Kolumne von Franziska Werum

Onboarding digital: Wir wollen Euch kennenlernen!

25. August 2021
Redaktion Börsenblatt

In ausschließlich digitaler Form neu in einer Firma sein, vom Home Office aus Kolleginnen und Kollegen kennenlernen, Strukturen verstehen müssen und Ansprechpartner finden – und das alles über einen Bildschirm. Das muss gehen, aber wie? Unsere Kolumnisten Franziska Werum sieht im digitalen Onboarding auch Vorteile.

Aktuell versteht es sich fast von allein, dass man in einem neuen Job in unserer buchigen Branche die Aussicht auf Homeoffice hat (oder aus verschiedenen Gründen haben sollte). In einem großen Unternehmen mit vielen Mitarbeitenden ist die Aussicht des Neuankömmlings dabei alles andere als rosig - dabei ist so ein erster Tag im neuen Job sowieso schon stressig genug. Anstrengend, viele verschiedene Eindrücke, dort Meetings, hier Absprachen, da Reportings, auf jeden Fall der Chef:in berichten und am Ende bestenfalls alles verstanden haben, denn am nächsten Tag soll man allein und selbstständig durchstarten. Naja, so oder so ähnlich stellt man sich als Arbeitgeber:in den idealen ersten Tag vor, damit sofort und überall alles reibungslos läuft.

Ein erster Chat vielleicht über die Firmen-Software, ein nettes GIF, ein Anpingen zum Anruf in der Mittagspause, in der man sowieso mit den Lieblingskolleg:innen beim Essen quatscht und die Neuen kennenlernen will.

Digitales Onboarding kann ein großer Gewinn sein

Nun sind wir von zu Hause aus nicht in der Lage, der mit Sinneseindrücken und womöglich leicht überforderten neuen Kraft einmal beruhigend über den Tisch hinweg zuzulächeln, sie zum Mittagessen einzuladen oder beim Vorbeischlendern wie nebenbei am Schreibtisch stehenzubleiben, um zu plaudern und dabei gleich Hilfe bei etwaigen Fragen anzubieten. Oder? Wir haben seit März 2020 viel gelernt, aber digitales Onboarding neuer Kolleg:innen? Da sind einige skeptisch.

Tatsächlich kann es ein großer Gewinn sein. Sich digital kennenlernen bedarf keines exklusiven Raumes, keiner Bewegung an einen Ort, es fällt sogar leichter, die entsprechende Person anzusprechen. Ein erster Chat vielleicht über die Firmen-Software, ein nettes GIF, ein Anpingen zum Anruf in der Mittagspause, in der man sowieso mit den Lieblingskolleg:innen beim Essen quatscht und die Neuen kennenlernen will. Eine Einladung in den Gruppenchat, vielleicht ein motivierendes Video einer hart arbeitenden Katze oder zum Feierabend das eines Hundes, der endlich den Laptop seines Frauchens zuklappt. Das alles und natürlich mehr kann digital.

Man kann gemeinsam von zuhause aus „Büro spielen“ und im Call die anderen im Hintergrund leise tippen hören, ohne ein großes Gespräch zu führen. Man kann gemeinsam kochen, essen, snacken, schnacken, arbeiten, kurz: schnell, einfach und unkompliziert Freundschaft schließen.

Wir wollen Euch kennenlernen!

Dabei muss man Vertrauen haben. Die Neuen in die Kolleg:innen, die Kolleg:inen in die Neuen. Vertrauen, dass sie beide wollen. Aber das ist keine neue Situation. Der Apell muss sein: Wir wollen Euch kennenlernen! Denn beide Seiten profitieren davon, neue Kontakte zu knüpfen und darauf aufbauend gemeinsam zu arbeiten, Freundschaften zu schließen. Das ist der gleiche Apell wie eigentlich immer, wenn wir neue Menschen in die Firma, in unser Leben lassen. Wir sollten uns Mühe geben, den digitalen Raum attraktiv und die Möglichkeiten, darin zu arbeiten, auch im Hinblick auf persönliche Beziehungen attraktiv zu halten.

Denn das kann sehr gut funktionieren! Kolleginnen aus weiter entfernten Standorten sind auf diese Weise kaum weiter weg als die, die die Straße runter wohnen und ebenfalls über die Online-Konferenz mit uns plaudern. Wir können uns abends zum Feierabendplausch treffen, ohne weite Strecke hinter uns zu bringen, ohne früher gehen oder auf alkoholische Getränke verzichten zu müssen, weil noch gefahren werden muss. Die Hemmung, sich bei einem Telefonat zu verquatschen, wird niedriger (entschuldigt, liebe Chefs und Chefinnen!), weil wir es so gewohnt sind. Freundschaften können sich in einem regelmäßigen Online-Termin entwickeln, den man zu zweit hat, oder zu dritt, zu viert. Man kann gemeinsam von zuhause aus „Büro spielen“ und im Call die anderen im Hintergrund leise tippen hören, ohne ein großes Gespräch zu führen. Man kann gemeinsam kochen, essen, snacken, schnacken, arbeiten, kurz: schnell, einfach und unkompliziert Freundschaft schließen.

Überall und immer gemeinsam arbeiten

Deswegen lautet der eigentliche Apell, dass digital neu dazukommen gar nicht so schlimm ist. Im Gegenteil beinhaltet es neue Chancen, überall und immer gemeinsam arbeiten und diverse Menschen kennenlernen zu können. Wir sind bereit und bemühen uns. Aber das ist nichts neues. Nur dass wir noch immer häufig gestikulieren, dass das Gegenüber noch stumm geschaltet ist. Das ist neu.. Und auch nach einem Jahr noch können wir gemeinsam darüber lachen.

Unsere Kolumnistin

Franziska Werum (23) lebt und studiert Buchwissenschaften in Mainz. Neben dem Studium arbeitet sie seit zwei Jahren im Bereich Marketing und Social Media bei MVB und schreibt unabhängig davon Rezensionen im Netz unter @wortesammlerin. Im Börsenblatt schreibt sie aus der Sicht der Young Professionals über die digitale Welt in der Branche, was ihr fehlt und was sie hat, über die Debattenkultur im Netz und Veränderungen, die unser Miteinander prägen.

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