Offener Brief an Libri und eBuch

Sperren rechter Verlage in White-Label-Shops

3. Mai 2023
Redaktion Börsenblatt

Mit einem Offenen Brief, der unter anderem von der Kohsie Diversity Buchhandlung initiiert wurde, beklagen rund 50 unabhängige Buchhandlungen die "Präsenz rechtsradikaler Verlage" in ihren White-Label-Shops – und fordern bessere Sperrmöglichkeiten. Antworten darauf von Libri und eBuch lesen Sie hier.

Der Offene Brief vom 27. April ist an die Geschäftsführung der Libri GmbH und die Vorstände der eBuch e.G. gerichtet. Diverse Medien hätten das Thema bereits aufgegriffen und über die Maßnahmen der Kolleg:innen von Kohsie und She said gegen "die Präsenz rechtsradikaler Verlage in unseren Onlineshops berichtet".

"Es entspricht ganz und gar nicht den Werten unserer Buchhandlungen, der menschenfeindlichen Literatur der Verlage, die u.a. von der Bundeszentrale für politische Bildung dem rechten Spektrum zugeordnet werden, Sichtbarkeit in unseren Verkaufsräumen zu geben. Dort lehnen wir den Handel mit dieser Art von Literatur konsequent ab", heißt es weiter. Das gleiche Prinzip wolle man auch in den Webshops widerspiegeln und durchgängig anwenden. Diesem Anspruch stehe die derzeitige Praxis der von Libri und eBuch (mit "genialokal") in Dienstleistung angebotenen White-Label Webshop-Lösung entgegen, welche derzeit von rund 1.300 Buchhandlungen zur Teilnahme am Onlineverkauf in Anspruch genommen werde.

Denn, die aktuelle technische Ausgestaltung des Shopsystems führe dazu, dass alle Literatur, der mit Libri in Geschäftsbeziehung stehenden Verlage, automatisch auch in allen Webshops jener Buchhandlungen angeboten werden, die mit der Libri und bzw. mit der genialokal-Shoplösung von eBuch am Onlinehandel teilnehmen. Bedauerlicherweise umfasse dies auch rechte Verlage. 

"Es geht um unseren Ruf und unsere Seriosität", beklagen die Unterzeichner des Offenen Briefs. "Die derzeit bereitgestellte Sperrmöglichkeit bei Libri auf Titelebene muss von jeder einzelnen Buchhandlung in Eigenarbeit der Recherche und Überwachung der entsprechenden Verlage durchgeführt werden, wenn der eigene Webshop frei von Literatur rechter Verlage bleiben soll." Der regelmäßige Zeitaufwand dafür verursache redundante Kosten, da ein und dieselbe Arbeit kontinuierlich in jeder Buchhandlung jeweils im eigenen Webshop ausgeführt werden muss. 

In den circa 700 Genialokal-Webshops der eBuch, welche ebenfalls das Libri-Shopsystem nutzen, sei es überhaupt nicht möglich einzelne Titel zu sperren

Im Offenen Brief werden daher mehrere Forderungen aufgestellt:

  • "Wir fordern hiermit von Libri zeitnah die technische Verwaltung des Online-Shopsystems dahingehend bereitzustellen, dass das geführte Sortiment rechter Verlage mühelos mit einem Mausklick gesperrt werden kann." Zum Vergleich wird hier Zeitfracht angeführt, das seinen Kund:innen den Ausschluss von Verlagen in deren White-Label-Shops ermögliche. "Eine technische Lösung ist also definitiv möglich." Der Ausschluss von Verlagen etwa über das ISBN-Präfix scheine keine große Programmierleistung zu erfordern. 
  • "Es sollte für in einer Demokratie tätige Unternehmen der Literaturbranche eine Selbstverständlichkeit sein, sich daran zu beteiligen den Marktzugang für jene, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind, zu erschweren, statt zu vereinfachen."
  • "Wir als Verantwortliche, die wir mit unseren Namen für das Sortiment in unseren Webshops stehen, fordern von Libri eine Artikel-Shopverwaltung mit Zustimmungsverfahren (Opt-In) auf Verlagsebene."
  • "Darüber hinaus fordern wir eine technische Lösung für den einfachen Export von EANs und Titellisten aus der Quimus-Bibliografie zur weiteren Verarbeitung in gängigen Dateiformaten."

