Dieser Wert ist leicht gestiegen: 2013 lasen 30% der Eltern höchstens einmal pro Woche oder nie vor, 2014 waren es 31%, nun sind es 32%. Von den 68% Prozent der regelmäßigen Vorleser lesen 39% mehrmals pro Woche vor, 18% einmal am Tag und 11% mehrmals am Tag.
"Vor allem Eltern mit formal niedriger Bildung lesen zu selten oder nie vor (51%) und haben darüber hinaus einen besonders konservativen Vorlesebegriff", so die Studie, die ein Projekt von Stiftung Lesen, der "Zeit" und Deutsche Bahn Stiftung ist. Kindern werde tendenziell weniger vorgelesen, wenn
- die Familie in einer Großstadt lebt
- die Kinder viele Geschwister haben
- das Haushaltseinkommen niedrig ist
- die Eltern einen Migrationshintergrund haben
- die Mütter nicht berufstätig sind,
- die Eltern ein niedriges Bildungsniveau haben,
so die Ergebnisse der Vorlesestudie 2019.
"Vielleicht hängen die Ergebnisse auch mit einer unterschiedlichen Interpretation dessen zusammen, was wir abfragen", fragen sich die Auswerter der Studie angesichts des Befunds, dass sich der Anteil derjenigen, die zu wenig vorlesen, kaum verändert. Viele Eltern würden den Begriff des Vorlesens zu eng fassen und denken, dass zum Vorlesen immer ein gedrucktes Buch mit viel Text gehöre. "Schauen Eltern gemeinsam mit ihren Kindern Wimmelbücher an oder lesen Texte vom E-Reader vor, verstehen dies 23 Prozent nicht als Vorlesen." Mit Babys einfache Bilderbücher zu betrachten gehöre für jeden fünften Befragten auch nicht dazu – obwohl gerade diese Impulse für die Entwicklung von Kindern wichtig sind. "Vor allem jene Eltern, die selten vorlesen, denken nur an das klassische Lesen von Buch mit Text", erklärt Jürgen Kornmann, Leiter Marketing & PR der Deutschen Bahn und Beauftragter Leseförderung der Deutsche Bahn Stiftung. "Auch Comics und Bilderbücher anschauen oder das Erzählen von Geschichten hilft den Kindern, Sprache zu entwickeln und lesen zu lernen."
Allerdings setzten Eltern, die im wörtlichen Sinne zu selten vorlesen, auch vorlesenahe Aktivitäten (wie eine Geschichte oder ein Märchen frei erzählen, ein textloses Wimmelbuch betrachten oder aus Zeitschriften, Comics und E-Readern vorlesen) kaum um - auch wenn sie im Alltag ihren Kindern vermutlich meist unbewusst Sprachanregungen gäben.
Nur 43% der Väter lesen ihren Kindern regelmäßig vor
Weiter hat die Vorlesestudie herausgefunden, dass berufstätige Mütter mehr vorlesen als nicht berufstätige. Sie hätten zwar stärker begrenzte Zeiten mit ihrer Familie bzw. ihren Kindern, nutzten diese Zeiten aber gezielter und intensiver. Zudem hätten sie tendenziell häufig eine höhere Bildung, "und höher Gebildete lesen überduchschnittlich häufig vor", so die Studie. Im Vergleich lesen 27 Prozent berufstätiger Mütter zu selten vor, bei den nicht berufstätigen sind es 39 Prozent. Väter sind weiterhin Vorlesemuffel, 58 Prozent von ihnen lesen selten oder nie vor.
Die Vorlesestudie wird seit 2007 jährlich durchgeführt. Für 2019 hat die KMF Krämer Marktforschung GmbH im Juni und Juli 700 Eltern von Kindern im Alter von 2 – 8 Jahren (490 Mütter, 210 Väter) telefonisch befragt. Die Ergebnisse gelten als repräsentativ für diese Zielgruppen.
Zentrale Ergebnisse aus den zurückliegenden Vorlesestudien:
- Kinder, denen regelmäßig vorgelesen wird, sind allgemein erfolgreicher in der Schule. Sie haben in Deutsch, Mathe und Fremdsprachen bessere Noten als Kinder, denen nicht vorgelesen wird. (2011)
- Vorlesen hat eine längerfristige soziale Bedeutung. Wurde Kindern regelmäßig vorgelesen, sind diese häufiger darum bemüht, andere in die Gemeinschaft zu integrieren. Auch ist der allgemeine Gerechtigkeitssinn dieser Kinder besonders ausgeprägt. (2015)
- Vier von fünf Kindern, denen regelmäßig vorgelesen wurde, fällt das Lesenlernen in der Grundschule leicht. Bei den anderen ist das laut ihren Eltern deutlich seltener der Fall (50 Prozent). Fragt man die Kinder selbst, ist sogar mehr als die Hälfte der Grundschüler mit wenig Vorleseerfahrung frustriert, weil ihnen das Lesenlernen zu lange dauert. (2018)