Erstes Programm im Herbst

Faber & Faber startet neu

18. März 2019
Nils Kahlefendt
Nach fünf Jahren Pause meldet sich der Leipziger Verlag Faber & Faber zurück. Im Herbst erscheint das erste Programm des wiedergegründeten Hauses.      

Der 1990 von Elmar Faber und seinem Sohn Michael gegründete Verlag Faber & Faber gehörte zu den wenigen Nachwende-Gründungen, die die gebeutelte Buchstadt auch überregional im Gespräch hielten. Nachdem Michael Faber ins Amt des Leipziger Kulturbürgermeisters gewechselt war (von 2009 bis 2016), und sich kein geeigneter Mehrheitseigner finden ließ, wurde die Verlagsproduktion 2014 eingestellt; im Dezember 2017 verstarb der Verlagsgründer Elmar Faber.

Im kommenden Herbst wird sich der wiedererweckte Verlag nun mit neuen Büchern unterm alten Namen zurückmelden. Michael Faber hat den Verlag mit seinem älteren Bruder, dem Arzt Renaldo Faber und einem weiteren stillen Gesellschafter neu gegründet. Ebenfalls mit im Boot ist der Vertriebs-Profi Carsten Pfeiffer, der nach über 20 Jahren bei Cornelsen zuletzt als Vertriebs- und Marketingleiter für Egmont tätig war – und Mitgesellschafter beim Verlag Das kulturelle Gedächtnis ist. "Er ist mehr als ein guter Vertriebsmann", sagt Faber über den Sammler und Literatur-Aficionado Pfeiffer, den er bereits aus dessen Zeit als Antiquar und Buchhändler beim Münchner Lyrikkabinett kennt. "Das ist ein Pfund."

Das neue Programm, das 16 Titel umfassen soll, wird in vielen Belangen auch das alte sein: Belletristik, Kulturgeschichte und Kunst, vor allem aber hochwertig illustrierte Literatur. „In die Lücke, die wir da hinterlassen haben“, so Faber, „ist kein Verlag wirklich reingezogen“. In der Reihe Weltliteratur in illustrierten Ausgaben erscheint etwa Javier Marias’ Roman „Der Gefühlsmensch“, illustriert von der jungen Kolumbianerin Stefhany Y. Lozano, zum zehnten Todestag von Raymond Federman kommt aus dem Fundus dessen Roman „Der Pelz meiner Tante Rachel“, neu ausgestattet mit Federzeichnungen von Hartwig Ebersbach. „Wir suchen die Kontinuität“, sagt Faber, „aber wir wollen auch andere Generationsanschlüsse herstellen“. So experimentiert der Leipziger Künstler Carsten Busse (*1965) für einen Fontane-Band mit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelten Cyanotypie. Mit den Bänden 39 und 40 wird auch die Reihe Die Graphischen Bücher. Erstlingswerke deutschsprachiger Autoren des 20. Jahrhunderts fortgesetzt, ebenso wie Die Leipziger Liebhaber-Drucke, die Drucke der Sisyphos-Presse oder die Reihe Buchkuriosa.  

Deutlich stärker als bislang will sich Faber auf dem Feld der zeitgenössischen Literatur engagieren. Quasi als „Türöffner“ für das neue Programm und als Verbeugung vor Alt-Verleger Elmar Faber wird bereits im Sommer dessen Briefwechsel mit Christoph Hein ausgeliefert („Ich habe einen Anschlag auf Sie vor“). Hein, der im April seinen 75. Geburtstag begeht, hat über 37 Jahre mit Elmar Faber korrespondiert, sagt Michael Faber, der den Briefband ediert hat und sich ein ganzes Jahr Zeit nahm, um den Nachlass seines Vaters zu sichten. Neben Erzählbänden von Dorothea Dieckmann („Kirschenzeit“) und Josef Haslinger („Child in Time“) erscheint mit „Im Limbo“ auch das Roman-Debüt der 1988 geborenen Autorin Désirée Opela, die bis 2016 am Deutschen Literaturinstitut Leipzig studierte. Künftig soll der Output bei etwa 20 Titeln im Jahr (acht im Frühjahr, 12 im Herbst) liegen. „Da der Verlagsstart aber bereits die wesentlichen Programm-Linien zeigen soll, haben wir etwas üppiger begonnen.“

In der Herstellung wird Faber eng mit Frank Eilenberger zusammenarbeiten, der bereits für den alten Verlag tätig war. Auch die Zusammenarbeit mit Rainer Groothuis, der Texte von Ingeborg Bachmann und Carl Einstein, die ersten beiden neuen „Graphischen Bücher“, gestaltet, soll fortgeführt werden. Acht freie Vertreter sollen Faber & Faber in sechs deutschen Reisegebieten sowie in Österreich und der Schweiz in die Buchhandlungen bringen. In Sachen Auslieferung will Michael Faber an der LKG festhalten. „Wir haben in mehr als 20 Jahren nur gute Erfahrungen gemacht und werden den Vertrag vermutlich noch auf der Messe abschließen.“

Michael Faber weiß, dass er sich auf ein ehrgeiziges Unternehmen eingelassen hat. In den Jahren, in denen er im Leipziger Rathaus saß, haben ein verändertes Leseverhalten, der Strukturwandel der Medien und die Digitalisierung die Branche ziemlich nachhaltig umgekrempelt. Rezepte, die gestern noch funktionierten, müssen für morgen und übermorgen nicht unbedingt taugen. Michael Faber gibt sich zuversichtlich: „Wir hoffen, in den kommenden zwei, drei Jahren den Platz, den wir verlassen haben, wieder besetzen zu können.“