Für eine Zusammenarbeit bei der Umsetzung der nötigen Maßnahmen und Anfragen, welche Bedürfnisse Buchhandlungen haben, stehe man gerne zur Verfügung.

eBuch: Möglichkeit zur individuellen Titelsperre soll kommen

"Die eBuch und ihre Mitgliedsbuchhandlungen stehen für kulturelle Vielfalt sowie Meinungsfreiheit und distanzieren sich in aller Deutlichkeit von jeglichem rechten oder anderweitig diskriminierendem Gedankengut", erklärt Angelika Siebrands im Namen von Vorstand & Geschäftsführung der eBuch eG. 

Und weiter: "In all unseren buchhändlerischen Systemen (Bibliographie-System, Titelkatalog-Datenbank) oder B2C-Kanälen (genialokal.de, Kundenmagazin schönerlesen) haben wir – gemeinsam mit unserem Kooperationspartner Libri – sehr hohe Standards, um rechtsradikale oder andere diskriminierende Literatur auszulisten. Die Grundlage dieser Auslistung bzw. Nichtlistung ist die geltende Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland sowie die Informationen zur Indizierung der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz."

In diesem Sinn stehe der Kooperationspartner Libri außerdem in Verbindung zu diversen nationalen und internationalen Institutionen mit dem Ziel, gesetzeswidrige Titel in der Titelkatalog-Datenbank auszulisten.

"Die Möglichkeit zur individuellen Titelsperre auf der Plattform genialokal.de ist bereits in der Entwicklung und wird mit dem nächsten Release (voraussichtlich 4–6 Wochen) den teilnehmenden Buchhandlungen zur Verfügung gestellt", kündigt Siebrands an.

Libri: "Wir arbeiten an der Weiterentwicklung unserer Buchhandelssysteme"

"Mit Millionen nationaler und internationaler lieferbarer Titel im Angebot stehen wir für Vielfalt im Buchmarkt, die wir unseren Buchhandlungskund:innen zur Verfügung stellen. Bei der Aufnahme der Titel in unseren Katalog richten wir uns nach der geltenden Gesetzgebung", führt Libri in einem Statement zum Offenen Brief aus. "Ausschließlich Titel, die nicht gegen Gesetze verstoßen oder die Rechte Dritter verletzen, können gelistet werden." Man stelle mit Libri.Shopline eine White-Label-Shop-Lösung zur Verfügung, die es allen Buchhandlungen ermöglicht, einen eigenen Online-Shop einfach und ohne großen Aufwand zu betreiben – mit einem umfassenden Titelangebot. 

Mit der Idee "eine Lösung für alle" sei Libri.Shopline und die zu Grunde liegende technische Architektur entwickelt worden. "So greifen bei Libri.Shopline alle knapp 1.500 Buchhandlungen auf denselben Titelkatalog zu und haben die Möglichkeit, einzelne Titel hervorzuheben oder auch zu sperren. Anders als bei Warenwirtschaftssystemen gibt es somit keinen händlerspezifischen Katalog."

Umfassende Änderungen bei Libri.Shopline, wie das Verwalten eines Händler-spezifischen Sortiments, seien damit mit einem hohen Entwicklungsaufwand verbunden. Diese Herausforderung habe man auch in persönlichen Gesprächen versucht, deutlich zu machen.

"Wir arbeiten bereits unabhängig von der aktuellen Diskussion an der Weiterentwicklung unserer Buchhandelssysteme", so Libri. Ziel sei, die Verzahnung des stationären Sortiments und des Online-Sortiments weiter voranzutreiben. Die Entwicklung werde aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

"Als Partner des Buchhandels verstehen wir den Wunsch, das eigene Online-Sortiment individuell anpassen zu können, sehr gut. Wir stehen daher auch stets für einen offenen Dialog zur Verfügung und werden auch den persönlichen Austausch weiterhin suchen, um gemeinschaftlich unsere Buchhandelslösungen weiterzuentwickeln", heißt es abschließend.