Aline Schwarz: Romance in den Ohren

Aline Schwarz brennt für ein Genre und ein Medium: Romance und Hörbuch. Zuerst zu zweiterem: 85 Prozent ihrer Bücher konsumiert sie über die Ohren. Für sie das ideale Medium: „Hörbücher erleichtern es, Literatur aufzunehmen, weil man sie mit anderen Dingen kombinieren kann“, erklärt Schwarz. Auf dem Weg zur Arbeit, beim Putzen, vorm Schlafengehen – „Hörbücher eröffnen Leuten Literatur, die nicht so viel Zeit haben oder dem Medium Buch bisher nicht so nah gekommen sind.“ Außerdem, betont Schwarz, brächten Sprecher:innen eine ganz neue Ebene, eine künstlerische Note ein, sie „auf ein ganz neues Level“ heben. Schon seit der Kindheit hat Schwarz Lust auf dieses Medium – die Option, in diesem Bereich auch zu arbeiten, hat Aline Schwarz aber lange gar nicht auf dem Schirm gehabt.

Sie hat in Göttingen Germanistik und Anglistik im Bachelor studiert, dann wollte sie gerne schon was mit Büchern machen und dachte: „Ich versuch mal, ob ich damit schon irgendwie in die Verlagsbranche reinkomme.“ Als sie die Ausschreibung für ein Volontariat beim Hörbuch Hamburg Verlag sah, ging ihr auf, dass man als Lektorin ja auch Hörbuch machen kann. Ihr erstes Vorstellungsgespräch nach dem Studium hatte für sie große Bedeutung: „Ich dachte, oh nein – und das ist auch gleich so ein Job, den ich wirklich richtig gerne machen möchte!“ Sie wurde genommen.

Danach kam noch ein zweites Volo – mit journalistischer Arbeit bei „Zuhause wohnen“ –, aber schon währenddessen fragte die Ex-Chefin an, ob sie nicht zu Hörbuch Hamburg zurückkommen wolle. Hier betreut Aline Schwarz seit 2018 als Lektorin und Projektmanagerin deutsche und internationale Autor*innen, hauptsächlich aus dem Romance-Bereich.

Womit wir bei ihrer zweiten Leidenschaft wären: Romance, unterhaltende Literatur, Liebesromane. „Leider ein Genre, das oft belächelt und abgetan wird. Es ist natürlich ein Genre, das Geld bringt, aber trotzdem will niemand sich so richtig gerne damit beschäftigen“, sinniert sie und fragt sich, „ob es auch daran liegt, dass solche Bücher oft Frauen und besonders junge Frauen begeistern …“

Sie spielt darauf an, dass das weiß und männlich geprägte Feuilleton gerne auf Unterhaltung hinabblicke, wie es aktuell bei Colleen Hoover und ihrem letzten sehr erfolreichen Romance-Titel passiere. Dabei gestalte unterhaltende Literatur gerade für Kinder den Einstieg ins Lesen freudig und zeige ihnen, dass Lesen für sie funktionieren kann. Schwarz betont außerdem, dass Romance nicht leicht zu schreiben ist – handwerklich sei es herausfordernd, die Aufmerksamkeit der Leser*innen zu halten, wenn nicht der Plot im Vordergrund stünde, sondern die Gefühle.

Und Aline Schwarz muss es wissen, denn sie bringt gerade ihren ersten eigenen Roman bei Forever (Ullstein) heraus – selbstverständlich auch als Hörbuch. Nachdem sie als Kind bereits alle möglichen Geschichten („sowas wie ‚Ich selbst als Hexe‘“) zu Papier gebracht hat und als Jugendliche dann Fan Fiction, kam später die Romance dazu. 2019 ist sie es das erste Mal angegangen, einen kompletten Roman zu schreiben. Nachdem sie 2022 bei einem Schreibwettbewerb von Forever auf die Shortlist gekommen war, hatte der Verlag angefragt, ob sie noch mehr hätte. „Und ich so: ‚Ja, hier ist mein Buch!‘“ So kam es, dass „Read into me“ von Aline Schwarz am 1. Mai 2023 erschienen ist.

Sie möchte gerne noch mindestens ein weiteres Buch schreiben – die Ideen sind da, nur zu wenig Zeit, alle aufzuschreiben. Neben einem 40-Stunden-Job ist es gar nicht so leicht, auch Autorin zu sein: „Man stellt sich das so super romantisch vor – ich hab‘s auch total verklärt, das Schreiben. Ich hab gedacht, es küsst einen die Muse, und dann setzt man sich in jeder freien Minute hin und schreibt.“ Ganz so war es dann doch nicht, erzählt Aline Schwarz. Von Schreibblockaden hat sie auf jeden Fall Ahnung, und ihre innere Kritikerin – „die alte Trulla“, wie sie sie nennt – hat sie manchmal ganz schön im Griff … Aber mit Hilfe zweier Hörbücher konnte sie ihr beikommen: dem Ratgeber „Romancing the beat“ übers Plotten und einem Ratgeber über das Etablieren von Gewohnheiten in kleinsten Tasks und Mini-Zeitabschnitten („Elastic Habits“ von Stephen Guise). Dieses Werk „hat mich in den Modus reingekriegt, dass ich jeden Tag am Manuskript gearbeitet habe. Denn es wär ja albern, nicht zumindest eine Minute zu schreiben … Ich habe natürlich meistens doch mehr als die Minute gemacht – zack, hab ich doch eine halbe Stunde geschrieben.“

Aline Schwarz ist kontaktfreudig, aber dennoch introvertiert, sagt sie. Sie hört gerne zu (nicht nur Profi-Sprecher:innen) und redet lieber über anderer Leute Probleme als ihre eigenen. Als Träumerin würde sie sich einerseits nicht bezeichnen, andererseits sagt sie, man „braucht ein bisschen Träumerisches, um Geschichten zu erfinden – zu erträumen.“

Wenn Aline Schwarz sich für einen Moment ihre eigene Zukunft zurechtträumen kann, dann sieht sie da „viele aufregende Erlebnisse, selbst schreiben, Autor:innen betreuen, tolle Kontakte. Einen Bestseller natürlich! Eine Lesung! Und wenn die Frankfurter Buchmesse das hier liest: Ladet mich ein, ich mach einen Panel Talk, gerne zum Thema New Adult, gar kein Problem!“ Sie lacht und trocken hinterher: „Und mein realistisches Ich sagt: Ich freu mich schon, wenn ich meinen zweiten Roman irgendwann beende.“

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