Lieber weniger arbeiten
Frauen wollen ihre Arbeitszeit aufstocken, Männer möchten reduzieren. Insgesamt wollen viele Beschäftigte aber am liebsten weniger arbeiten, zeigt eine Arbeitszeitstudie der Bertelsmann Stiftung.
Frauen wollen ihre Arbeitszeit aufstocken, Männer möchten reduzieren. Insgesamt wollen viele Beschäftigte aber am liebsten weniger arbeiten, zeigt eine Arbeitszeitstudie der Bertelsmann Stiftung.
Bei der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit von Männern und Frauen klaffen Wunsch und Wirklichkeit auseinander. Zu diesem Ergebnis kommt die frisch veröffentlichte Studie »Zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Unter- und Überbeschäftigung auf dem deutschen Arbeitsmarkt«, vorgelegt von der Bertelsmann Stiftung. Im Mittelpunkt der Studie stehen die Entwicklung der tatsächlichen und gewünschten Arbeitszeiten seit 1985 und die Gründe für die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit.
Der Studie zufolge, durchgeführt vom ifo-Institut im Auftrag der Stiftung, wünschen sich vor allem Männer eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit. 17 Prozent der weiblichen, aber nur neun Prozent der männlichen Beschäftigten möchten gern mehr arbeiten. Laut Studie arbeiten Männer im Schnitt 41 Stunden in der Woche, Frauen 32 Wochenstunden. »Unterschiedliche Arbeitszeiten sind einer der Hauptgründe für die unterschiedlichen Erwerbseinkommen von Männern und Frauen. Unsere Analysen zeigen: Das Potenzial für die Angleichung von Arbeitszeiten ist da. Und es ist auch gesellschaftlich geboten«, kommentiert Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, die Zahlen.
Frauen mit Kindern können ihre Arbeitszeit schwerer an ihre Wünsche anpassen als Männer, bei denen Kinder kaum Einfluss auf die Arbeitszeitwünsche haben: »Fehlende oder zu teure Kinderbetreuung führt immer noch dazu, dass insbesondere Mütter ihre Arbeitszeitwünsche nicht realisieren können«, sagt Dräger. Auch acht Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz müssten die Angebote ausgeweitet werden. Darüber hinaus müssten Fehlanreize im Steuer-, Abgaben- und Transfersystem abgebaut werden, da sie die Mehrarbeit für Frauen und Mütter häufig unattraktiv machten, so Dräger.
Das Potenzial für die Angleichung der Arbeitszeiten von Männern und Frauen ist da.
Jörg Dräger
Die Kita- und Schulschließungen während der Corona-Pandemie würden sich ersten Untersuchungen zufolge zusätzlich negativ auf die Arbeitszeitwünsche von Müttern auswirken, so die Analyse der Arbeitszeitstudie. Ohne funktionierende Kinderbetreuung würden Frauen sich weiter aus der Erwerbsarbeit zurückziehen. »Die Pandemie verdeutlicht: Gute Kitas und ein gutes Ganztagsangebot in den Schulen sind zentral, damit Mütter ihre Arbeitszeitwünsche umsetzen können«, so Dräger.
Sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern gibt es der Studie zufolge aber viele Beschäftigte in Deutschland, die gern weniger arbeiten möchten: 50 Prozent der männlichen und 41 Prozent der weiblichen Befragten arbeiten demnach mehr, als sie gern würden. Männer wünschen sich statt der 41 Arbeitsstunden in der Woche 37 Stunden. Frauen würden statt 32 Stunden gern 30 Wochenstunden arbeiten. Beide Gruppen würden für weniger Arbeitszeit einen Lohnverzicht akzeptieren.