Lesensart-Filialnetz bröckelt weiter

Aus in Freising

19. August 2015
von Börsenblatt
Am 20. August wird die Lesensart-Filiale in Freising geschlossen, wie ein Mitarbeiter boersenblatt.net mitteilte. Erst einen Tag zuvor, heute um 10.30 Uhr, habe die Lesensart-Zentrale in Ahaus dies mitgeteilt − und gleichzeitig einen eintägigen Räumungsverkauf (40 Prozent Rabatt auf alle Artikel) angesetzt. Update: Die Räumung am 20. August.

Die vier Mitarbeiter sollen sich am Donnerstag um 9 Uhr bei der Freisinger Filiale (Untere Hauptstraße 18) einfinden, um die Schlüssel abzugeben. Der Laden wird dann geschlossen und geräumt. Die Mitarbeiter sollen freigestellt, der Lohn aus dem Insolvenztopf weitergezahlt werden. Seit März hatte es im Freisinger Laden bereits keinen Filialleiter mehr gegeben, die vier Medienverkäufer haben die Filiale allein gemanagt, berichtet der Mitarbeiter. Wohin die Restware abtransportiert wird, wisse man nicht. Abgeholt wird sie wohl von einem Mitarbeiter aus Ahaus, der schon vor Ort sei.

Schum EuroShop rückt nach

Einen Tag vor der Schließung wurde zudem von der Zentrale in Ahaus ein Räumungsverkauf angeordnet − auf alle Artikel sollte 40 Prozent Rabatt gewährt werden. "Die Bude wurde uns eingerannt", so der Mitarbeiter, auch weil Markttag in Freising sei. Nachmieter wird zum 1. September Schum EuroShop, wie ein Schum-Sprecher gegenüber boersenblatt.net bestätigte. Der Mietvertrag sei bereits unterzeichnet. Ob man künftig noch weitere Lesensart-Filialen übernehmen werde, könne er nicht sagen. Das hänge von eventuellen Maklerangeboten und Mietverhältnissen ab. Einen direkten Kontakt zum vorläufigen Insolvenzverwalter Ulrich Zerrath habe es bislang nicht gegeben.

Lesensart: "Hier zu arbeiten ist der Horror"

Wie war die Situation in den vergangenen Wochen? "Es war ein Horror", so der Lesensart-Mitarbeiter, man habe sich per E-Mail mit anderen Filialen ausgetauscht und so mitbekommen, wie Schließungen ablaufen. Und sich gefragt "wann kommt der Tag bei uns?" Mit einer Schließung habe man daher schon länger gerechnet. Zudem es nach der Übernahme durch Lesensart nie eine Inventur gab. Das hätte das Desinteresse der neuen Geschäftsführung vermittelt, charakterisiert der Mitarbeiter die Stimmung im Laden.

In Freising gab es jedoch weniger Probleme bei Warenbestellungen wie etwa in Friedberg (siehe Archiv: Mitarbeiterin berichtet: "Das Arbeiten unter diesen Bedingungen ist unmöglich"). Die Bücher kamen auch in Freising über Libri, und die Lesensart-Zentrale in Ahaus habe in der Regel die gewünschten Bestellungen genehmigt. Eine Deckelung habe es nicht gegeben. Allerdings wurde ab und an ein Bestellstopp bei Kundenbestellungen ausgeprochen, die Aufträge (über die eine Tabelle angelegt werden musste) wurden dann hinausgeschoben. Der vorläufige Insolvenzverwalter habe sich bislang nicht offiziell bei der Filiale gemeldet, das Juli-Gehalt sei aber per Insolvenzgeld bezahlt worden. Jetzt hoffen die Mitarbeiter, dass das Insolvenzgeld auch im August und September noch kommt.

Bestandsaufnahme: Nur noch 45 Lesensart-Filialen übrig

Auf ihrer Website listete die Buchhandlung Lesensart (lesensart-ahaus.de) am 19. August noch 51 Filialen (von ehemals 67) auf − darunter einige bereits geschlossene. Wenn man also die drei bereits geschlossenen Filialen Bad Hersfeld, Dortmund und Bad Kissingen sowie die ab morgen geschlossene in Freising abzieht, wären es noch: 47. Für zwei weitere (Schwabach; Wiesbaden) hatte Schum EuroShop bereits die Anmietung angekündigt. Wenn man diese streicht, verbleiben noch 45 Filialen.

Von diesen 45 sind 27 in Einkaufscentern folgender Betreiber untergebracht: ECE-Center (14); mfi management für immobilien GmbH (4); diverse Werbegemeinschaften (6) und Sonstige (3).

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Update 21. August:
Wie der Lesensart-Mitarbeiter der Freisinger Filiale gegenüber boersenblatt.net berichtet, sind am 20. August um 9 Uhr zwei Personen (eine davon von der Zentrale in Ahaus) zum Abtransport und Räumung des Ladens erschienen ("in zwei, drei Stunden war ein Großteil verpackt"). Der Mitarbeiter und seine Kollegin (die zwei anderen sind im Urlaub) hätten ihre Schlüssel abgegeben und die Freistellungen lediglich überreicht bekommen − ohne nähere Informationen. Im August und September sollen noch Insolvenzgelder fließen. "Ich selbst habe mit privater Post bereits die Kündigung zum 30. September erhalten", fährt der Mitarbeiter fort. Er vermutet, das sei geschehen, weil er noch nicht so lange im Unternehmen ist. Die Kollegin, seit längerem für Weltbild und dann Lesensart tätig, habe dagegen bislang nur die Freistellung erhalten. Da sich die Schließung schon länger angedeutet habe, hatte sich der Medienverkäufer bereits nach einer neuen Stelle umgesehen − und eine gefunden, die er Mitte September antreten kann.