Man verzichte nun zwar beispielsweise darauf, „Werbekostendegressionseffekte“ zu erzielen, sende aber ein eindeutiges Signal der Pluralität und Diversität. Nichtsdestotrotz gelte es, eine gemeinsame Klammer zwischen den Unternehmen zu schaffen, die nach außen sichtbar ist. Daran werde gerade gearbeitet, „ das Thema ist sehr anspruchsvoll“, wie Hartmut Falter einräumt. Zusammen stehen die beiden Buchhandlungen für einen Marktanteil von rund 20 Prozent, zu dem Thalia 18 Prozent und die Mayersche zwei Prozent beisteuert. Beim E-Commerce bewege sich der gemeinsame Marktanteil bei 12 Prozent, wobei 11 Prozent von Thalia kommen.
Keine Schließungen aufgrund des Zusammengehens
Falter, der die Integration zwischen der Mayerschen und Thalia verantwortet, berichtete vom Prozedere. Aus beiden Unternehmen heraus seien insgesamt 18 Tandem-Teams gebildet worden, etwa im Vertrieb, Marketing, Personal oder der Buchhaltung, die jeweils eine gemeinsame Agenda bearbeiten würden. „Es findet ein reger Austausch und ein reges Kennenlernen statt.“ Die Neugier auf die Arbeit der anderen sei sehr groß. Dessen ungeachtet sei die Integration der 55 Buchhandlungen eine „andere Größenordnung“ als die bisherigen Zusammenschlüsse, die sowohl Thalia als auch die Mayersche zu bewältigen gehabt hätten. Auch wenn sich das Filialnetz der beiden Buchhändler an manchen Orten überlappt, solle es keine Schließung auf Grund des Zusammengehens geben. „Jede Buchhandlung, die sich rechnet, wird weiterbetrieben.“ Die Integration laufe neben dem Tagesgeschäft, „das oberste Priorität hat“. Als Zeithorizont bis zum Abschluss der Integration nannte Falter einen Zeitraum zwischen ein und drei Jahren. Vor allen Dingen bei der Harmonisierung der IT-Landschaft sei noch „viel zu tun“.
Partnerschaftsmodelle für die Unabhängigen
Auch wenn die Integration erhebliche Anstrengungen erfordert, die Expansionspläne der beiden Filialisten sind deswegen nicht auf Eis gelegt. „Wir wollen weiterhin kleinere Buchhandlungen und regionale Filialisten davon überzeugen unter das Dach von Thalia zu kommen und deren regionale Verwurzelung erhalten“, erklärt Thalia-CEO Michael Busch. Ab 2020 planen Mayersche & Thalia, dem Buchhandel neue Partnerschaftsmodelle anzubieten. "Das ist für viele Buchhändler eine große Chance, ihre Überlebensfähigkeit zu sichern", meinte Busch. Weitere Details wurden nicht genannt.
Schon jetzt zeichne sich ab, dass die Mayersche durch den Zusammenschluss sehr im digitalen Geschäft profitiert. Falter: „Thalia bewegt sich im E-Commerce auf einem anderen Level als wir. Hier bietet sich für uns ein sehr gutes Wachstumspotenzial, mit dem wir auf die Flughöhe von Thalia kommen können.“ Durch die Einführung der Thalia-Eigenmarken im Sortiment könne die Mayersche ebenfalls gewinnen. Auf der anderen Seite sei Thalia Nutznießer der großen Erfahrung, die die Aachener im Spielwarenbereich haben, betonte Busch. „Spielwaren sind ein bedeutendes Asset der Mayerschen. Das dort vorhandene Know-how werden wir zu Thalia transferieren, was uns einen echten Umsatzschub bringen wird“, freut sich der Thalia-CEO. Das Spielwarensortiment soll in den Thalia Buchhandlungen nach und nach optimiert werden. „Bereits zum Weihnachtsgeschäft werden wir positive Auswirkungen sehen“, meint Busch.
Unter dem Strich bedeute das Zusammengehen mit Thalia für die Mayersche den Aufstieg in eine andere Liga, die Championsleague, wie Falter es formuliert. Für ihn und seine Familie ist das auch verbunden mit der Mitgliedschaft im Eigentümerkreis, der von vier auf fünf Familien gewachsen ist. Die Familie Falter fühle sich wohl zwischen den Familien Kreke, Herder, Busch und Göritz. Das Aufnahmeritual, „fast ein Assessment-Center“, habe er auch bestanden, wie Falter schmunzelnd erzählt: Kitesurfen bei Gibraltar, verbunden mit diversen Bruchlandungen auf dem Wasser und dem Gefühl, diese Sportart nie wieder ausüben zu wollen.
Wenn sich nun also ein brennender Dornbusch derart entblösst für den unabhängigen Buchhandel Kooperationspläne zu schmieden, so rate ich allen Kollegen: Vorsicht, verbrennt Euch nicht die Finger und gedenkt der vergangen Dekaden, in denen Thalia eine enorme Flächenrodung in der Branche veranstaltet hat. Vergleichbar der im Amazonas.
Wobei ich zum eigentlichen Kern der Sache komme. Wie im Gespräch angedeutet, geht es Herrn Busch ja primär um die übergroße Marktmacht amazons. Da dürfen sich die Independents ruhig zurücklehnen, denn wer die vergangenen zwanzig Jahre überlebt hat, hat sein Konzept längst gefunden mit dem er sein Auskomen hat. Im Unterscheid zu Thalia brauchen wir diesen Wachstumszwang nicht so dringend, denn wir haben uns das leseaffine, in der Regel akademische Publikum, gesichert.
Ich kann verstehen, dass Herr Busch in Anbetracht der gewaltigen Kriegskasse amazons ins Schwitzen gerät, aber es gibt halt immer einen größeren Fisch. Vermutlich wird es nach den noch ausstehenden Konzentrationswellen im Süden der Republik eine finale Elefantenschlacht geben. Die brauchen wir nicht zu fürchten, denn das Ergebnis, mit dem wir uns längst arrangiert haben dürfte klar sein.
„Der Berg kreißte und gebar eine Maus” - obacht dennoch, was kommen mag!
Die Independents unter den Buchhandlungen lehnen sich aktuell in der Tat entspannt zurück und bemitleiden die Teile unserer Branche, die zwischenzeitlich von diversen Beriebsberatern übel heimgesucht wurden - nicht mit Häme, aber eventuell doch mit dem Gefühl, selbst einiges richtig gemacht zu haben.
Jens Bartsch - Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln