Robin Schmerer – Allrounder im Independent Verlag
Auf der Visitenkarte von Robin Schmerer steht „Programm und Lektorat“. Das ist Tiefstapelei. Der Mitgründer der Edition W. ist beim #yeaward23 nominiert.
Auf der Visitenkarte von Robin Schmerer steht „Programm und Lektorat“. Das ist Tiefstapelei. Der Mitgründer der Edition W. ist beim #yeaward23 nominiert.
Robin Schmerer ist ein Allrounder, der zwar Programm und Lektorat macht, sich aber auch schon um Herstellung und Grafik und Abrechnung und Veranstaltungsmanagement und Kundenbetreuung gekümmert hat. Er selbst sagt: „Als Verleger werde ich ungern bezeichnet. Das ist für mich ganz klar Rainer Weiss.“ Aber er setzt bei aller Bescheidenheit nach: „Wobei wir versuchen, uns die verlegerischen Aufgaben weitgehend zu teilen.“
Schmerer hat in Frankfurt Germanistik mit Schwerpunkt Kinder- und Jugendbuchforschung studiert, wovon er schwärmt: Man habe „viel über den Buchmarkt gelernt: Wie läuft Marketing ab? Was gibt es für Vertriebskanäle? Wie sieht Marketing besonders für Kinder und Jugendbuch aus? Lektor:innen aus dem Jugendbuch-Verlag kamen und haben erklärt, wie ein Lektorat abläuft.“ Das alles gefiel Schmerer so gut, dass er nach seinem Abschluss eine Weile am Institut arbeitete und mit dem Gedanken einer Unilaufbahn spielte.
Aber das Leben hatte etwas anderes vor: Schmerer engagierte sich nebenbei im Arbeitskreis für Jugendliteratur, der den Deutschen Jugendliteraturpreis verleiht. „Auf einer Buchmesse – ich weiß gar nicht mehr, in welchem Jahr – bin ich einer Anya Schutzbach in die Arme gelaufen, die seit einiger Zeit mit dem Rainer Weiss in Frankfurt einen eigenen Independent-Verlag hatte, nämlich Weissbooks. Wir sind ins Gespräch gekommen, und zwar weil ich ein Namensschild vom AKJ hatte.“ Und weil Weissbooks ausgerechnet da ausnahmsweise ein Kinderbuch im Programm hatte. An diesem „schicksalhaften Tag“, wie Robin Schmerer ihn nennt, hätten sich die Weichen für ein Praktikum bei Weissbooks gestellt – und für Schmerers Zukunft, denn auf dieses Praktikum folgte ein Volontariat, dann die Assistenz der Geschäftsführung.
Er betont, dass er während der fünf Jahre bei Weissbooks alle Arbeitsbereiche kennengelernt habe. „Auch die ganze unliebsame Verlagsarbeit, die viele Praktikanten, die heute zu uns kommen, gar nicht so auf dem Schirm haben. Zum Beispiel, dass man auch viel Buchhaltung machen muss, Honorarabrechnungen, die ganze Titelkalkulation et cetera. Das hab ich alles bei Anya Schutzbach gelernt, von der Pike auf. Und Rainer Weiss war immer der, von dem man lernen konnte, wie man am Text arbeitet, wie man lektoriert und mit Autoren zusammenarbeitet; der hat ja bei Suhrkamp mit vielen Größen zusammengearbeitet.“ All diese Einblicke seien schon auf seiner Stelle als Assistent möglich gewesen – und er habe ein ambitioniertes Belletristik-Programm mitgestalten dürfen.
Als Verleger werde ich ungern bezeichnet. Das ist für mich ganz klar Rainer Weiss. Wobei wir versuchen, uns die verlegerischen Aufgaben weitgehend zu teilen.
