Ein Geben und Nehmen
Mentoringprogramme lohnen sich für beide Seiten – davon sind Mentees und Mentor*innen überzeugt. Eine gute Möglichkeit für individuelle Nachwuchsförderung bieten brancheninterne Initiativen.
Mentoringprogramme lohnen sich für beide Seiten – davon sind Mentees und Mentor*innen überzeugt. Eine gute Möglichkeit für individuelle Nachwuchsförderung bieten brancheninterne Initiativen.
Mentoring ist hierzulande an Universitäten und (Hoch-)schulen, in großen Unternehmen und Behörden weitverbreitet. Dabei vermittelt ein Berufsprofi Wissen und Erfahrung an den Nachwuchs. In der Buchbranche bieten drei Vereine beziehungsweise Verbände überregionale Programme an, die Mentor*innen und Mentees zusammenbringen. Vom gegenseitigen Nutzen sind alle Teilnehmenden überzeugt.
»Wir diskutieren oft, in welcher Form wir in unserer Branche etwas für den Nachwuchs tun können«, sagt Bernhard Fetsch vom Athesia Kalenderverlag. Eine gute Möglichkeit für individuelle Nachwuchsförderung bieten brancheninterne Mentoring-Programme, wie sie der Börsenverein, die BücherFrauen und die Jungen Verlags- und Medienmenschen (JVM) anbieten. Christina Hünsche, beim Heidelberger Universitätsverlag Winter tätig und Mentorin im JVM-Programm, hätte sich zu Beginn ihrer Karriere ein solches Programm gewünscht.
Alle befragten Mentor*innen betonen, dass sie nicht nur Fachwissen und Berufserfahrung weitergeben, sondern auch viel zurückbekommen: Die Sichtweise meist jüngerer Kolleg*innen auf Entwicklungen, Themen und Produkte erweitere die eigene Perspektive und animiere dazu, sein Selbstverständnis zu hinterfragen, so das Fazit von Olaf Carstens, Ressortleiter Cornelsen Fachverlag & International. Ebenso wie Fetsch engagiert er sich im Programm des Börsenvereins. Für Anita Djafari, ehemalige Geschäftsleiterin von Litprom, ist Mentoring eine »klassische Win-win-Situation« – und eine gute Möglichkeit, den eigenen Standpunkt zu reflektieren. Als langjähriges Mitglied der BücherFrauen wollte sie dem Netzwerk, von dem sie viel profitiert hat, etwas zurückgeben.
Ein guter Zeitpunkt, um sich als Mentee zu bewerben, sei immer dann, wenn berufliche Veränderungen anstehen, findet Marcella Melien. Während ihres Volontariats bei Litprom fand sie den Austausch mit einer branchenerfahrenen, außenstehenden Person sehr hilfreich. Philip Szykulla, im dritten Ausbildungsjahr bei Thalia, nimmt derzeit schon zum zweiten Mal am Börsenvereins-Mentoring teil. Vom Fachwissen und Netzwerk seiner Mentor*innen profitiere er enorm. Bei Nadine Jendrusch stand dagegen die persönliche Weiterentwicklung im Vordergrund: Dank ihrer Mentorin konnte sie sich gezielt mit den eigenen Stärken und Zielen auseinandersetzen. Mit Erfolg: Im September trat sie ihr Volontariat bei dtv an und wird zum 1. Juli vorzeitig als Junior-Lektorin übernommen.
Bei der Frage, wie wichtig gegenseitige Sympathie für den Erfolg des Mentorings ist, gehen die Ansichten auseinander: Für die einen ist die »Chemie« entscheidend, für andere, dass beide Parteien für die gleiche Sache brennen. In einem Punkt sind sich alle Befragten einig: Mentoring ist keine Jobvermittlung oder Start-up-Hilfe. Mentor*innen seien keine Coaches oder Therapeut*innen, sondern im besten Fall »Sparringspartner, Ideengeber, Kontaktverschaffer«, so Olaf Carstens. Sie können Möglichkeiten zur Weiterentwicklung oder Veränderung aufzeigen; zeitlich und mental sogar über das Programm hinaus.
Junge Verlags- und Medienmenschen: Mentoring auf Augenhöhe
Das Mentoringprogramm des Junge Verlags- und Medienmenschen e. V. startete anlässlich des Jubiläums-Jahrestreffens 2019 in die erste Runde. Eine Mitgliederumfrage im Jahr zuvor hatte deutlichen Bedarf signalisiert. Der Startschuss für die zweite Runde ist Ende Juni gefallen, wenn Mentor*innen und Mentees sich virtuell kennengelernt haben. Dass einige Mentor*innen erneut teilnehmen, freut das vierköpfige Organisationsteam besonders. Drei Coaching-Einheiten flankieren das neunmonatige Programm, sodass die Tandems gut vorbereitet starten und sich untereinander vernetzen können. Der Austausch auf Augenhöhe steht im Vordergrund: Alle Mentor*innen sind ebenfalls Junge Verlags- und Medienmenschen und keine gestandenen Buchbranchenprofis.
Mehr Informationen unter: https://www.jungeverlagsmenschen.de/karriere/mentoring/
BücherFrauen: von weiblichen Netzwerken profitieren
Das Mentoring-Forum der BücherFrauen ist seit über 20 Jahren etabliert, sechs Regionalgruppen haben das zwölfmonatige Programm schon durchgeführt. Hier wird vorausgesetzt, dass die Mentees Berufserfahrung und Branchenkenntnis mitbringen. Von der Pandemie blieben die Teilnehmerinnen der letzten Runde in Frankfurt-Rhein-Neckar nicht verschont: Zwar hätten die Online-Gespräche den Austausch der Tandems untereinander erschwert, andererseits konnten nun BücherFrauen aus entfernteren Orten an den begleitenden Workshops und Jours fixes teilnehmen. Da erscheint es folgerichtig, dass im Januar 2022 erstmals ein überregionales Mentoring der BücherFrauen startet. Interessierte Mentees müssen, anders als ihre Mentorinnen, Vereinsmitglied sein.
Mehr Informationen unter:
https://www.buecherfrauen.de/mentoring-1
Börsenverein: Branchenprofi trifft Nachwuchs
Das Mentoringprogramm des Börsenvereins wurde auf Initiative von Berufsbildungs- und Verlegerausschuss ins Leben gerufen. Die Teilnahme ist an das zweitägige Nachwuchsparlament geknüpft, anders als bei den JVM und den BücherFrauen jedoch kostenfrei. Jedes Jahr bekommen 20 bis 40 Nachwuchskräfte die Möglichkeit, sich mit einem Branchenprofi über die kommenden zwölf Monate hinweg auszutauschen. Persönliche Treffen sind auf den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt vorgesehen, aber nicht verpflichtend. Organisatorin Elena Appel freut es immer wieder, wie sich Mentor*innen und Mentees gegenseitig bereichern. Auch wenn nicht jedes Tandem perfekt passe, könnten die Teilnehmenden Kontakte knüpfen, die weit über das Programms hinausreichen.
Mehr Informationen unter:
https://www.boersenverein.de/bildung-karriere/veranstaltungen-und-proje…