch alles.

Eva Vogelsang. Prof. Dr. Christian Fink. Matthias Baumann: Existenzgründung und Businessplan. Ein Leitfaden für erfolgreiche Start-ups.  / Erich Schmidt Verlag  / 374 S.  /  34,95 € 

Carlo Bernasconi
ist Autor, Journalist und war 16 1/2 Jahre Redaktionsleiter des "Schweizer Buchhandels". Er betreibt in Zürich ein eigenes Restaurant.