Regelinsolvenz für Also Logistics Services

Ehemalige Weltbild-Logistik macht vorerst weiter

29. September 2015
von Börsenblatt
In einer Pressekonferenz hat der Betriebsrat von Weltbild heute neue Vorwürfe gegen die Geschäftsführung der Schwester Also Logistics Services erhoben – und erklärt, dass der Betrieb am Standort Augsburg erst einmal weitergeht. Die Also Holding wehrt die Kritik ab.

Nach dem lang anhaltendem Tauziehen um das ehemalige Weltbild-Logistikzentrum in Augsburg (heute: Also Logistics Services) nun das: Die Schließung des Standorts ist offenbar abgewendet – nach Angaben des Betriebsrats geht das Unternehmen Anfang Oktober in die Regelinsolvenz. 

Zum Monatsende läuft zunächst das Insolvenzgeld aus, die Geschäftsführung hatte zuletzt, wie berichtet, schriftlich eine Zustimmung des Betriebsrats zu einer Reihe teils schmerzhafter Sparmaßnahmen gefordert (Details im Archiv: "Die angekündigten Investitionen dürften eine Luftnummer sein"). Ohne OK, teilte die Also-Geschäftsleitung mit, werde man das Logistikzentrum wohl schließen müssen. Was aus Sicht des Betriebsrats auch für die Schwester Weltbild bitter gewesen wäre: Die  Schließung von Also hätte Weltbild das Weihnachtsgeschäft ordentlich verhagelt. Doch der Reihe nach. 

Aufatmen in Augsburg: Der Betriebsrat zum Status quo in Sachen Also Logistics Services 

Augsburg. Verdi-Pressekonferenz im Gewerkschaftshaus. Eine sichtlich entspannte und gut gelaunte Männerrunde auf der einen Seite des Tisches, eine Handvoll Journalisten auf der anderen Seite. "Wir haben uns nicht erpressen und über den Tisch ziehen lassen",  erläutert Verdi-Betriebsgruppensprecher Timm Boßmann die Haltung von Gewerkschaft und Betriebsrat im Ringen mit der Geschäftsführung von Also Logistics Services.

Am Donnerstag vergangener Woche habe die Geschäftsführung mitteilen lassen, man wolle das Logistikzentrum in Augsburg nicht schließen. Klar ist dabei: Eher früher als später muss, wie bei der Übernahme eigentlich angekündigt, das Drittkundengeschäft (neben Weltbild)  aufgebaut werden - um eine höhere Auslastung zu erreichen.Die Alternative wäre, hieß es heute, ein massiver Stellenabbau von mindestens 100 Mitarbeitern – den es aber zumindest in diesem Jahr aller Voraussicht nach nicht geben soll. 

Weltbild muss für Leerlauf im Logistikzentrum zahlen

Für die Also-Mitarbeiter bedeute dies, so Boßmann, dass bis Ende Januar alle zu den bisherigen Konditionen weiterbeschäftigt werden. Die Kosten für die nach wie vor nicht ausgelastete Logistik soll Weltbild tragen.

Dennoch dürfte sich in den nächsten Monaten einiges in Augsburg ändern, denn nun ist es am Amtsgericht Arnsberg zu entscheiden, wer ab Oktober bei Also Logistics Services in Augsburg das Sagen hat. Auf die Insolvenz in Eigenverwaltung (siehe Archiv) folgt laut Boßmann zum Stichtag 1. Oktober nun die Regelinsolvenz. Es gilt als wahrscheinlich, dass der vorläufige Sachwalter Frank Kebekus dann zum Insolvenzverwalter bestellt wird - und von seiner kontrollierenden Rolle in die des "starken" Insolvenzverwalters schlüpft.

Es sagt Einiges über die Stimmung bei Also und auch bei Weltbild aus, dass sich Betriebsratssprecher Peter Fitz, der Sachverständige Klaus Warbruck, die Verdi-Funktionäre Thomas Gürlebeck und Timm Boßmann sowie Rechtsanwalt Michael Huber gemeinsam darüber freuen, dass bei dem insolventen Logistiker bald jemand von Außen das Zepter in die Hand nimmt. Dem Betriebsrat, wird ein weiteres Mal betont, habe in den vergangenen Monaten ein Verhandlungspartner gefehlt.

