Stellenmarkt

Head of Irgendwas

4. Dezember 2020
Marcus Schuster

Globalisierung und Digitalisierung bringen laufend neue Berufsbilder und Jobtitel hervor. Das kann durchaus sinnvoll sein, sagt Jochen Mai von Karrierebibel.de. Wenn es nicht nur Kosmetik ist, um eine Gehaltserhöhung zu vermeiden.  

Immer öfter werden in Stellenausschreibungen neuartige Jobs angeboten, so wie »Product Owner« oder »Specialist« für XY. Letzteres versteht sich doch eigentlich von selbst: Das Unternehmen sucht einen Spezialisten.
Genau, einen Laien möchte man sicher nicht für die betreffende Stelle engagieren (lacht). Im Ernst: Viele Branchen, wie zum Beispiel der IT-Bereich, sind stark angelsächsisch geprägt. Begriffe wie Content Manager, Community Manager oder der SEO Engineer haben sich einfach eingebürgert. Niemand würde auf die Idee kommen, nach einem »Suchmaschinenoptimierungsingenieur« zu suchen. Durch die »job descriptions« – schon wieder ein Anglizismus – dokumentieren deutsche Unternehmen, dass sie modern sind und international denken. Außer-dem verdeutlicht man einer multikulturellen Beleg- und Kundschaft, wer was macht. Und meistens verbergen sich dahinter ja tatsächlich neue Tätigkeiten. 

Der frühere Hausmeister, der heute ein Facility Manager ist, wurde zum Sinnbild für die Kehrseite dieser Entwicklung. Wann sind neue Berufe nur Kosmetik?
Wenn man sie nicht sinnvoll in ein Organigramm einsortiert und Zuständigkeiten klärt. Nur einen neuen Titel zu vergeben ist albern und wird schnell entlarvt – wenn zum Beispiel der betreffende Mitarbeiter weiterhin nichts entscheiden kann und auch kein Budget bekommt.

Nur einen neuen Titel zu vergeben ist albern und wird schnell entlarvt.

Jochen Mai

Verändern sich durch neue Jobtitel nicht automatisch ­Hierarchien oder Ansprüche? 
Nein, nicht direkt. Oft sieht es einfach nur auf der Visitenkarte oder in der E-Mail-Signatur besser aus, aber es entstehen keine unmittelbaren Ansprüche daraus. Im Gegenteil: Manchmal versuchen Unternehmen, ihre Mitarbeiter mit schicken Titeln aufzuwerten, um etwa eine Gehaltserhöhung zu vermeiden. Ich kenne das aus der Agenturwelt: Da wirkt der Senior Project Manager oder der »Head of« gern mal als Beruhigungspille. Was Hierarchien betrifft, wurden diese in den vergangenen Jahren ohnehin eher abgebaut und Organisationen verflacht. Neue Titel führen in der Regel nicht zu großartig veränderten Verantwortlichkeiten, sondern höchstens zur Differenzierung auf einer Ebene.

In welchen Branchen sind neue Berufsbezeichnungen am verbreitetsten? 
Neben dem IT-Bereich in allen international agierenden Branchen, vor allem im Bankenwesen und im Bereich Beratung bzw. Consulting: Üblicherweise fängt man dort als Business Analyst an, wird erst Junior und dann Senior Consultant und vielleicht irgendwann sogar Partner – wobei der Aufstieg auf der Karriereleiter logischerweise nicht nur von den Berufsjahren abhängt, sondern auch von der persönlichen Leistung. Eher selten kommt so etwas im Mittelstand vor – der ist zwar auch oft international aufgestellt, braucht aber diese Titel nicht.

 

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