Was haben Sie sich persönlich für 2022 mit Umbreit vorgenommen?
Nach sehr anspruchsvollen Monaten – das Jahr 2021 war aus meiner Sicht schwieriger als 2020 – wird auch 2022 gespickt sein mit vielen Herausforderungen. Die Pandemie wird uns noch lange nicht in die Normalität entlassen, davon bin ich inzwischen überzeugt. Im Unternehmen haben wir schnell gelernt zu reagieren und uns flexibel und effektiv auf neue Vorgaben und Rahmenbedingungen einzustellen. Doch die Erfahrung zeigt, dass es ein wenig statisches System ist. Ständig und ganz kurzfristig kommt Neues hinzu und gerade erst eingetaktete Prozesse müssen umgeworfen und modifiziert werden. Das stellt auch alle Mitarbeiter:innen kontinuierlich vor große Herausforderungen.
Ungeachtet aller Corona-Hürden, kommen auf der Kostenseite komplexe Themen auf uns zu, die es zu meistern gilt. Es beginnt mit den Energiekosten, die in die Höhe schießen und geht weiter mit Engpässen und Preissteigerungen bei Papier für Verpackungsmaterial; auch im Barsortiment sind Einzelverpackungen durch den Versand an Endkunden im Auftrag der Buchhandlungen von großer Bedeutung. Beide Ressourcen sind unabdingbar für das tägliche Geschäft.
Ein weiteres Thema ist die Personalrekrutierung – hier müssen neue Wege beschritten werden. Denn es geht nicht nur die um schiere Anzahl der Mitarbeiter:innen, die wir brauchen, um einen guten Job zu machen. Es geht auch darum, Mitarbeiter:innen zu finden und zu halten, die gemeinsam mit unseren langjährigen Kolleg:innen auch beschwerliche Zeiten durchzuhalten bereit sind.
Und natürlich: das Thema Logistik bleibt weiterhin ganz oben auf der Agenda. Es wird permanent darüber gesprochen und täglich wird deutlicher: wenn keine Lösungen für dieses enorme Kostenproblem – das sich mit der neuen Regierung und Klimaschutzvorgaben der EU immer weiter verschärfen wird – erarbeitet und gefunden werden, wird die Branche ihre einzigartige Logistik nicht mehr aufrechterhalten können.
Und um den Blumenstrauß noch bunter zu machen, müssen wir uns weiterhin mit den Auswirkungen der sich verschärfenden Marktkonzentration auseinandersetzen. Diese Konzentration hat eine große Bedeutung für alle Lieferanten, für die Logistik, für die kleineren Buchhandlungen und nicht zuletzt auch für die Verbraucher.
Wir werden nicht alle Problemfelder in einem Jahr lösen können, doch wir müssen große Schritte tun. Und diese möchte ich kombinieren mit einer weiterhin sehr klaren und ehrlichen Kommunikation sowohl im Unternehmen als auch zu allen Geschäftspartner:innen. Mit dem Ziel zu informieren, zu überzeugen, zu motivieren, zu verbinden. Und im besten Fall unmöglich scheinendes möglich zu machen.
Was ist Ihre größte Hoffnung für das Jahr?
Dass die Branchenteilnehmer, dort wo es Sinn ergibt, gemeinsame Lösungen suchen. Wettbewerb ist wichtig und gut. Für ebenso wichtig halte ich aber auch, dass für fundamentale Probleme der Branche gemeinsame Ziele ihren Platz haben.
Eine zweite Hoffnung ist, dass den allgegenwärtigen, berechtigten und wichtigen Rufen nach Preiserhöhungen endlich Taten folgen. Einsparungs- und Rationalisierungspotentiale sind an vielen Stellen ausgeschöpft und können dazu keinen großen Beitrag mehr leisten. Alle Branchenteilnehmer brauchen ein Aufholen der viel zu lange stagnierenden Preise dringend, um die Kostenexplosion zumindest teilweise abfedern zu können.
Und Ihre größte Befürchtung?
Dass die durch Corona so angespannte Welt alle Mitmenschen noch dünnhäutiger und erschöpfter werden lässt. Dass toxische Kommentare und Unterhaltungen immer mehr spalten. In einer Zeit, in der vieles nur gemeinsam und mit Solidarität gehen kann, in der Zusammenhalt und Fairness im Umgang von großer Bedeutung sind.