"Der Versuch, die angeschossene Kuh zu melken"

Vor allem die Also-Geschäftsführung wird scharf kritisiert, am meisten einstecken muss Geschäftsführer Rainer Wenz – er habe nichts vorangetrieben, weder vor der Einigungsstelle noch während der Insolvenz in Eigenregie, argumentieren die Arbeitnehmervertreter.  

Ende Juli war der Betriebsrat vom Insolvenzantrag der Geschäftsführung überrumpelt worden. Das Ziel der Droege-Tochter Also sei es dabei gewesen, das Unternehmen "auf Kosten der Allgemeinheit zu sanieren, auf Kosten von Weltbild, auf Kosten der Belegschaft", unterstreicht Betriebsratssprecher Peter Fitz die Vorwürfe. "Sogar von der Diözese München wollte man Geld", so Fitz. Er kritisiert, dass trotz mehrfacher Zusagen Also Logistics Services  nie in den Standort investiert habe und ausgehandelte Verträge ein aufs andere Mal kassiert habe, so etwa im Februar dieses Jahres.

"Es war der Versuch, eine angeschossene Kuh zu melken", glaubt Boßmann – und rechnet vor, dass allein die Kosten des vorläufigen Insolvenzverfahrens dabei längst um ein Mehrfaches höher liegen als der ursprüngliche Fehlbetrag von 250.000 Euro.

Die Mitarbeiter hoffen auf den Insolvenzverwalter in spe    

Die Erwartungen, die dem künftigen Insolvenzverwalter entgegengebracht werden, sind groß. Sogar die Suche nach einem neuen Investor könnte dann in Augsburg wieder zum Thema werden. Doch selbst wenn dieser Investor Weltbild heißen sollte, wie Branchenbeobachter spekulieren, scheint es unwahrscheinlich, dass der Betriebsrat im Rahmen eines Sozialplans nicht über Stellenstreichungen verhandeln muss. "Ein Versandhändler ohne eigene Logistik wird es am Markt schwer haben", dies sei inzwischen wohl auch in Düsseldorf angekommen, kommentiert Thomas Gürlebeck (Verdi Augsburg) eine mögliche Rückkehr des Logistik-Betriebs unter das Weltbild-Dach.

Wer wars? Die Also Holding wehrt sich gegen die Kritik der Betriebsräte

Vor und nach der Pressekonferenz hatte der Betriebsrat die Kollegen am Standort Augsburg zu einer Betriebsversammlung zusammengeholt – um über Ergebnisse zu berichten und noch einmal den eigenen Standpunkt klarzumachen. Die Geschäftsführung blieb außen vor, hat aber im Anschluss ein Rundschreiben an die Mitarbeiter geschickt, das boersenblatt.net vorliegt. Darin gibt die Also Holding, die im Konzerngeflecht noch eine Stufe über der Augsburger Logistikdienstleister steht, den Schwarzen Peter zurück.

Das Hauptargument: „Den Arbeitnehmervertretern ist nicht an einer Einigung gelegen.“ Nicht einmal der Wille, sich mit der Also-Konzernleitung an einen Tisch zu setzen oder sich überhaupt noch im konstruktiven Sinne auszutauschen, sei aktuell vorhanden. „Und das, obwohl wir angeboten haben, massiv in den Standort zu investieren und ihn in einen Also-Logistik-Hub zu verwandeln.“

Die Kurskorrekturen, die dafür nötig gewesen wären, habe man „so sozialverträglich wie möglich“ gestalten wollen – u.a. mit einer Transfergesellschaft für die entlassenen 300 Mitarbeiter und einer Zusage für 100 Kollegen, dass es bis Mitte 2017 nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats zu betriebsbedingten Kündigungen kommt. „Sehenden Auges aber fahren die Arbeitnehmervertreter das Unternehmen gegen die Wand“, werfen die Also Managern den Betriebsräten nun vor und betonen: „Als wir hier einstiegen, haben wir uns große Hoffnungen gemacht und den klaren Wunsch gehabt, dieses Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen.“