Spielebranche

Brettspiele in der Kritik

10. Februar 2025
Redaktion Börsenblatt

Das deutsche Brettspiel "La Famiglia – The Great Mafia War“ ist ins Italienische übertragen worden - und hat auf Sizilien aufgrund des Settings heftige Kritik ausgelöst. Auch andere Spiele sorgen für Diskussionen. Die Kritikpunkte reichen dabei von der Farbe der Spielsteine bis zur Darstellung der Figuren.

Das Setting von "La Famiglia" ist an den zweiten großen Mafiakrieg der 1980er Jahre angelehnt – was Regionalpolitiker Alessandro De Leo als "beleidigend für das Image der Sizilianer" kritisierte. Auch Maria Falcone, Schwester des von der Mafia ermordeten Richters Giovanni Falcone, meldete sich laut Spiegel zu Wort: "Ich verstehe nicht, wie jemand auf die Idee kommen konnte, ein solches Spiel zu entwickeln."

Der Erfinder des Spiels, Maximilian Maria Thiel, reagierte betroffen auf die Kritik, betonte jedoch, laut Brettspiel News, dass in der Spielanleitung deutlich werde, dass die Figuren des Spiels frei erfunden seien. Die Darstellung der Figuren als Blöcke rücke die Gewalt in den Hintergrund und hebe die strategischen Besonderheiten des Spiels hervor. Ein Heft, das die zeitgeschichtlichen Zusammenhänge des Spiels erläutert, soll künftig beiliegen.

Das vom Verlag Boardgame Atelier herausgegebene Brettspiel wurde in Cannes 2024 mit dem Preis des Goldenen Ass in der Kategorie Expertenspiel-Preis für besonders anspruchsvolle Spiele ausgezeichnet. Jedoch hat sich bereits bei anderen Spielen gezeigt, dass auch Preisgekröntes für Diskussionen sorgen kann.

Kolonialgeschichte im Brettspiel

So wurde das im Mai 2024 mit dem Cardboard Edison Award ausgezeichnete Brettspiel "Crowded Frontier" von Myles Wallace nach der Preisvergabe massiv kritisiert. Die Kritik richtete sich laut Brettspiel News gegen das Setting des Spiels, in dem es darum geht, Land im US-amerikanischen Westen zu gewinnen. 

Dass dies aufgrund der zeitlichen Verortung in der Kolonialzeit bedeutet, das Land der indigenen Bevölkerung wegzunehmen, wird nicht thematisiert. Der Autor reagierte mit einer Entschuldigung und kündigte eine Überarbeitung des Spiels an. Darüber hinaus wurden die Richtlinien des Preises verändert und die Jury erweitert – um einen sensibleren Blick auf die nominierten Spiele zu gewährleisten.

Rassismus als Kritikpunkt

Dass nicht nur das inhaltliche Konzept eines Brettspiels problematisch sein kann, zeigt ein älteres Beispiel: Das Brettspiel "Puerto Rico" sorgte neben dem Thema auch durch eine rassistische Darstellung der Figuren für Kritik. Das Spiel, 2002 erstmals erschienen, wurde deshalb mehrfach überarbeitet (mehr dazu in diesem "Spiegel"-Artikel".)

Ursprünglich mussten die Spielenden als europäische Eroberer Plantagen bewirtschaften. Die Arbeit wurde von Sklavenfiguren in Form von braunen Spielsteinen verrichtet. Das Spiel löste dem Tagesanzeiger zufolge Kritik aus, weil es die grausame Geschichte der Sklaverei verniedliche. Preise bekam es dennoch – darunter den "Deutschen Spiele Preis 2002" und den "International Gamers Award 2003". Der Verlag reagierte allerdings auf die Kritik und verlegte das Setting in das Jahr, als Puerto Rico unabhängig wurde.

Auch Kartenspiele betroffen

Der Fall des 2020 erstmals erschienen Kartenspiels "Tukdatu – Wer überlebt den Dschungel?" macht deutlich, dass die Diskussionen nicht nur komplexe Gesellschaftsspiele betreffen. Das bei Riva verlegte Spiel geriet aufgrund von rassistischen, sexistischen und stereotypen Grafiken in die Kritik. Der Verlag zeigte sich einsichtig: Man sei neu in der Spielbranche gewesen und habe den Fokus zu stark auf die Umsetzbarkeit des Spiels gelegt (mehr dazu auf spielpunkt.net).