Als Weissbooks in die Schweiz verlegt wurde, verabschiedete Schmerer sich schweren Herzens – er wollte in Frankfurt bleiben und fing beim Westend-Verlag an, mit einem Sachbuchprogramm. Erst vermutete er, es könne ihm zu trocken, zu politisch sein. Doch er dachte: „Give it a try“ und traf dort erneut auf Rainer Weiss: „Der Rainer konnte eben doch nicht so ganz ohne die Buchbranche. Und nach anderthalb Jahren Westend sagte er: ‚Mich juckt es in den Fingern, ich hab immer noch so Lust auf gute Texte, auf Autorinnen und Autoren.“ Weiss bot Robin Schmerer eine Zusammenarbeit an, und für den stand fest: „Ja, mein Herz schlägt für die Belletristik – wobei ich das Sachbuch auch neu kennengelernt habe und durchaus mag.“ Er sagte zu. Mit einer vielversprechenden Perspektive: „Rainer meinte, irgendwann müsse er sich wirklich rausziehen und hätte gerne jemand Jüngeren im Team, der dann übernimmt.“
Im Februar 2022 gründeten die beiden mit Westend-Verleger Markus Karsten und Andreas Horn die Edition W als Imprint von Westend, um deutschsprachige Gegenwartsliteratur herauszubringen. Mit aktuell zwei Titeln pro Halbjahr ist das Programm fein kuratiert. Besonders zum Start hätten sie viele junge Autorinnen gehabt, „das war nicht zwingend so gewollt – wir haben das aber sehr begrüßt, als Gegengewicht zum sehr männerlastigen Sachbuchprogramm.“ Als zweiköpfiges Kernteam käme man auch an seine Grenzen, sagt Schmerer. Zum privaten Lesen käme er kaum noch, worunter sein Bookstagram-Account @lesensgefahr ein wenig leide. Andererseits genießt er „diese inhaltlich-programmatische Freiheit“ und, „dass ich jetzt selbst so gute Stoffe entdecken darf!“
Robin Schmerers Schreibtisch steht am Rand der Ladenfläche von Buchkomplizen, der an Westend angeschlossenen Buchhandlung, die oft als Verlagskantine oder für Autor:innenbesuche herhält, und er übernimmt „ein Stück weit auch Buchhandelsaufgaben“. Das macht ihm Freude, ist mitunter aber „auch stressig und herausfordernd. Dieser nette Arbeitsplatz hier an der Schnittstelle, der hat natürlich auch seine Tücken.“ Man werde leicht rausgerissen aus der Konzentration, wenn zwischendurch jemand reinkommt, um Bücher zu bestellen oder zu kaufen. Danach müsse man schnell wieder in seine Arbeit reinfinden.
Den Standort des Verlags genießt Robin Schmerer: „Wir sind genau in der Innenstadt, haben die Kleinmarkthalle direkt gegenüber, wo man sich in der Mittagspause auch schön was holen kann.“ Im lebendigen Literaturleben der Metropole am Main engagiert Schmerer sich ehrenamtlich, wobei er die Szene nicht unkritisch sieht und sagt, es sei „junges Publikum, das in Frankfurt immer noch fehlt!“ Jedenfalls habe er sich in diese „wahnsinnig schöne Stadt“ schon verliebt, als er zum Studieren nach Frankfurt gekommen ist, und wolle nicht mehr weg.
1985 | geboren |
2007 - 2012 | Studium Germanistik, Theater-, Film- und Medienwissenschaften |
2010 – 2014 | Studentische und wissenschaftliche Hilfskraft Goethe Universität Frankfurt |
2015 – 2019 | Volontariat, dann Assistent der Geschäftsführung bei Weissbooks |
2019-2022 | Westend Verlag |
seit 2022 | Programm & Lektorat bei Edition W |
Der Börsenblatt Young Excellence Award wird jährlich von den Unternehmen der Börsenvereinsgruppe vergeben. Im Juni stellt die Börsenblatt-Redaktion alle Nominierten und ihre Arbeit mit persönlichen Online-Porträts vor – ein Kennenlernen mit den Kandidatinnen und Kandidaten gibt es zudem im Live-Format auf dem Instagram-Kanal des Börsenblatts. Die future!publish unterstützt den #yeaward23 als Partner.
Die Entscheidung, wer den #yeaward23 erhält, fällt im Zeitraum vom 30.06. bis 16.07.2023 bei der öffentlichen Publikumswahl auf www.boersenblatt.net.
Alle Informationen zum Wettbewerb unter: www.young-excellence-award.de